Sperry vereinbart mit Ikoss weltweite Vertriebsrechte am CAD-"Baustein Geometrie":

Software-Mittelbetrieb kauft Univac-Jumbo

16.04.1981

STUTTGART - "Wir sind zufriedene Kunden, wenngleich nicht immer einfache." Mit diesen Worten wandte sich Peter Beyer, Geschäftsführer der Stuttgarter Ikoss GmbH, anläßlich der Einweihung der käuflich erworbenen Univac 1100/60 an Rüdiger Walpuski, Leiter des technischen Kundendienstes von Sperry, der sein Haus in Stuttgart vertrat. Die Univac-Anlage - sie löst eine lange benutzte 1108 ab - wurde nicht zuletzt aufgrund des eingesparten Umstellungsaufwandes ausgewählt: Das Betriebssystem bleibt das gleiche.

Das mit dieser Zwei-Millionen-Mark-Investition für ein 100-Mann-Unternehmen ungewöhnlich hohe finanzielle Engagement ist den Stuttgartern bewußt. Erläuternd verweisen sie darauf, daß sie keinen Verkauf von Rechnerleistung beabsichtigen, sondern ausschließlich die Nutzung des Rechners zu Entwicklungszwecken.

So soll beispielsweise der CAD-Baustein "Geometrie" fortentwickelt werden (Beyer veranschlagt dafür knappe 20 Prozent der Rechnerkapazität). Dieses Software-Produkt vermeidet das immer wieder neue Aufnehmen und Einlesen "durchgängiger" Daten, wie es bei konventionellen Herstellungsprozessen in der Industrie üblich ist - beginnend bei Entwurf und Planung über Konstruktion den NC-Anwendungen bis hin zur eigentlichen Fertigung der verschiedensten Erzeugnisse.

Den Vertrieb des auch aus öffentlichen Quellen finanzierten Bausteins Geometrie hat Sperry Univac jüngst in einem Lizenzabkommen mit Ikoss ausgehandelt, weltweit, aber nicht exklusiv. Ganz und gar ausgereift wird der Baustein sein, wenn neben den bisher aufgewendeten sieben weitere fünf Millionen Mark in die Entwicklung investiert sein werden, schätzt Ikoss.

Als Geldgeber stellt Beyer sich das eigene Unternehmen, Sperry Univac und die öffentliche Hand vor. Vor allem rechnet er mit Einnahmen aus der Vermarktung des jetzt schon "stehenden" Pakets. Beyer ("Bei guter und bei schlechter Wirtschaftslage hat unsere Branche gut zu tun; nur in normalen Zeiten geht es uns schlechter") (...) zehn Millionen Mark als derzeitigen Auftragsbestand von Ikoss - Arbeit für fast neun Monate.

Von zügellosem Wachstum seines Hauses hält er nichts, trotz der Großrechner-Investition. 15 bis maximal 20 Prozent schweben ihm als gesunde jährliche Rate vor. Und der Rechner kann - auch ein Kaufmotiv - bis auf das Sechzehnfache der heutigen Größe mitwachsen. Walpuski stellte die 1100/60 einer kleinen Zuhörerrunde vor: Multi-Mikroprozessor-Anlage, 512 K-Worte á 36 Bit, zwei Gigabyte Plattenspeicher, Bandstationen und andere Peripherie, Bit-sliced Mikros, MOS-Speichertechnik, LSI-Chips, EC-Logik, regelmäßige Überwachung und Ferndiagnose per Telefon.

Zu den Grußrednern in Stuttgart gehörte Dr. Gert Lang-Lendorff vom Kernforschungszentrum Karlsruhe, der das BMFT vertrat. CAD-Förderung stellte er klar, ist nicht Subvention. Subvention nämlich bedeute Hilfe für den Schwachen, während es im Falle Ikoss um die Stärkung einer vorhandenen internationalen Wettbewerbsfähigkeit gehe. Lang-Lendorff kritisierte in diesem Zusammenhang die um sich greifende Japan-Phobie.

Zu Glückwünschen zum jetzigen Zeitpunkt sah Lang-Lendorff noch keinen Anlaß; denn "Anlagen in Betrieb genommen haben schon viele". Ähnlich äußerte sich auch Klaus Schütte, Vorsitzender der Fachgruppe Datenverarbeitung im BDU. Er bescheinigte Ikoss, ein "beachtliches Vorhaben" in Angriff genommen zu haben, das die Branche aufmerksam zur Kenntnis nehme.