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Telekom setzt Konzernumbau gegen Mitarbeiter-Protest um

03.05.2007
Ungeachtet der Proteste um die Auslagerung von rund 50.000 Mitarbeitern hält Telekom-Chef René Obermann an seiner Strategie fest. Neben dem Konzernumbau plant Obermann Akquisition im Ausland, um das Unternehmen auf den Wachstumspfad zurückzuführen.

"Allein aus dem Deutschlandgeschäft heraus, werden wir nicht weiter als Konzern wachsen können", sagte er am Donnerstag vor 8500 Aktionären auf der Hauptversammlung in Köln. Mit der umstrittenen Verlagerung der Beschäftigten in den neuen Bereich T-Service will das Unternehmen die Kosten in Deutschland senken. Nach der Ablehnung eines entsprechenden Tarifangebots für die betroffenen Mitarbeiter durch die Gewerkschaft ver.di will der Konzern T-Service nun im Alleingang gründen.

"Zusätzlich werden wir uns jetzt mit einem möglichen Verkauf von Teilen der Servicebereiche an Drittanbieter auseinandersetzten müssen", sagte Obermann, dessen Rede von Pfiffen und Buhrufen begleitet wurde. Das Angebot der Telekom, das eine Lohnkürzung um neun Prozent und eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit um vier Stunden vorsieht, erhält er aufrecht. "Die Tür für eine Einigung mit ver.di bleibt offen."

Die Fronten bleiben indes verhärtet. Am Freitag will die Große Tarifkommission der Gewerkschaft über die Durchführung einer Urabstimmung entscheiden, die eine Ausweitung der Streiks nach sich ziehen würde. Auch am Donnerstag beteiligten sich nach ver.di-Angaben rund 15.000 Beschäftigte an Warnstreiks. "Der Betrieb wird dadurch im erheblichen Umfang beeinträchtigt", sagte ein Gewerkschaftssprecher.

Die Fondsgesellschaft DWS stellte sich hinter die Umbaupläne von Obermann. "Hindert man ein Unternehmen daran, mit wettbewerbsfähigen Kosten zu agieren, werden alle verlieren, das Unternehmen und die Beschäftigten", sagte Fondsmanager Klaus Kaldemorgen. Er kritisierte indes die Akquisitionspläne der Telekom-Führung als "vage" und regte einen Verkauf der Mobilfunktochter T-Mobile USA an, was Obermann umgehend zurückwies. "T-Mobile ist integraler Bestandteil des Konzerns", sagte der Vorstandschef. Die US-Tochter werde in diesem und im kommenden Jahr insgesamt fünf Millionen Kunden gewinnen und damit zum Wachstum des Konzerns beitragen.

Der Konflikt zwischen den Tarifparteien erhielt zusätzlich Brisanz durch die Berufung von Thomas Sattelberger zum neuen Personalvorstand, die Obermann gegen das Votum der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat durchsetzte. "Wir werden uns dennoch um eine konstruktive Zusammenarbeit bemühen", sagte Lothar Schröder, ver.di-Vorstand und Telekom-Vizeaufsichtsratschef. Das Personalressort wird bislang Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick kommissarisch verantwortet. Sattelberger werde nun "gleitend" in die Gespräche über den Konzernumbau eingeführt, sagte Eick.

Der Telekom-Vorstand wird sich am eingeschlagenen Sparkurs durch Gehaltsverzicht beteiligen. Die Mitglieder des Führungsgremiums würden ein Monatsgehalt weniger bekommen, sagte Obermann. Bei ihm sind es zwei Monatsgehälter, was in etwa 200.000 Euro entspricht. Der Vorstand sei sich der schwierigen Lage in Bezug auf die Mitarbeiter bewusst und wolle seine Solidarität zum Ausdruck bringen, sagte er.

Die Telekom steht wegen der schwachen Entwicklung auf dem Heimatmarkt enorm unter Druck und hatte daher im Januar erneut ihre Prognose für 2007 senken müssen. Neben Einbußen im Mobilfunkgeschäft verbuchte die Telekom vor allem Rückgänge im Festnetzgeschäft. Im ersten Quartal kündigten laut Angaben aus Konzernkreisen rund 600.000 Kunden ihren Festnetzanschluss bei der Telekom. Den Kreisen zufolge stand auch die deutsche Mobilfunksparte unter Druck, die bereits im vierten Quartal 2006 einen Umsatzrückgang von acht Prozent verzeichnet hatte.

Künftiges Wachstum will Obermann durch Zukäufe im Ausland generieren, wobei das Handy-Geschäft im Fokus steht. "Im Mobilfunk haben wir bereits eine starke internationale Präsenz", sagte der seit November 2006 amtierende Telekom-Chef. Akquisitionen könnten neben den bestehenden Ländern auch in neuen Märkten getätigt werden. Interesse wird den Bonnern an der niederländischen Handy-Tochter von France Telecom nachgesagt.

Um den finanziellen Spielrahmen zu erweitern, verkauft die Telekom Beteiligungen. Vor dem Abschluss stehen laut Obermann die Veräußerung der Immobiliengesellschaft Sireo sowie weiterer Immobilien und der französische Tochter Club Internet. "In der Summe aller Transaktionen (...) errechnet sich ein Volumen im oberen dreistelligen Millionenbereich", sagte Obermann. Sireo soll an die Corpus Immobiliengruppe gehen und Club Internet an den französischen Wettbewerber Neuf Cegetel. Die Transaktionen sollen im ersten Halbjahr abgeschlossen werden.

Der Telekom-Chef bestätigte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr. "Wir wollen im Geschäftsjahr 2007 ein bereinigtes EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen) von rund 19 Milliarden Euro erwirtschaften." Gegenüber dem vergangenen Jahr wäre dies ein leichter Rückgang. Im Januar hatte die Gesellschaft ihre Prognose für dieses Jahr gesenkt, da der Wettbewerb in Deutschland unverändert hart sei. (dpa/tc)