2400 Anwender bestätigen in einer Umfrage

Software-Dokumentationen sind meist besser als ihr Ruf

20.10.1989

Die Ergebnisse einer im letzten Jahr von der "Initiative 88 - Das gute Handbuch" durchgeführten Anwenderbefragung zeigen: Weit über 60 Prozent der Befragten sind mit ihrer Software-Dokumentation gut oder sogar sehr gut zurechtgekommen. Werner Schlummer* präsentiert die Umfrageergebnisse im Detail.

Auch wenn noch vieles zu wünschen übrig bleibt, so sind Handbücher zur Computer- Software doch besser als ihr Ruf. Dies zumindest ergab eine groß angelegte Befragung, die im vergangenen Jahr als "Initiative '88 - das gute Handbuch" gestartet wurde und deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Zwar haben die über 2400 Befragten mit Kritik nicht gespart, doch insgesamt ergibt die Auswertung der Fragebögen ein positives Bild.

Der Computerbranche haftet der Ruf an, mit einem verworrenen EDV-Chinesisch auf die Kunden zuzugehen. Von allgemeiner Verständlichkeit sei da oft nicht viel zu spüren. Diesem Vorwurf zumindest stellt die Befragung der Initiative '88 ein eindeutiges Votum entgegen. So ermittelte die Untersuchung, zu der eine Arbeitsgruppe an der TU Berlin wesentliche Vorarbeiten leistete, daß weit über 60 Prozent der Befragten mit den Texten ihrer Software-Dokumentationen (siehe Abbildung 1) gut bis sehr gut zurechtkommen.

"Dieses Teilergebnis (siehe Abbildung 2) hat uns doch sehr verblüfft", gibt Claus Noack zu, der als Mitinitiator der Aktion nicht mit einer so eindeutigen Aussage gerechnet hatte. Noack, Leiter der Sinix-Manualredaktion bei der Siemens AG, sieht in diesem Ergebnis ein Anzeiechen dafür, daß in den letzten Jahren der richtige Weg eingeschlagen wurde: Programme werden dem Kunden durch eine vernünftige Beschreibung verständlich gemacht.

Die insgesamt positive Einschätzung von Handbüchern ist für Klaus Kaschewski, einem der Organisatoren der Initiative 88,darauf zurückzuführen, daß die meisten Anwender im Laufe der Zeit einen Gewöhnungsprozeß durchlebt haben. Dies macht Kaschewski vor allem an zwei Aussagen der Befragung fest: "Zum einen haben wir wenige,als fünf Prozent der Rücksendungen von Computer-Anfängern erhalten, zum anderen haben doch mehr als 30 Prozent der Befragten Kommentare zu ihrer Arbeit mit den Handbüchern abgegeben und dabei hin und wieder auch auf eine eher, schmerzvolle Einarbeitungszeit hingewiesen."

Für ihn und seinen Kollegen Noack heißt dies unter anderem, daß Hersteller von Benutzer-Dokumentationen sich verstärkt Gedanken machen müssen über die genaue Zielgruppe ihrer Beschreibungen. "Absoluten Anfängern müssen in höherem Maße Hilfestellungen und entsprechende Informationen gegeben werden", so Kaschewski, der als Dozent und Industrie-Berater weiß, wovon er spricht. Noack ergänzt: "Richtet sich ein Software-Programm an Anwender unterschiedlicher Kenntnis -und Fertigkeitsstufen, so müssen auch die Dokumentationen entsprechend aufbereitet sein.

Ziel der Befragung war es, Klagen unzufriedener Computeranwender über schlechte Software-Dokumentationen vor allem im Bereich von Standardsoftware nachzugehen. Und da haben die Fragebögen, die von den Lesern einer Fachzeitschrift zurückgeschickt wurden,

einige interessante Ergebnisse gebracht. So benutzt doch ein Drittel der Softwareanwender ständig die Dokumentation des Herstellers zur Einarbeitung in das Produkt. Und noch weitere 40 Prozent arbeiten häufig mit der Original-Beschreibung in der Phase der Einarbeitung.

40 Prozent der Befragten greifen häufig bis ständig auf herstellerfremde Beschreibungen zurück, um die neu erworbene Software kennenzulernen und dann den eigenen Anforderungen entsprechend einsetzen zu können. Immerhin fast 90 Prozent der Befragten geben an, daß ihr Einarbeiten häufig bis ständig durch Probieren einzelner Schritte gekennzeichnet ist. Den Rat von Experten holt sich knapp ein Drittel nie und ein weiteres Drittel nur selten beim Einarbeiten in ein neues Produkt.

"Gerade dies unterstreicht doch sehr, daß das Benutzer-Handbuch gleichsam die Rolle des Experten einnehmen muß", so die Münchener Initiatoren der Aktion "Das gute Handbuch". Den eingeschlagenen Weg wollen Kaschewski und Noack weiter gehen.

Die detaillierte statistische Auswertung ihrer ersten Befragung kann von Interessenten unter folgender Adresse angefordert werden: "lnitiative 88", Klaus Kaschewski/Claus Noack, Gellertstr. 4, 8000 München 81.