IT im Tourismus/Geschäftsreisen online planen, buchen und abrechnen

Travel-Management

02.03.2001
Mitarbeiter der Deutschen Bank werden künftig über eine Art Self-Service ihre Geschäftsreisen buchen können - direkt und weltweit. Die Vorteile für das global agierende Bankhaus: Sparpotenziale bei den Reisekosten werden ausgeschöpft, Rationalisierungseffekte genutzt und insgesamt steigt die Flexibilität. Von Christiane Heck*

Mit insgesamt 40000 Reisenden weltweit und Flugkosten von 250 Millionen Euro gehört die Deutsche Bank zu den Unternehmen, die hohe Anforderungen an das professionelle Management von Geschäftsreisen stellen. Nach Übernahme von Bankers Trust New York im Jahr 1999 stieg die Zahl der internationalen Geschäftsreisen der Mitarbeiter stark an. Die Schaffung eines weltweiten Standards für das Management all dieser Reisen wurde unumgänglich. Bei der Evaluierung einer passenden Software entschied sich das Bankhaus für My-SAP Financials. Heute laufen auf globaler Ebene alle Prozessschritte integriert und voll automatisiert via Employee Self Service ab - vom Reiseantrag über die Online-Buchung bis hin zur Reisekostenabrechnung.

Diese Lösung ist Bestandteil des internen Projekts Genesis 2001, das in sämtlichen Unternehmensbereichen der Deutschen Bank, der größten Bank in der EU, die Geschäftsprozesse durchleuchten und optimieren soll. Ausschlaggebend für die Softwareentscheidung waren das umfangreiche Leistungsspektrum des Produkts und die Möglichkeit, ein hohes Maß an Integration zu erreichen, da man bereits in anderen Bereichen SAP-Software im Einsatz hatte.

Kosteneinsparungen waren ein weitererwichtiger Grund. Durch die besseren Prozessabläufe und guten Verhandlungspositionen beim Einkauf der Reisedienstleistungen sind erhebliche zusätzliche Einsparungen erzielbar; allein durch eine striktere Einhaltung der globalen Travel Policy, die im Februar 2000 eingeführt wurde und im System hinterlegt ist, sollen die weltweiten Geschäftsreisekosten um etwa fünf Prozent sinken. Diese global ausgerichteten Reiserichtlinien wurden auf nationaler Ebene um die jeweiligen länderspezifischen Rechtsvorschriften und lokalen Vorgehensweisen ergänzt.

Eine Online-Booking-EngineWährend in Deutschland das Reservierungs- und Buchungssystem Start Amadeus vorherrscht, wird im englischsprachigen Raum überwiegend das System Sabre eingesetzt. Aufgrund der internationalen Ausrichtung der Deutschen Bank mit den wichtigen Knotenpunkten ihrer Geschäftsaktivitäten in New York, London und im asiatisch-pazifischen Raum war die Öffnung für Sabre Voraussetzung des globalen Einsatzes der Lösung. Noch im vergangenen Jahr hatte der Anbieter einen Ausschließlichkeitsvertrag mit Start Amadeus.

Seit Juli vergangenen Jahres testen hierzulande 500 Mitarbeiter der Deutschen Bank die Software. Die Teilnehmer des Pilotprojekts haben über eine Online-Booking-Engine Zugriff auf die Datenbank von Amadeus. In den USA werden ab April ebenfalls einige Hundert Mitarbeiter die neue Planungssoftware testen.

Überfrachtung vermiedenDie Abrechnungssoftware befindet sich seit Januar in der Pilotphase; das Reservierungssystem wird Sabre von SAP zur Verfügung gestellt. Um das System nutzen zu können, haben die Partner gemeinsam mit SAP eine neue Schnittstelle zur Datenübertragung entwickelt. Bis Ende des Jahres sollen in Deutschland 20000 Mitarbeiter ihre Reisebuchungen online vornehmen, in den USA weitere 15000. Der Deutschen Bank ist es besonders wichtig, dass die Teilnehmer des Pilotprojekts auf die Gestaltung der Prozesse Einfluss nehmen können.

Während der hiesigen Pilotphase haben sich beim täglichen Einsatz des Systems bereits viele Ansatzpunkte für ein individuelles Customizing der Software ergeben. So tauchten Fälle auf, in denen dem Nutzer für ein Hotel zahlreiche Sondertarife angezeigt wurde. Hier hat die Projektleitung beschlossen, die Kategorien neu zu definieren, um eine solche Überfrachtung zu vermeiden. Schließlich ist die Benutzerfreundlichkeit des Systems eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz durch die Mitarbeiter.

Buchen vom Arbeitsplatz ausUm eine einfache Handhabung zu gewährleisten, wurde die Best-Buy-Abfrage, die zurAuswahl und Buchung der preisgünstigsten Flüge dient, zunächst deaktiviert. Eine solche Funktion ist verzichtbar, weil die überwiegende Zahl der Flüge auf Punkt-zu-Punkt-Strecken entfällt, für die ohnehin spezielle Firmenraten gelten. Dies deckt sich mit der allgemeinen Erfahrung, dass rund 80 Prozent der Geschäftsreisen eines Unternehmens zu nur 20 verschiedenen Zielen führen. Auch Erweiterungen der vorhandenen System-Funktionen wurden vorgenommen. So ist beispielsweise geplant, die Anzeige der Hotels um Stadtpläne zu ergänzen, aus denen auch die Entfernung der Hotels zu den Niederlassungen der Deutschen Bank ersichtlich ist.

Der wesentliche Vorteil für die Mitarbeiter des Bankhauses besteht darin, dass sie nun direkt von ihrem Arbeitsplatz aus eine Geschäftsreise online planen, buchen und abrechnen können. Die Handhabung ist einfach und auf eine intuitive Benutzung ausgerichtet. Die Reisenden sind unabhängig von den Öffnungszeiten von Reisebüros und brauchen sich nicht mit dem Inhalt der Reiserichtlinien auseinander zu setzen. Künftig soll jedem Mitarbeiter auch von unterwegs das System über Laptop zur Verfügung stehen. Geplant ist außerdem der Zugriff über ein WAP-fähiges Mobilgerät. Eine WAP-Applikation der Travel-Management-Lösung gibt es bereits.

Die Deutsche Bank setzt großes Vertrauen in die Kommunikation zwischen ihren Mitarbeitern. Deshalb wird in Deutschland ganz bewusst auf eine schriftliche Genehmigung von Geschäftsreisen im Vorfeld verzichtet. So lässt sich die Zeitspanne zwischen Buchung und Reservierungsbestätigung auf maximal 30 Minuten verkürzen. Bei der Reisebuchung können Mitarbeiter im Rahmen der Travel Policy ihre persönlichen Präferenzen wie beispielsweise den Sitzplatz oder den Mietwagen selbst auswählen.

Vorschriften im System hinterlegtBei der Abrechnung braucht der Mitarbeiter nur die Ausgabenbelege einzugeben, alles andere wird automatisch vom System erledigt. Alle relevanten Daten zu den Reiserichtlinien und zu den Abrechnungsvorschriften werden von My-SAP Business Intelligence geliefert, sind also im System hinterlegt. Sämtliche Daten fließen nur noch in ein Dokument. Der jeweilige Vorgesetzte erhält die Reisekostenabrechnung seines Mitarbeiters per E-Mail und genehmigt diese, lehnt sie ab oder ändert sie - ebenfalls per E-Mail. Spätestens drei Arbeitstage nach der Abrechnung sind die Reisekosten - in der Regel - bereits erstattet.

Einen besonderen Nutzen bringt die Schnittstelle Amadeus Interface Record (AIR), die speziell für diese Reise-Management-Lösung entwickelt wurde. Über AIR fließen Daten zu gebuchten Reisedienstleistungen, die außerhalb der SAP-Umgebung verändert oder angelegt werden, ins SAP-System zurück. Wenn also im Reisebüro die vom Mitarbeiter getätigte Buchung nachträglich geändert wird, so wird dies auch im System abgebildet. Auf diese Weise bleiben die Reisedaten für die Abrechnung und für das Reporting immer auf dem neuesten Stand.

Für das globale Reporting wird die Deutsche Bank die Lösung My-SAP Business Intelligence einsetzen. Alle nötigen Informationen sollen in Form der Reiseplanung und -abrechnung verfügbar sein.

Ziel ist die Nutzung als Employee-Self-Service-Funktion. Die Aufgaben des Reisebüros werden sich durch diese Lösung generell mehr und mehr in Richtung eines Fulfillment-Centers verändern, jedoch ist es immer noch wichtig, diesen klassischen Dienstleister in den Prozess mit einzubinden. Außerdem wird es immer einen - wenn auch geringen - Prozentsatz an "komplizierten" Reisen geben, die direkt über das Reisebüro abgewickelt werden müssen.

Bis Ende dieses Jahres sollen 80 Prozent aller Reisebuchungen online vorgenommen werden können.

*Christiane Heck ist Travel-Managerin bei der Deutschen Bank in Frankfurt am Main

Das UnternehmenDie Deutsche Bank ist mit 1500 Niederlassungen in Deutschland sowie Filialnetzen in Italien, Spanien und Belgien die größte Bank in Euroland. Rund 93000 Mitarbeiter betreuen weltweit in über 60 Ländern mehr als neun Millionen Kunden. Das Geschäftsreiseaufkommen der Deutschen Bank ist enorm. Weltweit gibt es 40000 Mitarbeiter, die Geschäftsreisen buchen. Allein für Deutschland betragen die direkten Reisekosten 70 Millionen Euro.