Product Lifecycle Management

Siemens verspricht PLM für den Mittelstand und flexibles CAD

11.06.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Mit der Velocity Series legt Siemens PLM Software, ein Geschäftsbereich von Siemens Industrie Automation, ein Softwarepaket auf, mit dem mittelständische Industriebetriebe ihre Konstruktion, Fertigungsplanung und das Produktdaten-Management verbessern könnten. Wichtigste Neuerung an der Software-Suite ist Solid Edge, die ein neues Kapitel in der digitalen Konstruktion aufschlagen soll.

Der Geschäftsbereich Siemens PLM Software stützt sich auf die Produkte des übernommenen PLM-Spezialisten UGS. Aus zahlreichen Einzelprodukten entwickelt Siemens unter dem Label "Velocity Series" eine Produkt-Suite. Waren es bisher vor allem Großkunden, die in PLM-Lösungen investiert haben, wenden sich Siemens wie auch die Mitbewerber Dassault und PTC nun vermehrt dem Mittelstand zu.

Produktdaten und Projekte im Griff

Zum Produktangebot speziell für den Mittelstand zählt Teamcenter Express, mit dem Unternehmen gemeinsam mit ihren Entwicklungspartnern Produktdaten verwalten können (Produktdaten-Management). In Version 4 erweiterte Siemens das Projekt- und Programm-Management, so dass Konstrukteure Projekte über eine in Teamcenter integrierte Umgebung kontrollieren und steuern können. Ein ebenfalls neuer Web-Client soll den Zugriff auf Produktdaten vereinfachen beziehungsweise beschleunigen. Ferner visualisiert die Software besser als bisher Konstruktions- und Fertigungsdaten ("Shop Floor Viewer"). Teamcenter Express wurde von dem für Großfirmen konzipierten Teamcenter abgeleitet.

Solid Edge für alle

Aus Sicht von Siemens weitaus bedeutsamer ist jedoch die Weiterentwicklung der Konstruktionslösung "Solid Edge". Die Synchronous Technology soll es dem Anwender erleichtern, Änderungen an 2D/3D-Entwürfen vorzunehmen. Oft wollen Unternehmen bestimmte Details eines Bauteils verändern, müssen hierzu jedoch einen hohen Aufwand betreiben. Regeln stellen sicher, dass bestimmte Konstruktionsvorgaben eingehalten.

Der Nutzer kann auf einer grafischen Oberfläche mit der Maus die Länge, Form und Anordnung von Gegenständen manipulieren. Im Hintergrund errechnet die Software, welche Parameter von den jeweiligen Schritten betroffen sind. Neu an dem Ansatz ist laut Angaben des PLM-Anbieters, dass auf diese Weise Änderungen auch ohne spezifisches Wissen über die Konstruktionshistorie möglich sind.

Anpassungen in kurzer Zeit

Anpassungen lassen sich so in der Regel deutlich schneller realisieren, behauptet der Softwareanbieter. Zudem fänden sich auch Nutzer ohne lange Softwareschulung und Einarbeitung in die jeweilige Konstruktion zurecht, die nur gelegentlich CAD-Werkzeuge benötigen. Des Weiteren berechne Solid Edge solche Änderungen deutlich schneller, da im Gegensatz zur Vorgängerversion die Konstruktionsdaten nicht mehr in einer hierarchischen Baumstruktur angeordnet sind. Außerdem mache der Synchronous-Technology-Ansatz die Konstruktion flexibler: Bisher hätten CAD-Bediener bei der Teilekonstruktion spätere Änderungen schon in der Design-Phase berücksichtigen müssen. Nun sei der Anwender dazu nicht mehr gezwungen.

Durch vereinfachte Änderungen an Konstruktionen können Firmen viel Geld sparen, da gerade solche Aufgaben oft einen hohen Aufwand und Zeit erfordern. Experten zufolge lassen sich wegen fehlender Flexibilität in den Datenmodellen bereits geleistete Konstruktionsarbeiten mitunter nicht oder nur schwer wiederverwenden. Zudem benötigen Firmen auch für kleinere Änderungen heute noch Fachleute wie Ingenieure, an denen es allerorten mangelt.

Firmenübergreifende Konstruktion

Vermehrt sollen daher auch Nicht-CAD-Experten Funktionen für die digitale Konstruktion nutzen können. Nicht zuletzt erreicht Siemens PLM Software so natürlich auch eine größere Anzahl an Endbenutzern und kann somit mehr Softwarelizenzen absetzen.

Das neue Solid Edge verfügt neben der neuen Synchronous Technology über ein an Office 2007 von Microsoft angelehntes Bedienkonzept. In der Ribbon-Leiste erscheinen beispielsweise vom Nutzer häufig verwendete Befehle.
Das neue Solid Edge verfügt neben der neuen Synchronous Technology über ein an Office 2007 von Microsoft angelehntes Bedienkonzept. In der Ribbon-Leiste erscheinen beispielsweise vom Nutzer häufig verwendete Befehle.

Hinzu kommt, dass durch die Verlagerung von Entwicklungs- und Produktionsarbeit an Partnerfirmen auch Konstruktionen von Zulieferern bearbeitet werden müssen. Die von Siemens entwickelten Methoden sollen sich auch auf Daten aus anderen CAD-Systemen anwenden lassen, und die Bearbeitung von Fremd-CAD-Zeichnungen erleichtern.

Erste Erfahrungen mit Synchronous Technology konnte das Unternehmen Brückner Maschinenbau sammeln. CAD-System-Manager Fritz Holzner zählt zu den Beta-Testern der Software und kennt die Solid-Edge-Produkte schon über viele Jahre. Seiner Erfahrung nach stellt Synchonous Technology tatsächlich einen komplett neuen Ansatz dar, an den sich der eingefleischte Konstrukteur zunächst gewöhnen muss. Auf mit Vorgängerversionen der CAD-Software gestaltete Zeichnungen konnte Holzner ohne Schwierigkeiten zugreifen. Der Maschinenbauingenieur, der auch als Dozent tätig ist, glaubt, dass die neue Software CAD-Neulingen einen wesentlich leichteren Einstieg bescheren könnte. Ob sich das Softwareprodukt jedoch wie von Siemens erhofft, auch für Gelegenheitsnutzer eignet, wird sich zeigen, wenn der Hersteller "Solid Edge with Synchronous Technology" - so der Name des neuen Produkts - im Laufe des Sommers auf den Markt bringt.

Was ist Synchronous Technology?

Mit Synchronous Technology hat Siemens PLM Software eigenen Angaben zufolge die Methoden der direkten Modellierung, die eine direkte Interaktion in dem Modell erlauben, mit der parametrischen Konstruktion. Einerseits lassen sich nach Überzeugung des Herstellers Änderungen leichter vornehmen, weil der Bediener hierzu direkt am grafischen Modell arbeitet. Andererseits werden mit der Technik quasi im Hintergrund die Konstruktionsparameter rasch geändert, ohne dafür das gesamten Modell neu berechnen zu müssen, was oft lange dauert. Ob und wie die Anwender den neuen Ansatz gutheißen, kann jedoch erst bewertet werden, wenn das neue Solid Edge beim Kunden läuft.