Turboworkshop mit Resultaten

27.07.2006
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Die Stadt Zürich hat mit Hilfe der Management-Methode Syntegration innerhalb von drei Tagen die Grundlagen für ihre neue IT-Strategie erarbeitet. Die Sichtweise aller Beteiligten ließ sich auf einen Nenner bringen.

Keine Methode, die ich kenne, ist effektiver und schafft es, in so kurzer Zeit, hohe Komplexität zu bewältigen, verstreutes Wissen zu vernetzen und auf das gewünschte Ziel hin zu fokussieren." Daniel Heinzmann, Projektleiter der Stadt Zürich für die Konzeption der neuen IT-Strategie, ist Monate später noch vom Ergebnis der Syntegration (siehe Kasten "Syntegration") überzeugt. Heinzmann, auch Hauptabteilungsleiter Telematik bei den Elektrizitätswerken der Stadt Zürich, kommt aus der freien Wirtschaft und hatte dort bereits diese Management-Methode kennengelernt. Als er im November 2005 gefragt wurde, ob er Projektleiter für die Erarbeitung der neuen IT-Strategie der Stadt Zürich werden wolle, bejahte er, allerdings mit der Bedingung, sich dabei von Fredmund Malik unterstützen lassen zu dürfen. Der Professor für Unternehmensführung an der Universität St. Gallen hat die Syntegration im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht und verbreitet.

Syntegration

Anfang der 90er Jahre entwickelte Professor Stafford Beer diese Management-Methode. Syntegration ist ein nach kybernetischen Grundsätzen strukturierter Prozess zur Entscheidungs- und Konsensfindung, der den Austausch von Informationen und die Integration unterschiedlicher Sichtweisen wirksam macht. Bis zu 42 Teilnehmer lassen sich "synergetisch integrieren". Syntegration ist vor allem bei komplexen Aufgaben sinnvoll, beispielsweise strategische Planung, Start großer Projekte, Change-Management oder Integration nach einer Fusion.

Die Syntegrations-Veranstaltungen dauern zwei bis drei Tage. Teilnehmer sind alle Schlüsselpersonen, die für die Lösung des Problems und deren Umsetzung wichtig sind. Um das Wissen aller Beteiligten zu vernetzen und unterschiedliche Sichtweisen in eine Lösung zu integrieren, wird eine dreidimensionale Kommunikationsstruktur angewandt. Die Teilnehmer gliedern eine Eröffnungsfrage in bis zu zwölf Themen, die dann in Kleingruppen in drei Durchläufen (Istzustand, Idealzustand, Maßnahmen) diskutiert werden. Jeder Teilnehmer ist in bis zu acht Themen als Mitglied, Kritiker und Beobachter direkt involviert.

Gesucht: Die CIO-Agenda 2007

Wie müssen sich CIOs gegenüber dem Business aufstellen, um sich und ihre Teams als Wachstumstreiber zu positionieren? Diese und andere Fragen diskutieren 40 CIOs auf dem Syntegrations-Workshop "The CIO beyond. Profiling a successful CIO", den die computerwoche vom 13. bis 15. September in Zürich veranstaltet. Zusammen mit Professor Fredmund Malik und IT-Chefs von Unternehmen wie Infineon, Audi, Münchener Rück, Deutsche Lufthansa, O2, Deutsche Postbank oder Heidelberger Druck können die teilnehmenden CIOs ihre Agenda für das kommende Jahr entwickeln.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter www.idg-veranstaltungen/ cio-beyond.de.

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Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/

577452: Interview mit Fredmund Malik zum Thema Syntegration.

Treffen der Schlüsselpersonen

Um die wichtigsten Eckpfeiler, Grundsätze und Ziele der neuen IT-Strategie der Stadt Zürich zu definieren, trafen sich 38 Teilnehmer aus den neun Departements der Stadt Zürich - allesamt Schlüsselpersonen, die für die Lösung des Problems und deren Umsetzung wichtig sind. Dazu gehörten Entscheidungsträger wie Direktoren, die aus der Benutzersicht argumentierten, die IT-Leiter der Departements, Vertreter des Querschnittsamts Organisation Informatik der Stadt Zürich (OIZ), drei externe IT-Berater und ein IT-Professor der Universität Zürich. Von politischer Seite war der Vorsteher des Finanzdepartements der Stadt Zürich anwesend. Das Treffen fand an drei Tagen im Frühjahr 2006 am Zürichsee statt.

Keine einheitliche IT-Strategie

Am Anfang stand wie bei jeder Syntegration eine Eingangsfrage: "Wie müssen wir die IT der Stadt Zürich gestalten, um für unsere internen und externen Kunden den größtmöglichen nachhaltigen Nutzen zu stiften?" Das ist eine vielschichtige Frage: Da die Stadt Zürich eine Vielfalt von Dienstleistungen für ihre Bürger anbietet (Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Polizei, Ämter etc.), sind die Anforderungen an die IT hoch. Dass die Stadt in neun Departements aufgeteilt ist, die ihre IT relativ autonom verwalten, macht die Sache nicht leichter. "Wir haben keine einheitliche IT-Landschaft, aber komplexe Anforderungen an die IT. Das Wissen ist verstreut, und uns fehlte eine einheitliche, die Departements übergreifende IT-Strategie", beschreibt Heinzmann die Situation.

Umgesetzt hat die Syntegration das Malik Management Zentrum aus St. Gallen mit sechs Mitarbeitern, die für die komplette Organisation, Logistik, Dokumentation der Ergebnisse und für die Moderation der Themengruppen zuständig waren. "Wir konnten uns daher ausschließlich auf die Inhalte konzentrieren", lobt der Projektleiter. Die Themengruppen ergaben sich am ersten Vormittag der Veranstaltung. Um die Eingangsfrage zu beantworten, hatten die Teilnehmer zunächst die Aufgabe, in einem Brainstorming alle für sie wichtigen Punkte auf einen Zettel zu notieren. Diese wurden auf dem "Marktplatz" gesammelt und geordnet, das heißt Zettel mit ähnlichen Themen wurden zusammengeführt, jedes Thema musste verkauft und die Relevanz mit genügend Unterschriften der Teilnehmenden bestätigt werden. Der letzte Schritt bestand darin, sich auf die wichtigsten zwölf Themen zu einigen. Zu diesen gehörten IT-Steuerung, strategische IT-Ziele, Betriebs- und Supportprozesse, IT-Controlling und -Risk-Management, Projekt-Management, Innovationsstrategie und Ausbildung.

Klare Empfehlungen

Am Nachmittag begann der erste Durchlauf der Themengruppen in zwei parallelen Sitzungen von je einer Stunde Dauer. Es ging in den Gruppen in der ersten Iteration um den Istzustand der IT der Stadt Zürich. Jeder Teilnehmer verfolgte zwei Themen als Diskutant, zwei als Kritiker und vier als stiller Beobachter und war somit in acht Themen direkt involviert.

Der zweite Tag begann mit einer Plenarsitzung und der Besprechung der Resultate der einzelnen Gruppen, bevor es im zweiten Durchlauf der Themengruppen um den Idealzustand einer IT für die Stadt Zürich ging. Beim Mittagessen wurden die Teilnehmer dann in so genannten orthogonalen Gruppen platziert: "Die Leute saßen so zusammen, dass sie sich mit Mitgliedern aus Gruppen austauschen konnten, in denen sie nicht selbst dabei waren. Auf diese Weise erhielten alle Teilnehmer den gleichen Informationsstand über alle zwölf Themen", erläutert Heinzmann.

Am Schlusstag folgte der dritte und letzte Durchlauf aller Themen mit Diskussion der Maßnahmen beziehungsweise konkreten Schritte, die auf das gewünschte Ziel hinführen sollten. Vorgabe war, statt vieler Vorhaben lieber wenige relevante zu nennen. "Am Ende hatten wir 33 konkrete Handlungsempfehlungen. 28 davon haben wir nach der Syntegration in die konkrete Ausformulierung unserer IT-Strategie übernommen", erinnert sich Heinzmann.

Hohe Kosten haben sich gelohnt

Die Syntegration legte die Basis für die Konsolidierungs- und Standardisierungsstrategie der Stadt Zürich. Schritte sind etwa die Konsolidierung der Rechenzentren, der Aufbau einer standardisierten IT-Infrastruktur und standardisierter Clients, auf denen brachenspezifische Module für die verschiedenen Abteilungen aufsetzen. "So zentral wie möglich, so dezentral wie nötig", heißt die Devise.

Für den Projektleiter haben sich die Kosten von rund 60 000 Euro für die Syntegration gelohnt. "Ich habe weder Lust noch Zeit, Prediger in der Wüste zu sein und die Entscheidungsträger in stundenlangen Sitzungen von der Sinnhaftigkeit einer neuen IT-Strategie zu überzeugen." Daher würde er sofort wieder auf die Syntegration setzen: Damit lassen sich "in kurzer Zeit die gesammelten Kenntnisse der Leute nutzen und alle Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel einschwören." (hk)