Öffentliche Beteiligungsmittel für IT-Innovationen

Staatliche Förderung für Startups immer wichtiger

02.03.2001
Ohne staatliche Zuschüsse hätte es kaum ein Unternehmen an den Neuen Markt geschafft, auch nicht zu den Boom-Zeiten, als Venture Capital noch in Hülle und Fülle floss. Seit diese Quellen mangels profitabler Exit-Möglichkeiten via Börsengang nicht mehr so sprudeln, ist die staatliche Förderung für Startups noch wichtiger geworden. Von Martina Rieken*

Frankfurt, London, New York in der ersten Jahreshälfte 2000: Die Gründer von New-Media- und Hightech-Firmen werden gefeiert wie Popstars. Ihre Finanziers - Business-Angels, Inkubatoren und Venture-Capital-Gesellschaften - gelten als Sinnbilder für Risikobereitschaft und Branchenkompetenz. Damit schien er komplett zu sein, der illustre Kreis der Startup-Szene, der sich bei Fast Food und Flaschenbier feierte.

Der Blick hinter die Kulissen: Am Anfang nahezu jeder Neugründung im Technologiebereich, deren Aktien am Neuen Markt emittiert wurden, stand ein Betrag von bis zu etwa 1,5 Millionen Euro - aus öffentlichen Mitteln. Die beiden Einrichtungen, die sich auf bundesweiter Ebene um die Finanzierung von IT- und Biotechnologie-Firmen kümmern, sind die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Technologie-Beteiligungs-Gesellschaft (TBG), die dieses Jahr von der KfW übernommen werden soll.

Zwischenzeitlich sah es so aus - zumindest aus Sicht der finanzkräftigen Risikokapital-Community-, als würden TBG und KfW ihre Rolle bei der Finanzierung von Technologieunternehmen einbüßen. "Letztes Jahr um diese Zeit hätte man die Staatsfonds eigentlich dichtmachen können", formuliert es überspitzt Niko Waesche, Leiter des Münchner Büros der amerikanischen VC-Gesellschaft Global Retail Partners (GRP)."Geld gab es reichlich aus privaten Quellen, und staatliche Bürokratie bremst normalerweise die Dynamik, die der IT- und New-Media-Branche eigen ist".

Trotzdem hat niemand den Deckel auf den staatlichen Fördertöpfen festgeschraubt. Im Gegenteil: Die Fördermittel von TBG und KfW sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Die TBG, die seit ihrer Gründung 1989 mehr als 900 Technologieunternehmen unterstützt hat, gab im vergangenen Jahr Beteiligungszusagen in Höhe von 505 Millionen Euro. 1999 lag das Volumen noch bei 389 Millionen Euro. Die KfW steuerte im Jahr 2000 mehr als 800 Millionen Euro bei - gegenüber 583 Millionen Euro im Vorjahr.

TBG und KfW verhalten sich als Teilhaber ausgesprochen still. Als öffentlich-rechtliche Kapitalgeber streben sie - im Gegensatz zu den gewinnorientierten privaten Investoren - keinen Sitz im Aufsichtsrat oder gar im Vorstand neu gegründeter Unternehmen an. "Wir refinanzieren stets den Beteiligungsgeber - eine direkte Beteiligung oder Mitwirkung im Management geht die KfW nicht ein", so Peter Sickenberger, Direktor Geschäftspolitik im Bereich Förderprogramme der KfW. Man nehme auch in keiner Form - darauf legen beide Institutionen Wert - Einfluss auf die Geschäftsmodelle geförderter Firmen und deren Umsetzungsstrategien. Vielmehr verstehen sie sich als Stütze für sorgfältig ausgewählte Startups, deren Business-Pläne zuvor auf ihre Schlüssigkeit und Tragfähigkeit untersucht worden sind.

Doppelfinanzierung ausgeschlossenDiesen Evaluationsprozess überlassen TBG und KfW privaten Investoren - wie den Venture-Capital-Gesellschaften. In die Due Diligence, die detaillierte Bewertung der Geschäftsidee des Geschäftsmodells und der Plausibilität unternehmerischer Annahmen über dessen Marktfähigkeit mischen sich die öffentlichen Institutionen nicht ein. "Wir sind zuständig für eine Sekundärprüfung, nachdem die Due Diligence seitens der VC-Gesellschaften abgeschlossen ist", erklärt TBG-Sprecher Michael Kesper. Allerdings unterziehe die TBG den Lead-Investor einer so genannten Performance-Überprüfung. Sollte der primäre private Kapitalgeber zu viele bisherige Beteiligungen in den Sand gesetzt haben, könne das die Aussichten für einen Einstieg der TBG verschlechtern.

Gefragt sind jetzt breit einsetzbare TechnologienNebenbei bemerkt: Es gibt für ein junges Unternehmen immer nur Geld aus einem Topf. Doppelfinanzierungen sind durch ein Abkommen zwischen KfW und TBG ausgeschlossen. Denn das würde die Förderung ad absurdum führen: Die besten Startbedingungen hätten dann die Unternehmer, die sich bei der Kapitalbeschaffung am cleversten anstellen, und nicht die mit den besten Ideen und zukunftsträchtigen Technologien. Genau diese zu fördern ist aber das primäre Ziel von KfW und TBG.

Als förderungswürdig erachten die staatlichen Investoren dabei Unternehmen, deren Produkte ihr Potenzial nicht nur im Rahmen einer einzigen Geschäftsidee zeigen, sondern mit möglichst breit einsetzbarer Technik einen größeren Markt adressieren. Internet-basierte Transaktionsdienste ohne greifbare Substanz fallen aus diesem Raster heraus. Und das nicht erst, seitdem durch zahlreiche Neuauflagen mehr oder weniger ähnlicher Ideen die Luft aus den Portalen gewichen ist - zumindest börsentechnisch gesehen. Die TBG hat einen nach den Worten von Pressesprecher Kesper"sehr wirksamen Filter gegen Me-too-Produkte" entwickelt. "Die hatten bei uns noch nie eine Chance."

Risikokapital nur für innovative TechnikInnovationskraft und Dauerhaftigkeit sind die wichtigsten Kriterien für die staatliche Förderung. Kesper drückt es für die TBG so aus: "Wir sehen seit einiger Zeit einen Trend zu typisch deutschen Bereichen, zu handfesten Technologien. Wer mit so etwas an den Start geht, hat die besten Chancen auf eine Beteiligung." Bei TBG und KFW liegt der Schwerpunkt auf dem IT-Bereich - speziell auf technisch fundierten Neuerungen, die sich für möglichst viele Einsatzgebiete eignen und in der VC-Szene "Enabling Technologies" heißen.

Auf diese Karte setzt auch der Berliner Inkubator Venturepark. Sein Portfolio ist laut Vorstandsmitglied Kersten Pucks auf Technologien ausgerichtet, die viele Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Geschäftsprozesse an die sich ständig weiter entwickelnden Anforderungen des digitalen Business anzupassen. Solche Vorhaben verlangten Gründern und Finanziers einen langen Atem ab. "Raketenartige Börsenstarts auf schmaler Technologiebasis" werde es daher nicht mehr geben. Statt dessen müsse man Geschäftsmodelle und Märkte wieder "mit konservativen unternehmerischen Mitteln" entwickeln. "Wer fünf bis sieben Jahre durchhält, kann mit einem Unternehmenswert von 50 Millionen Mark rechnen", so Puck. Das sei zwar keine GründerMarge à la Netscape oder Yahoo, "aber auch kein Hungerlohn".

*Martina Rieken ist freie Journalistin in Hamburg

Abb: Beteiligung der TBG nach Technologiefeldern

Die staatlichen Fördermittel für Startups fließen vor allem in Biotechnologie und Software. Firmen mit innovativen Ideen können bei der Technologie Beteiligungs-Gesellschaft Hilfe anfordern. Quelle: tbg/VC on target, November 2000