CIO des Jahres

Vitesco Technologies

Thomas Buck setzt auf Cloud-Only

26.10.2023
Von Redaktion CIO
Vitesco IT entwickelte in nur sechs Monaten eine Cloud-Plattform, um den Spinoff von Continental zu ermöglichen und als Basis für Digitalisierungsinitiativen.
  • CIO des Jahres 2023
  • Finalist, Kategorie Großunternehmen
Thomas Buck, CIO von Vitesco Technolgies, führte mit seinem Team eine Cloud Foundation ein.
Thomas Buck, CIO von Vitesco Technolgies, führte mit seinem Team eine Cloud Foundation ein.
Foto: Vitesco

Electrified, Emotion, Everywhere will die ehemalige Division "Powertrain" der Continental AG sein. Seit zwei Jahren ist das Vitesco Technologies jetzt an der Börse. CIO Thomas Buck erzählt, wie die Vision von Vitesco Technologies sein Leben elektrisiert hat.

Im März 2020 entschied der Aufsichtsrat der Continental AG, die Division Powertrain als eigenständiges Unternehmen an die Börse zu bringen. Bereits zu diesem Zeitpunkt starteten die ersten Aktivitäten in der IT: "Wir mussten alle Systeme schnell von der Continental trennen und in einer sicheren und flexiblen Umgebung aufbauen", erzählt Buck. "Unser Anspruch ging dabei über den Spin-off hinaus. Wir wollten eine Plattform schaffen, die als Basis für zukünftige Digitalisierungs-Initiativen dient." Der "volatile" Scope sei dabei die Herausforderung gewesen.

Immer wieder hätten sich die Anforderungen geändert, welche Systeme und Daten denn nun final auf die neue Plattform sollten oder müssten, erzählt der CIO. Erschwerend kam hinzu: Von den 38.000 Mitarbeitenden bei Vitesco Technologies haben 27.000 IT-Benutzer und -Benutzerinnen an weltweit 50 Standorten individuelle Präferenzen bei der Software. "So ganz weiß man ja nie, was man eigentlich hat", sagt Buck, der damit auf die Schatten-IT anspielt. "Wir mussten immer davon ausgehen, dass bei der Migration am Ende noch jemand aufspringt und ruft: ´Moment mal, ich hab da noch was`."

Self-Service-Angebot in der Cloud

Also entwickelten die Vitesco-ITler eine Cloud, die es IT- und non-IT-Mitarbeitenden ermöglicht, über ein Self-Service-Angebot eigenständige, gekapselte und sichere Umgebungen zu erstellen. Die "Vitesco Cloud Foundation" garantiert, dass Sicherheit und Datenschutz, aber auch die richtige Nutzung von Technologien und Standards eingehalten werden. Dazu erweitern und ergänzen die ITler die nativen Cloud Services mit Fähigkeiten wie zum Beispiel automatisiertes Patching, Monitoring oder Backup. "Unsere Vitesco Cloud Foundation hat uns erlaubt, mehr als 300 Applikationen in nur 15 Monaten in die Cloud zu migrieren", lobt Buck.

Welche gingen dabei einfach, welche schwer? "Tatsächlich war Office ziemlich kompliziert, weil die Daten getrennt werden mussten", sagt der CIO: "Bei verschlüsselten Emails bleibt der Schlüssel natürlich im alten Unternehmen. Den können Sie nicht mitnehmen." Außerdem habe bei Teams noch nie jemand eine Trennung gemacht, sagt Buck: "Wenn sie einen Chat mit 20 Leuten hatten, und 15 gehören gar nicht mehr zur Firma, wird das kompliziert." Am Ende wurde eine eigene Software entwickelt, durch die Chats mitgenommen werden, die rechtlich oder entwicklungstechnisch von Bedeutung sein könnten. "SAP war dagegen vergleichsweise gut planbar", meint Buck: "Das haben wir schon oft gemacht."

Data Analytics und GenAI

Die Vitesco Cloud Foundation ist auch die Basis für Data Analytics und AI Use Cases. Alle Nutzer und Nutzerinnen bei Vitesco Technologies haben darüber Zugang zu gängigen Tools wie Python, Hadoop, oder KNIME ("Konstanz Information Miner").

Zunehmend steigt das Interesse an generativen AI-Plattformen wie ChatGPT. Buck möchte natürlich vermeiden, dass Mitarbeitende darüber Firmeninterna im Internet publizieren. "Wir haben dazu Regeln formuliert und haben mittlerweile unseren eigenen Tenant, sodass keine IP (Intellectual Property, Anm.d.Red.) nach außen dringt", sagt der CIO: "Da sind wir aber noch in der Anfangsphase." Von zentralen Data Lakes hat sich Vitesco Technologies übrigens vor zwei Jahren verabschiedet. Es gilt die "API First Strategy": Applikationen sollen direkt über Programmierschnittstellen an die Datenplattform angebunden werden. Das scheint Buck zukunftsfähiger, als Daten im zentralen Teich zu pflegen.

Kosten um 30 Prozent gesenkt

Fazit der Vitesco Cloud Foundation bis jetzt: Um 30 Prozent habe man die Kosten in der Infrastruktur nach dem Spin-off senken können. Im Januar 2023 hat Vitesco Technologies mit AWS ein Cloud Maturity Assessment durchgeführt. Das Ergebnis zeigt laut Buck, dass die Plattform bei allen technischen Aspekten (Plattform, Security, Operations) über den Fähigkeiten der Marktbegleiter in der Manufacturing- und Automotive-Industrie liege. Das hat den CIO mutig gemacht: "Wir sind der Automotive-Industrie entwachsen, und scheuen auch nicht den Vergleich zu den Digital Natives." Auch mit Blick auf die Googles, Apples und Amazones dieser Welt sei man dabei noch in der vorderen Hälfte des Benchmarking gelandet. "Beim Thema Security sogar unter die Top 30 Prozent", sagt Buck.

Cloud-Adaption als Basis für die Digitalisierung

Davon motiviert, streben der CIO und sein Team nun den nächsten Schritt der Cloud Journey an: Service-Erweiterungen sollen als Open Source auch für Zulieferer und Kunden zugänglich gemacht werden. "Das kann man natürlich nicht mit allen Bereichen machen", sagt Buck. "Aber wir sind überzeugt, dass Cloud Adaption die Basis für Digitalisierung ist, und wir wollen dabei helfen, Digitalisierung voranzutreiben." Dieses höhere Ziel sei Motivation für das Team und ein guter Grund, neue Talente bei Vitesco Technologies IT anzuheuern.

Buck vertritt das Unternehmen übrigens auch bei Catena-X und beim KI-Park in Berlin. Für sein Engagement bei Catena-X nennt er ein einfaches Beispiel: "97 Prozent unseres CO2-Footprints entstehen in der Lieferkette. Ohne eine unternehmensübergreifende Plattform werden wir den Abdruck unserer Produkte nicht über den gesamten Lebenszyklus digitalisieren können. Hier werden wir vom Netzwerk profitieren." (Mehr zum Thema Nachhaltigkeit bei Vitesco erzählt Buck hier: "Wie Vitesco-CIO Buck für Nachhaltigkeit sorgt".)

Die Cloud-Only-Strategie hat sich auch schon an anderer Stelle ausgezahlt: Bei der Transformation hin zur Vision "Electrified, Emotion und Everywhere" kann Vitesco Technologies der IT bei anstehenden Carve-Outs einfach, schnell und flexibel Infrastruktur zur Verfügung stellen, wie sie zum Beispiel das Unternehmen Emitec bei dessen Ausgründung brauchte. Die Spezialisten für saubere Verbrennung sind zum August diesen Jahres ausgegliedert worden. Katalysatoren oder Partikelfilter sind zwar wertvolle Teile für einen Verbrennungsmotor - passen aber nicht zur Vitesco Technologies Vision.

Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"

Die Jury vom CIO des Jahres 2023 hat überzeugt, wie schnell sich die Grundlage für diese Vision in der Cloud umsetzen lässt, und Buck erneut unter die Finalisten in der Kategorie Großunternehmen gewählt. Juror Jens Schulze, CIO vom Universitätsklinikum Frankfurt lobt: "Eine beachtliche Leistung von Thomas Buck und seiner Mannschaft bei Vitesco Technologies, mit innovativer Weitsicht!" (kf)