Vergleichsverfahren wurde abgewendet

Taiwaner retten Gigatape vor dem finanziellen Fiasko

08.05.1992

MÜNCHEN (bk) - Die Gigatape Systeme für Datensicherung GmbH, Puchheim, wird der DV-Szene erhalten bleiben. Der zum 1. April 1992 beim Amtsgericht München angemeldete Vergleich wurde jetzt wieder zurückgezogen. Grund: Ein Abkommen mit der taiwanischen Digital Peripherals Corp. (DPC) wird den Puchheimern neues Kapital bescheren.

Wolfgang Seidelmann, Sprecher der Gigatape-Geschäftsführung, stand die Erleichterung buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Drohte dem 1987 gegründeten Anbieter von Backup-Lösungen auf Basis der DAT-Technologie angesichts einer bilanziellen Überschuldung zum Ende des Geschäftsjahres (31. März) Anfang April noch das Aus, so konnte sich Gigatape nun mit den Investoren und Gläubigern einigen. Der angemeldete Vergleich zur Abwendung des Konkurses wurde zurückgezogen, bevor das Amtsgericht das Verfahren eröffnet hatte.

Für die überraschende Wende sorgte der taiwanische Magnetbandhersteller Digital Peripherals Corp. (DPC), Hsinchu. Angetan von Gigatapes jüngstem Produkt Multidat, einem Datensicherungslaufwerk mit Multiformatfähigkeit und Kapazitäten bis zu 5 GB wird DPC die Puchheimer mit frischen Kapital in Millionenhöhe versorgen. Damit kann Gigatape nun das völlig aufgezehrte Eigenkapital wieder aufstocken - laut Seidelmann ist eine Erhöhung auf acht Millionen Mark geplant - und durch das Entgegenkommen der Investoren und Gläubiger, die unter anderem zu Rangrücktrittserklärungen bereit waren, nun die Bilanz restrukturieren. Seidelmann: "Niemand hatte ein Interesse daran, uns kaputtgehen zu lassen, denn unsere Geschäfte laufen gut." Tatsächlich konnte die Gigatape GmbH, die in Frankreich, Großbritannien und den USA noch Tochtergesellschaften unterhält, im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 30 Millionen Mark einfahren.

Der Preis, den Gigatape für die Finanzspritze aus Taiwan bezahlt, ist hoch. DPC nämlich sicherte sich im Gegenzug die Herstellungsrechte an Multidat und wird das Laufwerk künftig unter eigenem Label an OEM-Kunden verkaufen. Gigatape wiederum stellt die Eigenproduktion in Deutschland ein und wird sich fortan nur noch mit Entwicklung - sowohl Hardware als auch Software - und Vertrieb befassen. Das Abkommen beider Unternehmen sieht weiter vor, daß alle zukünftig von Gigatape entwickelten Produkte ebenfalls in Taiwan gefertigt werden.

Daß Gigatape in diese prekäre Situation geriet, begründet Seidelmann mit den hohen Entwicklungs- und Anlaufkosten, die jedem neugegründeten Unternehmen zu schaffen machten. Gerade aber die Anlaufkosten seien durch "ungeplante Ereignisse in den vergangenen vier Jahren" weitaus höher ausgefallen als einkalkuliert. So habe man Produktverfügbarkeiten beispielsweise nicht einhalten können. Weitaus schlimmer sei jedoch gewesen, daß sich das erste entwickelte DAT-Produkt für Audio-Anwendungen als Flop herausgestellt habe. Betont Seidelmann: "Für eine Start-up-Company ist es fatal, wenn gleich das erste Produkt ein Reinfall ist."