Geschäftsmodelle für den E-Commerce/Zielgenaue Werbung, Nutzungs- und Lizenzgebühren

So lässt sich im Web mit Service Geld verdienen

16.03.2001
Unternehmen, die Dienstleistungen via Web anbieten, liegen im Trend. Ob Daten- und Dokumentenverwaltung, Rechtsberatung oder Gesundheitsdienste - die Zahl der Services im Netz wächst. Und für wertvolle Informationen ist der verwöhnte Internet-User offenbar auch bereit, Geld auszugeben. Von Klaus Manhart*

Sicherheitsbedenken und das Fehlen eines allgemein verbreiteten und akzeptierten Online-Bezahlsystems behindern die Entwicklung des E-Commerce in Deutschland noch gewaltig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Internet-User nicht gewohnt sind, für im Netz angebotene Informationen oder Dienstleistungen Geld zu bezahlen. Einer IDC-Umfrage in 27 Ländern zufolge ist im Schnitt nur ein Drittel der Web-Anwender bereit, für Online-Inhalte den Geldbeutel zu öffnen.

Fachinformationen für ManagerDen Analysten der Boston Consulting Group zufolge trifft das allerdings nur auf allgemeine, mehr oder weniger austauschbare Inhalte wie Nachrichten oder den Wetterbericht zu. Für Spezialinformationen - zum Beispiel zum Thema Gesundheit - würden die Surfer dagegen sehr wohl einen Obolus leisten, so das Ergebnis der Untersuchung. Offenbar analysieren Web-Anwender genau, wann es sich für sie rechnet, für Qualität einen Preis zu zahlen.

Auf diese Erkenntnis setzt die Luzerner Startup-Company Getabstract.com, die seit Oktober 1999 Manager und Wissensarbeiter mit Fachinformationen beliefert. Auf jeweils fünf Textseiten wird dem Kunden eine Zusammenfassung (Abstract) der wichtigsten Erkenntnisse spezieller Fachbücher im PDF- oder Palm-Format zur Verfügung gestellt - auf Wunsch auch in anderen Sprachen. Die Rechte an der Publikation des komprimierten Wissens hat sich Getabstract.com bei mehr als 100 Verlagshäusern gesichert.

Großkonzerne wie Swissair, Ernst & Young oder Pfizer kaufen die Dienstleistung im Großabonnement und stellen sie ihren Mitarbeitern zu Fortbildungszwecken zur Verfügung. Der private Surfer kann sich für 299 Dollar einen "Surfpass" kaufen und erhält damit unbeschränkten Zugang zur Online-Bibliothek von Getabstract.com. Als Zusatznutzen bekommt jeder Kunde einmal pro Woche die Rezension eines Buches per E-Mail, das seinem persönlichen Interessensprofil entspricht. Die Gebühren sind die Haupteinnahmequelle des Info-Diensts. Ein weiteres Standbein sind Kooperationen mit Medienhäusern. Zum Beispiel erstellt Getabstract.com für die Financial Times Deutschland jeweils zwei Buchrankings und zwei Buchrezensionen pro Woche.

Verträge und Musterbriefe auf AbrufAuch die Haufe Mediengruppe lässt sich professionellen Service bezahlen. Geschäftsanwender - insbesondere kleine und mittelständische Betriebe sowie Selbständige - können sich auf dem Business-Portal Redmark.de Tausende von Dokumenten aus den Bereichen Wirtschaft, Recht und Steuern - etwa Verträge oder Musterbriefe - herunterladen oder per E-Mail abonnieren. Daneben gibt es kostenlos abrufbare Texte wie beispielsweise den "Arbeitszeugnisgenerator", mit dem sich über wenige Mausklicks ein Arbeitszeugnis mit Formulierungsalternativen, Hintergrundinformationen und einem Geheimcode-Test erstellen lässt.

Individuell gut abrechnen lassen sich auch die Leistungen von Rechtsdiensten. Inzwischen tummeln sich zahlreiche Organisationen, die nach unterschiedlichen Modellen arbeiten, in diesem Business-Sektor. Eine davon ist Online-rechtsberatung.org: Hier wählt der Rat Suchende ein juristisches Fachgebiet, - etwa Straf- oder Familienrecht - und tippt seine Frage in das dafür vorgesehene Online-Formular ein. In der Regel binnen 24 Stunden erhält er die Antwort des Juristen per E-Mail - einschließlich Kostenvoranschlag. Gebühren nach den gesetzlich vorgeschriebenen Honorarsätzen werden nur fällig, wenn man die Dienste des betreffenden Rechtsberaters tatsächlich in Anspruch nimmt. Die Zahlung erfolgt per Kreditkarte.

Vorteile bietet der Dienst nicht nur für Verbraucher, die schnell und kostengünstig Hilfe in rechtlichen Belangen erhalten, sondern auch für die auf der Plattform vertretenen Rechtsanwälte, die sich über die innovative Beratung einen neuen Mandantenkreis erschließen können. Für ihre virtuelle Visitenkarte im Eingangsportal und die automatische Weiterleitung eingegangener E-Mails zahlen sie lediglich eine jährliche Teilnahmegebühr von derzeit 150 Mark sowie eine Vermittlungspauschale an den Betreiber der Site.

Werbung ist nach wie vor wichtigContent- und Service-basierende Internet-Angebote für die breite Masse lassen sich allerdings nur schwer über Gebühren finanzieren. Für sie stellen nach wie vor Werbeeinnahmen die wichtigste Verdienstquelle dar. Ein Beispiel für ein rein werbefinanziertes Serviceangebot ist das Gesundheitsportal Netdoktor.de. Hier findet der User kostenlose Informationen über Krankheiten, Vorbeugemaßnahmen und Behandlungsmethoden. Wer eine spezielle Auskunft wünscht, klickt auf den Button "Frage den Arzt", wobei Netdoctor.de allerdings betont, dass dieses Gespräch nicht die Diagnose durch einen realen Mediziner ersetzen kann.

Alle Informationen werden allgemein verständlich vermittelt, um die sprachlichen Barrieren zwischen Ärzten und Patienten abzubauen. 60 bis 70 Mediziner und Experten aus dem Gesundheitswesen - im Impressum namentlich aufgeführt - schreiben, redigieren und aktualisieren die Inhalte der mittlerweile 25000 Seiten von Netdoktor.de beziehungsweise beantworten Fragen von Benutzern des interaktiven Briefkastens. Finanziert wird das Ganze ausschließlich über Sponsoring und Werbung.

Zielgruppengenaue AnspracheAuf zielgruppengenaue Werbung ohne Streuverluste setzt auch der Betreiber der Website www.webhostlist.de, der den stark fragmentierten Markt für Web-Hosting-Dienste für seine Kunden analysiert. Der Service bietet fundierte Hintergrundinformationen, aktuelle Preisrecherchen, Bewertungen durch Anwender sowie unabhängige Tests. Firmengründer Carsten Bernhard bezeichnet sein Unternehmen als "echte Garagenfirma", die zunächst "nebenher" betrieben wurde, angesichts steigender Besucherzahlen jedoch schon bald eine professionelle Abwicklung notwendig machte.

Das Geschäftsmodell finanziert sich ausschließlich über Werbeeinnahmen: eine Million Page Views pro Mitarbeiter muss die Site monatlich generieren, um profitabel zu sein. Firmenchef Bernhard bereitet dies jedoch keine Kopfschmerzen. Die meisten Werbekunden von Webhostlist.de seien eingetragene Provider, welche die kongruente Zielgruppe auf der Site zu schätzen wüssten. "Sie erreichen durch uns direkt die Entscheider in den Unternehmen, die zudem auch noch Kaufabsichten haben - eine ideale Kombination", so der Firmenchef.

Kostenlos nur für private UserEine weitere Finanzierungsmöglichkeit für die Anbieter von Serviceleistungen im Web besteht darin, zwischen kostenlosen Diensten für Privatanwender und gebührenpflichtigen Angeboten für Geschäftskunden zu trennen, wobei die eingesetzte Technologie häufig an die Partner lizenziert wird. Die kostenlos nutzbare Serviceleistung für die privaten User dient in diesem Fall nur als "Showcase" und Testobjekt - verdient wird mit den an Partner vergebenen Lizenzen.

Ein Beispiel für dieses Modell ist die 1999 von ehemaligen AOL-Mitarbeitern gegründete Daybyday Media GmbH, die Lösungen für das mobile Zeit- und Informations-Management im Internet anbietet. Die Plattform www.daybyday.de ist ein Online-Organizer, der auf die Bedürfnisse von Endkonsumenten zugeschnitten ist und eine breite Palette von Funktionen bereithält: Neben Kalender, Adressbuch und Link-Verwaltung gibt es eine 25 MB große Dateiablage und Erinnerungsfunktionen per E-Mail und SMS. Die Daten lassen sich mit Outlook, Lotus Notes und Palm synchronisieren. Seine Umsätze erwirtschaftet das Unternehmen durch die Lizenzierung der Plattform: Telekommunikationsunternehmen und Portale wie T-Online oder die IDG-Verlagsgruppe stellen ihren Kunden die Organizer-Funktionen zur Verfügung, um auf diese Weise die "Stickiness" ihrer Website zu optimieren.

Finanzierung aus vielen QuellenEbenfalls als Showcase setzen die Betreiber von Expertenseite.de ihre Plattform ein, die ähnlich wie eine Meta-Newsgroup funktioniert: Internet-Nutzer können Fragen zu allen möglichen Themen an andere User richten, die sie im Idealfall beantworten. Die Site wurde im April vergangenen Jahres von der First Venture Internet GmbH gestartet, um "das Know-how der Menschen individuell und bestmöglich zu vermarkten", so Mitbegründer Klaus Imgenberg. Die Finanzierung ruht laut Imgenberg auf verschiedenen Sockeln. Als Betreiber der Site entwickelte das Unternehmen spezielle "Content-Tools", die schrittweise bei Partnern eingebunden werden. Diese zahlen dafür entweder einen monatlichen Betrag, oder sie teilen ihre Werbeeinnahmen mit Expertenseite.de. Geplant ist zudem, die Software in Lizenz zu verkaufen, um Unternehmen den Aufbau ihrer eigenen, spezialisierten Expertenseite zu ermöglichen - laut Imgenberg eine ideale Möglichkeit, um zusätzliche Mitglieder zu generieren.

Ebenfalls auf verschiedenen Säulen ruht der File-Sharing- und File-Collaboration-Service Net-files.de der Utomi AG. Der Dienst ermöglicht es Privatanwendern und Geschäftskunden, Daten über die Web-Server von Utomi auszutauschen und abzulegen. Als reine Geschäftsanwendung konzipiert wendet sich Net-files.de an kleine bis mittlere Unternehmen und Freiberufler. Je nach Anforderungen stehen mehrere Gigabyte Speicherplatz für die Teamarbeit bereit. Mit Hilfe von Funktionen rund um SMS und WAP kann der mobile User auch unterwegs auf seine wichtigsten Daten zugreifen. Dem Privatanwender ermöglicht der Service My-files.de den mobilen Zugriff auf seine Daten und den Austausch mit Freunden und Bekannten. My-files.de stellt jedem User bis zu 300 MB kostenlosen Speicherplatz zur Verfügung. Das Geschäftsmodell basiert ebenfalls auf der Lizenzierung an andere Unternehmen, finanziert sich aber auch durch Werbeeinnahmen sowie Umsätze aus dem kostenpflichtigen Business-Service Net-files.

*Klaus Manhart ist freier Journalist in München