Software - nur noch Anpassung?

21.06.1991

Betrifft CW Nr. 23 vom 7. Juni 1991, Gastkommentar von Jan Witt, Seite 8: "Wissensingenieure von Softwareprofis nicht ernst genommen"

Als Professor Jolly dem Studenten Max Planck sagte, die Physik sei im wesentlichen abgeschlossen, behielt er schließlich recht: Max Planck und sein Freund Einstein haben eine Lawine von Aufgaben losgetreten, so daß der Physiker die klassischen Gebiete des Professor Jolly seither gern den Ingenieuren überläßt. Solche Resignation: "Es ist ja alles, ja wirklich alles schon vorhanden, erforscht..." hört man nur von frisch Examinierten und Pensionierten.

Der Praktiker weiß es anders: Ihm fehlt stets genau das, was er gerade gut gebrauchen könnte.

Da kauft ein Großunternehmen wiederholt undokumentierte Software. Es wäre daher allgemein nützlich, wenn Tools die nachträgliche Dokumentation unterstützten, womit man natürlich auch angeblich vollständige Dokumentationen auf Lücken überprüfen könnte...

Wenn ein Ordinarius die verteilungsfreien Verfahren der Stichprobenstatistik für anfechtbar hält, dann sollte er seine schlechte Meinung mit Gegenbeispielen begründen. Aus diesen simulierten Gegenbeispielen erkennt man im Laufe der Zeit, unter welchen Einschränkungen das Verfahren korrekt arbeitet. Man muß nur einmal mit diesem Arbeitsprogramm beginnen. Und weil jedes systematische Vorgehen notwendig einseitig bleiben muß, seine Fehler also systematische Fehler sind, muß man Parallelprojekte dulden. Nur ist dies nicht die Art, wie man in Deutschland Forschung organisiert und fördert.

Mit falschen Prognosen lassen sich Witzblätter füllen. Der Gangster im Kriminalroman scheitert an einer Kleinigkeit, die er übersehen hat, der Prognostiker dagegen muß sich vom Laien vorwerfen lassen, daß er so gut wie nichts berücksichtigt hat.

Man hätte hier zunächst einmal die Parameter in historischen Prognosen der späteren traurigen Wirklichkeit anzupassen.

Für den Modellbau muß man anschließend einen erfahrenen Regelungstechniker beschäftigen. Und weil sich die Verhältnisse in den einzelnen Branchen unterscheiden, wird es keine allgemein verwendbare Lösung geben.

Man wird zugeben, daß die Vorhersage des Lehrerbedarfs für die nächsten sieben Jahre noch eine recht einfache Aufgabe ist, weil die notwendigen Angaben hierfür sogar gedruckt vorliegen. Schon 1902 vermutete der Pädagogik-Historiker Friedrich Paulsen, daß diese Aufgabe lösbar ist. Und trotzdem erlebten wir noch in den siebziger und achtziger Jahren Lehrerarbeitslosigkeit nach einer intensiven Werbung für diesen Beruf in den sechziger Jahren. Die Prognose für den Bedarf an Elektrotechnikern ist natürlich schwieriger.

Vielfach scheitern Projekte an den geschätzten Kosten. Umgekehrt kann man es auch machen: Mochte nun eine Studie über die Nebenwirkungen eines sehr verbreiteten Arzneimittels belanglos sein oder nicht, zugetraut habe ich sie den Autoren der Pilot Study nicht, und die Autoren dachten wohl ähnlich.

Wer aber gibt schon zu, daß er der Aufgabe doch nicht gewachsen ist? Da schätzt man den Aufwand am besten so hoch (100 Millionen Mark), daß das Vorhaben abgelehnt wird. Bietet die Konkurrenz später billiger an, so wirft man ihr vor, daß sie den Aufwand nach Art der Salami-Taktik unterschätzt. So sterben sinnvolle Projekte, aber man hat sein Gesicht gewahrt...

Aus keiner dieser Aufgaben darf sich der Informatiker nach der Planung verabschieden. Auch der vorletzte Teilschritt gehört noch zur Lern-, ja Experimentalphase. Man erlebt täglich Überraschungen, und gerade sie erhalten uns die Freude am Beruf.

Die "155. Erfindung des fünfeckigen Rades" klingt gewiß witzig. Für militärische Auftraggeber freilich müssen die Entwickler schon mehr können, als Vorhandenes an neue Konfigurationen anzupassen. Mit den "Displaced Persons" aus dem ganzen Konzern richtet man da wenig aus.

Horst Schäfer, Wiesbaden

Äpfel mit Birnen verglichen

Betrifft CW Nr. 20 vom 17. Mai 1991, Seite 24: "Die neuen Versionen von Netware und LAN-Manager"

Von Joachim Kauffels wird ein Vergleich zwischen Netware 386 und LAN-Manager angestellt. Unabhängig davon, daß es sich hierbei um einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen handelt, dient dem Artikel als Vergleichsgrundlage die Netware-Version 3.0. Diese wurde Ende 1989 auf den Markt gebracht und ist inzwischen durch die beiden Folgeversionen Netware V3.1 und insbesondere V3.11 längst überholt.

Der Vergleich ist also alles andere als fair, da hier ein überholtes Produkt von uns einem neuen von Microsoft gegenübergestellt wird. Das ist um so verwunderlicher, als die CW schon mehrfach über Netware V3.11 berichtet hat.

Dr. Jürgen Müller, Novell GmbH, Düsseldorf