KMG-Projekt hat in Genf endlich die erste Hürde genommen:

Trägerverein mit Interimsvorstand gegründet

06.11.1987

BERN (CWS) - Besser zäh als nie: Das PTT-Projekt "Kommunikations-Modellgemeinden der Schweiz" (KMG) hat endlich einen Trägerverein - aber vorerst nur mit einem achtköpfigen Interimsvorstand, der von FDP-Nationalrat Ernst Mühlemann angeführt wird. PTT-Projektkoordinator Viktor Colombo kann weitermachen.

39 Männer und zwei Frauen, Vertreter der verschiedensten Organisationen, haben sich vergangene Woche nach Genf aufgemacht, um in einer zunächst gespannten Atmosphäre über Sein oder Nichtsein des KMG-Projektes zu befinden. Tage vor der Gründungsver-sammlung des Trägervereins hatte Medienrechtler Franz A. Zölch-Balmer, der wiederum als Tagespräsident wartete, die rettende Idee per Post allen an der Mitgliedschaft interessierten Organisationen und Institutionen übermittelt: Da der Vorstand die vielfältigen Interessen der Mitglieder angemessen gegenüber außen zu vertreten hat, dürfte es in Anbetracht des großen Interesses ... zweckmäßig sein, auf der Gründungsversammlung nicht einen definitiven Vorstand zu wählen, sondern mit der vorübergehenden Leitung der anfallenden Vereinsgeschäfte einen Interimsvorstand zu beauftragen, der innerhalb festgelegter Frist die definitive Zusammensetzung des Vorstandes ... zu Händen der Generalversammlung zu unterbreiten hat." Auf diesen Schachtelsatz war Zölch gekommen, nachdem über die Hälfte der 41 Teilnehmer der Gründungsversammlung einen Vorstandssitz beansprucht hatten.

Die Versammlung stimmte dem Zölchschen Vorschlag zu und kippte den vorgesehenen 17er-Vorstand aus den Statuten. Dem nunmehr eingesetzten Interimsvorstand gehören an: Ernst Mühlemann, Direktor des Ausbildungszentrums Wolfsberg der Schweizerischen Bankgesellschaft (Präsident), Dumeni Columberg (als Vertreter der Regionen), Arnold Isler (Schweizerischer Gewerkschaftsbund), Peter Kormann (Noncomdat), Matthias Kummer (Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins), Fred Sutter (Ascom), Alfred Oggier (Schweizerischer Gewerbeverband) und Rudolf Trachsel (Generaldirektor PTT).

Mühlemann schlüpft nicht aus seiner Haut

Mühlemann ließ die Versammlungsteilnehmer wissen, daß er sich in diesem Gremium nicht als Interessenvertreter verstehe; doch erwartet offenbar niemand, daß er aus seiner Haut schlüpfen wird, Im Bereich Forschung beispielsweise hat sich der FDP-Mann Mühlemann im Nationalrat mit solcher Betrachtung hervorgetan: "Wenn wir erfolgreiche Forschung betreiben, werden wir die Resultate auch in eine sinnvolle, ökonomische Leistung ummünzen können." Die nicht-kommerziellen Organisationen erwarten aber vom KMG-Projekt das genaue Gegenteil: Es sollen Projekte realisiert werden, die sonst nicht in Angriff genommen werden.

Als Interimspräsident obliegt Mühlemann und seinen sieben Kollegen jetzt, bis Anfang Januar für folgende Probleme eine Lösung zu finden:

- Zusammensetzung eines repräsentativen Vorstandes;

- Definition der Zusammenarbeit des Trägervereins a) mit den PTT, b) mit Dritten und c) mit den Modellgemeinden;

- Auswahlkriterien für die Modellgemeinden.

Projekt-Koordinator Viktor Colombo ist mit der getroffenen Lösung zufrieden. Er könnte sich vorstellen, daß man zusammen mit den Auswahlkriterien auch gleich auf die Gemeinden kommt, die am "Feldversuch" teilnehmen dürfen. Es sollen immer noch fünf bis sechs Gemeinden und nicht zehn bis zwölf sein. Colombo schließt somit nicht aus, daß die Modell-Gemeinden Anfang 1988 bekanntgegeben werden können.

Solcher Planungsoptimismus wird freilich nicht von allen geteilt. Nicht wenige hatten in Genf den Eindruck, daß die "Diskussion um die Substanz" vertagt worden ist. Das Mandat der für das KMG-Projekt eingesetzten Beraterfirma Prognos läuft übrigens Ende des Jahres aus. Der Kostenrahmen für Prognos von 600 000 Franken ist nicht voll ausgeschöpft worden. Colombo spricht von Prognos-Kosten von rund einer halben Million Franken.