Sicherheitsbranche braucht Spezialisten

19.09.2007
Von Deindl Alexander 
Schwierigkeiten, die passenden Mitarbeiter zu finden, prognostizieren Marktbeobachter den im Markt für Security-Lösungen aktiven IT-Herstellern.

Experten sind rar", kommentieren Martin Krömer, Deutschland-Chef bei der Eschborner Radware GmbH, und Rolf Wassermann, Vertriebs- und Marketing-Chef bei der Visonys AG, die aktuelle Situation übereinstimmend: In der Branche für IT-Sicherheitslösungen trübt ein akuter Mangel an qualifizierten Arbeitskräften die Euphorie über den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Nachfrage steigt enorm. Bis 2010 soll die Zahl der Fachkräfte im Umfeld der IT-Sicherheitsanbieter von derzeit rund 1,4 Millionen Mitarbeiter auf zwei Millionen Beschäftigte anwachsen, so eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts IDC.

Dass sich das Klima in den letzten drei bis vier Jahren deutlich verändert hat, spürt etwa der seit knapp 25 Jahren auf den Datensicherheitsmarkt spezialisierte Hersteller Utimaco: "Wir stellen einen Wandel von einem Stellen- in einen Kandidatenmarkt fest", erklärt Anja Müller, Verantwortliche für Human Resources bei dem Sicherheitsspezialisten aus Oberursel bei Frankfurt am Main. Die Gründe für das Defizit an geeignetem Personal seien offensichtlich: Während früher viele mittelständische deutsche Kunden zu den Abnehmern der Datensicherheitslösungen von Utimaco zählten, brauche der Hersteller in Zeiten der globalisierten Wirtschaft und internationaler Aktivitäten Mitarbeiter, die auch den speziellen Herausforderungen im Umgang mit Großkunden gewachsen seien.

Internationale Ausbildung

Dazu gehörten zusätzlich zur technischen Kennerschaft, dem betriebswirtschaftlichen Know-how und der Erfahrung im Projekt-Management auch perfekte Englischkenntnisse sowie das Gespür für eine internationale Klientel. Müller: "Ein erfolgreiches IT-Unternehmen muss künftig in der Lage sein, ein Produkt zu entwickeln, das sowohl europäischen als auch US-amerikanischen und asiatischen Ansprüchen genügt." Denn während beispielsweise US-amerikanische Kunden Wert auf einfache Benutzeroberflächen legten, schätze ein deutscher IT-Administrator den großen Funktionsumfang und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Softwareprogramme. Die Komplexität der Systemumgebungen bei Kunden nehme nicht zuletzt auch aufgrund der hohen Innovationsgeschwindigkeit neuer IT-Technologien rapide zu. Um dem Mangel an Fachleuten entgegenzuwirken, habe der mittlerweile in zehn Ländern vertretene Hersteller bereits frühzeitig damit begonnen, Spezialisten im Rahmen eines Fachkarriereprogramms für die Bereiche Entwicklung, Qualitätssicherung, Pre-Sales und Support zu schulen. Für die benötigten internationalen Qualifikationen sorgt ein Austauschprogramm für die Mitarbeiter der weltweiten Utimaco-Niederlassungen.

Aus eher technischem Blickwinkel betrachtet der deutsche Antivirenspezialist Avira GmbH aus Tettnang am Bodensee die Personalprobleme der Branche. Schadsoftware wie Phishing- und Farming-Programme, aber auch klassische Viren würden nach den Worten von Rainer Witzgall, Executive Vice President, zunehmend von professionellen Programmierern entwickelt, die ihren Code für gezielte Attacken auf bestimmte Unternehmen anböten. Diese Entwicklung führe zu direkten Konsequenzen für das Bewerberprofil: "Unsere potenziellen Mitarbeiter müssen über wesentlich technischeres Know-how verfügen und mit den vielfältigen dubiosen Methoden in der Szene der Programmierer von Schadsoftware vertraut sein", so der Manager. Ebenso zählten umfassende Kenntnisse über plattformübergreifende Virtualisierungsprojekte sowie ein versierter Umgang mit dem Schnittstellen-Management für die Datensicherheit und Datenspeicherung zum benötigten Repertoire eines idealen Bewerbers. Typisch sei dabei vor allem in der IT-Branche, dass der Bewerberstrom heute hauptsächlich aus den Online-Jobbörsen komme, klassische Print-Anzeigen im IT-Umfeld indes kaum noch Beachtung fänden. Witzgalls knappes Fazit: "Viel Masse, wenig Klasse."

Steigende Gehälter befürchtet

Zustände, weshalb die Branche für die Zukunft mit verschärften Wettbewerbsbedingungen bei der Akquise neuer Mitarbeiter und fürstlichen Gehältern für das begehrte Personal - kalkuliert. Gunilla Pendt, Director Marketing & Communication bei der Hamburger TC Trustcenter GmbH etwa, erwartet, dass in den kommenden Jahren Personalabteilungen anderer Branchen wie etwa aus dem Finanz- und Versicherungssektor "unsere Kräfte abwerben, um sie dann intern für ihre Bereiche zu schulen". Mitarbeiter mit Berufserfahrung in der IT-Branche gälten nicht umsonst als "besonders belastbar und flexibel". Deshalb sei dringend auch die Politik gefordert, durch kürzere Studiengänge, mehr Praxisbezug in den Universitäten und eine spezifischere Ausrichtung auf neue Berufsbilder bessere Bedingungen zu schaffen. (hk)