Unternehmen bevorzugen zur Zeit Software-Entwickler Fuer neue Arbeitsplaetze sorgen in erster Linie die Newcomer

07.10.1994

MUENCHEN (CW) - Zaehlte im vergangenen Jahr der Organisationsprogrammierer zum meistgesuchten "DV-Handwerker", so hat ihm 1994 der Software-Entwickler den Rang abgelaufen, wie die juengsten Ergebnisse der EMC-Stellenmarktanalyse fuer die ersten acht Monate unter Beruecksichtigung von 33 Tageszeitungen zeigen.

1993 belief sich der Anteil der gesuchten Organisationsprogrammierer auf sieben Prozent vom Gesamtangebot fuer DV-Spezialisten. In diesem Jahr waren es noch knapp fuenf Prozent. Fuer den Software-Entwickler ist ein Anstieg von fuenf auf ueber sieben Prozent zu verzeichnen. Zusammen mit den Software- Ingenieuren und Softwarespezialisten kommt er auf ueber neun Prozent.

Die Veraenderung der Rangfolge vom Organisationsprogrammierer zugunsten des Software-Entwicklers bestimmten neue Arbeitsinhalte, deren Ursachen im Strukturwandel der Informationsverarbeitung liegen, glaubt Heiner Poessnecker.

Der Terminus "Software-Entwickler" soll solche Veraenderungen zum Ausdruck bringen, so der ehemalige Personalchef und Berater aus Hamburg. "Die Unternehmen wollen schon in der Headline der Stellenanzeige zu erkennen geben, dass sie eine Spezies suchen, die mit einer neuen DV-Welt zu tun hat", meint Poessnecker.

Die Zahlen der EMC-Untersuchung sprechen fuer die Nachfrageseite eine deutliche Sprache. Die Stellenangebote fuer Software- Entwickler wenden sich zu knapp 50 Prozent ausdruecklich an Informatiker. Mit etwa 25 Prozent werden Ingenieure, Betriebswirte oder Mathematiker nachgefragt. Ein weiteres Viertel der gesuchten Software-Entwickler gehoert keiner der genannten Fachrichtungen an.

Ein Vergleich der Stellenangebote nach Branchen und Fachrichtung zeigt einen engen Zusammenhang des gewuenschten fachlichen Hintergrundes mit der Branchenzugehoerigkeit der suchenden Unternehmen. So deuten die Analysen darauf hin, dass DV-Berater, Software- und Systemhaeuser vor allem Informatiker und Betriebswirte bevorzugen. Versicherungen setzen zudem noch auf Mathematiker, Industriebranchen auf Ingenieure.

Diese Erkenntnis sei nicht neu, meint Poessnecker: "Das war schon beim Organisationsprogrammierer so." Die suchenden Unternehmen legten bei der Einstellung neuer Mitarbeiter nach wie vor grossen Wert auf Branchenerfahrung. Neueinsteiger sollten sich bereits im Studium fuer die ausgeschriebene Position durch die Auswahl der Studienschwerpunkte und mit einschlaegigen Praktika empfohlen haben, raet der Ex-Personaler. So muesse sich zum Beispiel der Betriebswirt fundiertes Informatikwissen aneignen, um in einem Softwarehaus als Praktikant eine Chance zu bekommen.

Der Blick auf die gesamte Stellenmarktentwicklung von 1993 und 1994 zeigt, dass bei Banken und Versicherungen offensichtlich eine gewisse Stabilitaet eingekehrt ist. Die Elektronik- und Computerindustrie haelt sich nach ihrem Einbruch von 1993 eher noch zurueck. Lediglich DV-Berater, Software- und Systemhaeuser verzeichnen wieder steigende Nachfrage.

Wie die EMC-Anzeigenanalyse belegt, veroeffentlichte die Softwarebranche in diesem Jahr insgesamt acht Prozent mehr Offerten fuer Manager und Spezialisten. Damit stammen aus dieser Branche mittlerweile nahezu vier Prozent aller Stellenausschreibungen fuer Fach- und Fuehrungskraefte. Bezogen auf die Gesamtnachfrage des privaten Dienstleistungssektors sind es sogar beachtliche zehn Prozent.

"Bei genauerer Betrachtung der DV-Berater, Software- und Systemhaeuser muss man feststellen", so der Hamburger Berater, "dass es sich nicht mehr um Unternehmen handelt, die frueher die Branche anfuehrten, sondern dass Newcomer die Szene beleben." Waehrend die ehemals Grossen mit ihren Altlasten kaempften, wuerden sie von neuen, spezialisierten Unternehmen ueberholt.