Nach Programmeinkaüft müssen Anwender oft Federn lassen

Softwaresuche brauche braucht mehr Konturen

19.10.1984

(CW) - Vor einem totalen Schiffbruch oder unerwarteten Folgekosten bei der Prograimmimplementierung beziehungsweise Programmnutzung kann sich ein Anwender am besten schützen, wenn er erkennt, daß auch die Softwareauswahl ihren Preis hat. Eine Reihe häufig im Munde geführter, aber leider zu wenig beachteter Vorkehrungen wie zum Beispiel eine gründliche Marktanalyse wurden im Rahmen der Referatsreihe "Softwareauswahl" konkretisiert. Dabei erteilten die Referenten Ratschläge sowohl für die Suche nach "Butter-Und-Brot-Paketen" als auch nach spezielleren Programmen. Erfahren konnte der Zuhörer schließlich aber auch etwas darüber, wie die elektronische Datenverarbeitung in Gestalt von Btx für die Auswahl der weichen Ware eingesetzt werden kann.

Bei der Marktanalyse kommt es laut Joachim Zimpfer, dem System manager und DV-Organisator der Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin, besonders darauf an, nicht

auf die Prospektwerbung hereinzufallen: "Prospekte haben außer schönen Bildern und wohlformulierten Passagen kaum etwas zu bieten. Der Gebrauch von Schlagwörtern, unter denen sich niemand etwas vorstellen kann, auch deren Erfinder nicht, ist weit verbreitet." Negative und einschränkende Informationen würden nicht genannt oder sogar positiv formuliert.

Bevor man sich zum Softwarekauf entschließt, müssen aus der Sicht von Zimpfer unter anderem folgende Fragen geklärt werden:

- Besteht e Möglichkeit einer Testinstallation?

- Sind moderne Tools des Softwareengineering für das Produkt verwendet worden?

- Wird Einsicht in den Quellcode gewährt und sind irgendwelche Performanceangaben verfügbar?

- Wie hoch ist der Stundensatz für einen Softwarespezialisten bei eventuellen Programmänderungen oder -zusätzen?

Bei einer Produktbeurteilung käme es ferner darauf an, "schnick-Schnack" nicht mitzubewerten und nicht von ursprünglichen Zielvorstellungen abzurücken.

Bei einer etwaigen vergeblichen Umschau auf dem Softwaremarkt solle nicht die Geisteshaltung "dann gebrauchen wir eben das, was auf dem Markt angeboten wird", Platz greifen. Außerdem empfiehlt - der Systemmanager DV-Organisator als eine recht simple und darüber hinaus auch erheiternde Prüfungsmethode den sogenannten "Affentest". Dabei müsse man sich nicht um die Eingabeaufforderungen am Bildschirm kümmern, sondern solle einfach wahllos Zeichen eingeben.

Stürze ein Programm dann ab, spräche das nicht gerade für das fehlertolerante Verhalten eines Systems. Im Hinblick auf den Kauf rät Zimpfer dann beispielsweise dazu, nach Abschluß des Kontrakts keinerlei Veränderungen am Vertragswerk mehr vorzunehmen. Und schließlich gab er noch zu bedenken, daß zwar im Laufe des Vortrages viele Dinge gesagt worden seien, die banal klängen. Jedoch hätten gerade Banalitäten oft die Eigenschaft, nicht ernst genommen zu werden und deswegen sei schon so manches Projekt in den Sand gesetzt worden.

Diplom-Ingenieur Klaus Adena, Leiter der Softwareproduktion bei der Nixdorf AG wies besonders darauf hin, daß Software im Sinne eines Produktes nicht als reines Programm mißverstanden werden dürfte. So müßte von Seiten des Anwenders wie des Herstellers im Produktumkreis auf die Schulung, die Installationswerkzeuge, Anpassungshilfen,

die Anwenderdokumentation und Maintenance geachtet werden.

Diplomvolkswirt Volker Flottau und Betriebswirt Manfred Noll von der SCS Organisationsberatung und Informationstechnik GmbH, Hamburg, empfohlen in ihrem Vortrag "Auswahl von Softwareproduktion bei kommerziellen Anwendungen" für die Anforderungskriterien an die gewünschte Software und die Produkte im den entsprechenden Merkmalsklassen Punkte zu vergeben. Die bewerteten Softwarepakete sollten dann in einer Kosten-Nutzenanalyse in ein Verhältnis gebracht werden. Dadurch könne man erkennen, ob ein teures Softwarepaket durch zusätzlichen Nutzen gegenüber einem preiswerten Paket nicht doch "billiger" sei. Am Ende dies Vortrages gaben Flottau und Noll den Besuchern schließlich noch folgende Tips mit auf den Weg:

- Der Projektleiter muß temporär unabhängig von den Abteilungsinteressen handeln können

- Das Projektteam, muß alle wissenschaftlich betroffenen Abteilungen repräsentieren.

- Die Projektmitarbeiter müssen freigestellt werden.

- Das Projekt sollte in der Regel nicht länger als zwei Jahre dauern.

Walter Saar, der Leiter Rechnungswesen und EDV KG Bayerische Hausbau in München, ging auf die Kriterien bei der Softwareauswahl für das Rechnungswesen ein. Aus der Fülle der erteilten Ratschläge soll hier als Beispiel nur der Bereich Umsatzsteuervoranmeldung herausgegriffen werden.

Den angaben von Saar zu folge basieren hier die meisten Standardpakete unter anderem darauf, daß Erlöse mir unterschiedlichen Steuersätzen auch auf unterschiedlichen Konten verbucht werden und der Steuerabzug mit dem Erlösbetrag verbünden ist. Dadurch entstehe aber in vielen Unternehmen ein Komfortverlüst. Es solle darum an eine Software auch die Anforderung gestellt werden, daß über diese einfache Art hinausgehende Möglichkeiten der Verknüpfung von Umsatzsteuer und Erlös vorhanden sind.

So mußte es beispielsweise machbar sein, bei einer sauberen Vorlage von Belegnummern, sachlich zusammengehörende Erlöse auf einem Konto zu verbuchen und die Trennung nach unterschiedlichen Steuersätzen für Zwecke der Abstimmung außerhalb der Sachkontenführung über das Zusammenführen identischer Belegnummern vorzunehmen. Und in einem Falle, wo Umsatzsteuerbuchungen, keine Erlösabbunchungen gegenüberstünden, sei es erforderlich, daß über die Eingabe einer entsprechenden Prüfziffer ein abstimmungsfähiger Betrag als Fiktiverlös abgespeichert werden könne.

Wie sich mit Hilfe der EDV schließlich die Auswahl von Software erleichtern läßt, konnte man in dem

Vortrag von Diplom-Ingenieur Peter Mahnkopf, Bereichsleiter "Neue Medien" Rechenzentrum Südwest

GmbH & Co. KG, Stuttgart erfahren. Mahnkopf erläuterte ein einschlägiges computerunterstütztes Informationssystem in der Pilotphase, das in einer Zusammenarbeit der Btx Südwest Datenbank GmbH (BSD) und dem Softwaretest e.V. (STEV) eingeführt wurde.

Das Volldatenbanksystem auf der Basis von Stairs/Mike bietet die Möglichkeit, mit Hilfe von Bildschirmtext Detailinformationen zu Softwareproduktbeschreibungen zu recherchieren. Für Produkte, die eine Prüfstelle der Gütergemeinschaft Software testet, wurde eine "objektive" Beurteilung der Produktqualität in die Btx-Datenbank eingespeichert.