Arbeitsteilung zwischen Data Dictionary und Data Directory:

Stücklisten-Prozessor als Vorbild für Software-Entwickler

15.05.1981

RELLINGEN (je) - Was in der industriellen Fertigungstechnik der bewährte Stücklisten-Prozessor ist, ist für das Software-Engineering ein Data Dictionary. Diese Parallele zieht die Management Software Products (MSP) GmbH, Rellingen, die am Markt als Vertreiber des Datenverzeichnisses "Datamanager" aktiv ist. MSP ging auch der Frage nach, worin der Unterschied zwischen einem Data Dictionary und einem Data Directory besteht.

Einleitend stellt MSP fest: Das Anwenden von Hilfsmitteln, Verfahren und Techniken aus der ingenieurmäßigen Fertigung (industrial engineering) auf den Software-Entwicklungs- und -Wartungsprozeß ist längst als notwendig erkannt worden. Während in den technischen Disziplinen schon Werkzeuge zur Unterstützung von Konstruktion, Fertigung, Qualitätskontrolle und Wartung verfügbar seien, müßten diese für das Software-Engineering erst geschaffen werden.

Verwalten und verwerten

Am weitesten entwickeltes Tool auf dem Gebiet der industriellen Fertigung ist nach MSP-Ansicht der "Stücklisten-Prozessor mit Arbeitsplan-Verwaltung". Dieser besorge einerseits die reine Verwaltung bestimmter Daten von Einzelteilen, Baugruppen, Enderzeugnissen oder Arbeitsplänen und Arbeitsgängen, die oft in sogenannten Teilestammsätzen und/oder Arbeitsplandaten niedergelegt seien.

Andererseits beschreibe er die Verknüpfungen untereinander, erlaube deren Abfrage (siehe Grafik 1, Version 1) und stelle auf diesem Wege Teileverwendungsnachweise, Übersichten über Zusammenhänge zwischen Tätigkeiten und Erzeugnissen oder auch Strukturstücklisten zur Verfügung. Übertragen auf das Software-Engineering - so MSP - entspricht dies einem DV-System, das aus Programmen und Moduln besteht, die Dateien benutzen, welche wiederum Datengruppen und Datenelemente enthalten (siehe Grafik 1, Version 2).

Erläutern die Rellinger: Genau wie bei einem Stücklisten-Prozessor fällt die Verwaltung und Pflege aller relevanten Daten der verschiedenen Beschreibungseinheiten an wie auch das Festhalten und Aufzeigen der Beziehungen untereinander. Dabei dürfe sich die Beschreibung dieser Verknüpfungen nicht nur auf die Tatsache beschränken, daß sie enthalten sind oder benutzt werden, sondern es sei auch einzubeziehen, wie diese Relationen aussähen, ob es sich etwa um Eingabe, Ausgabe, Update, Parameter oder um eine Call-Beziehung handele.

Quereinstieg

Tools, die derartige Stücklisten-Prozessor-Aufgaben im Software-Engineering-Bereich wahrnehmen, bezeichnet MSP als Data Dictionary-Systeme. Mit ihnen lassen sich nach Darstellung der Rellinger Beschreibungselemente schaffen und verwalten oder zu beliebigen Strukturen verknüpfen, so daß auch andere Beschreibungselemente und Beziehungen - wie beispielsweise im funktionalen Design erforderlich (siehe Grafik 1, Version 3) - behandelt werden können.

Data Dictionary-Systeme, ergänzt MSP, unterstützen die Entwicklung und Wartung von Software nicht nur durch die "Stücklisten-Funktionen" Verwendungsnachweis, Strukturzusammenhang, Crossreferenz und Schnittstellenabfrage, sondern bieten auch die Möglichkeit, über sogenannte Quereinstiege (Deskriptoren) logische Zusammenhänge festzuhalten und aufzuzeigen.

Ebenso wie ein Stücklisten-Prozessor Basis für weitere Hilfsmittel der Material- und Zeitwirtschaft sein kann, besitzt auch ein Data Dictionary-System nach Auffassung von MSP die Voraussetzungen, um verschiedene andere Werkzeuge zu integrieren. Genannt werden hier Analysatoren, Generatoren und "Struktoren".

Diese Integrationsfähigkeit bedeute nicht, unterstreichen die Rellinger, daß ein Data Dictionary-System derartige Werkzeuge überflüssig machen wolle, indem es deren Aufgaben übernehme. Ganz im Gegenteil: Ziel sei einzig, die oft gleichen Daten, die für verschiedene Werkzeuge benutzt würden, unter eine einheitliche Verwaltung zu stellen.

Wie die anderen Hilfsmittel und Tools im Bereich Software-Engineering, so soll auch ein Data Dictionary System nach Ansicht von MSP in erster Linie den Menschen unterstützen. Andererseits enthalte ein solches Verzeichnis Informationen, die sich auf Basissysteme wie Betriebs- Datenbank-, Dateiverwaltungssysteme oder TP-Monitore bezögen.

MSP: Je nachdem, wie "unabhängig" das Data Dictionary-System ist, unterstützt es nicht nur die Basissysteme, auf denen oder mit denen, es läuft. Die Informationen dienen auch dem Verarbeitungsprozeß selbst, also der Anwendung des DV-Systems auf die aktuellen Daten etwa in Form von Datei-/Datenbankbeschreibungen oder Formatbeschreibungen .

Solche Daten, erläutert: MSP, werden von Hard- oder Software-Systemen benötigt, nicht direkt vom Menschen. Ähnlich verhalte es sich etwa bei NC-Maschinen. Es liegt auf der Hand, meinen die Relingen, Daten schon aus Performance-Gründen in anderer, verdichteter Form vorliegen müssen; der Mensch arbeite nun einmal langsamer als Maschinen.

Hier - so MSP - kommt das Directory zum Zuge, das zumeist als integrierter Bestandteil von Datenbanksystemen angeboten und manchmal auch fälschlicherweise als Data Dictionary bezeichnet werde (siehe Grafik 2). MSP-Fazit: Wer einen Stücklisten-Prozessor für sein Software-Engineering haben will, sollte sich kein Data Directory-System anschaffen, und wer ein Data Dictionary-System besitzt, sollte ihm nicht die Aufgaben eines Data Directory aufbürden.