Mit Klaus Blaschke, Senior Manager Zentraleuropa von Commerce One, sprachen die CW-Redakteure Karen Grundmann und Hermann Gfaller.

"Unsere Rolle besteht darin, der SAP zuzuarbeiten"

23.06.2000

CW: SAP hat sich mit 250 Millionen Dollar bei Ihnen eingekauft. Erwirbt das Unternehmen damit irgendwelche Rechte?

Blaschke: Nein, es geht nur darum, guten Willen für die Kooperation zu bekunden.

CW: Wie hoch ist nun der Anteil von SAP an Commerce One?

Blaschke: Der jetzige Betrag entspricht rund zwei Prozent. Es gab bereits früher eine Beteiligung, die allerdings weitgehend verkauft wurde. Insgesamt ist das Investment von SAP also wie gesagt eher ein Zeichen des Vertrauens in unser Unternehmen.

CW: Sie liefern die Marktplatz-Technik. Was bringt die SAP in die Partnerschaft ein?

Blaschke: Wir bekommen Zugang zu den SAP-Kunden.

CW: Im Kern ist SAP also lediglich ein Kunde, der Ihre Marktplatz-Plattform erwirbt?

Blaschke: Wenn Sie das Abkommen auf den Kern reduzieren, ja.

CW: Sie haben eine gemeinsame Plattform mit SAP angekündigt. Was ist das?

Blaschke: Die Common-Plattform umfasst alles, was wir schon haben, vom Betriebssystem über Applikations-Server, die Transaktionsdienste bis hin zum Content-Management und vor allem unserer XML Transaction Engine. Darauf werden über die Common Business Library die Services aufgesetzt die teils von uns, teils von der SAP kommen.

CW: Wie lange dauert die Integration?

Blaschke: Die Integration ist Aufgabe von SAP Market und soll inklusive Supply Chain in den kommenden sechs Monaten realisiert werden.

CW: Bedeutet der Begriff gemeinsame Plattform, das es bald keine Commerce-One- und keine Mysap.com-Marktplatz-Technik mehr gibt?

Blaschke: Es wird nur noch eine gemeinsame Plattform geben, für die wir derzeit aber noch keinen Namen haben.

CW: Lässt sich daraus schließen, dass SAP keinen eigenen Marktplatz auf die Reihe bekommen hat?

Blaschke: Das ist Ihre Schlussfolgerung, aber Sie sind mit dieser Interpretation nicht allein.

CW: Hat SAP auch technisch etwas für Sie zu bieten?

Blaschke: Ja, vor allem die Anwendungen aus dem ERP-Bereich, die den Marktplatz erst möglich machen. Was wir bislang nicht haben, sind Produkte für Business Intelligence und Supply Chain Management (SCM), die wir an unser System anklinken und vermarkten.

CW: Sie sind also ein Vertriebskanal für die Business-Intelligence- und SCM-Produkte von SAP?

Blaschke: Ja, wir ergänzen hier den Partner. Das Vertriebsabkommen gilt für drei Jahre.

CW: Ihre Zielgruppe sind die Top-500-Unternehmen der Welt. Ist dieser Markt nicht rasch abgedeckt?

Blaschke: Die Global Player werden wohl in den kommenden eineinhalb Jahren komplett auf Plattformen wie der unseren arbeiten. Danach gilt es, die etwa 2000 nächstkleineren Unternehmen zu versorgen und den Rest zu integrieren. Allein SAP bietet hier ein Potenzial von rund 13000 Kunden. Außerdem gibt es noch das Bestandsgeschäft.

CW: Sie haben angekündigt, ab sofort gemeinsame Produkte auszuliefern. Gibt es denn schon welche?

Blaschke: Ja. Wir können schon heute die Procurement-Lösung der SAP an unseren Marktplatz anbinden.

CW: Auch schon mit XML-Technik?

Blaschke: Ein entsprechendes Pilotprojekt läuft bereits bei der Deutschen Telekom.

CW: Wie teilen sich SAP und Commerce One die Einkünfte aus dem neuen Produkt?

Blaschke: SAP und wir versuchen, neue Marktplatz-Betreiber zu finden, die sich an unserem Global Trading Web beteiligen. Die Transaktionsgebühren bekommt derjenige, der den Kunden akquiriert.

CW: Kann es hier nicht zu Konflikten kommen, schließlich wollen Sie auch SAP-Kunden für sich gewinnen?

Blaschke: Wir sind der kleinere Partner. Unsere Rolle besteht eher darin, zuzuarbeiten. Wenn es zu Überschneidungen kommt, lässt sich das sicher klären*.

*Laut SAP soll es Verträge für die Aufteilung der Umsätze geben (Anm. d. Red.).