Auf dem Prüfstand: Adori AG

Shop-Betreiber kommt nicht in die Gänge

20.10.2000
MÜNCHEN - Die von der Adori AG für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2000/01 vorgelegten Zahlen sind nicht gerade als Etappensieg zu werten. Erst ein Zehntel des geplanten Umsatzes wurde in den Monaten Juli bis September erzielt. Will der Regensburger Online-Shop-Betreiber seine Planzahlen einhalten, darf er sich keine weiteren Verluste mehr leisten. Von Andrea Goder*

Gewohnt optimistisch gab sich Stefan Kreidl auf der Bilanzpressekonferenz in München. Zwar habe das Unternehmen im Geschäftsjahr 1999/00 (Ende: 30. Juni) mit Einnahmen in Höhe von 7,1 Millionen Mark die Erwartungen knapp verfehlt. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres legte der Umsatz dann aber, wie der Firmengründer und Vorstandschef betonte, um 210 Prozent auf 3,1 Millionen Mark zu.

Wie bei anderen am Neuen Markt notierten Small-Cup-Unternehmen sind Zahlen wie diese erst einmal in die richtige Relation zu rücken. Im Fall Adori heißt das, dass der Quartalsumsatz im Vorjahreszeitraum gerade einmal bei einer Million Mark lag. Was Kreidl außerdem verschweigt: Die im laufenden Geschäftsjahr angepeilte Zielmarke von 32,1 Millionen Mark Umsatz liegt noch in weiter Ferne. Im ersten Quartal schrieb Adori zudem rote Zahlen in Höhe von 2,5 Millionen Mark, die sich bereits in der Nähe des für 2000/01 prognostizierten Verlustes von 3,3 Millionen Mark bewegen.

Adori ist nach Kreidls Worten der "einzige Dienstleister in Deutschland", der für Dritte das komplette Outsourcing von E-Commerce-Shops samt dazugehöriger Services wie Website-Konzeption, Billing, Logistik und Kundenbetreuung anbietet. Von den mittlerweile 45 Shops, die das Unternehmen von Regensburg aus steuert, gehört Focus Online zu den wichtigsten Kunden. Daneben betreibt Adori unter gleichem Namen einen eigenen Online-Shop, der vor allem Musik- und Medienprodukte im virtuellen Regal führt. Auch in diesem Bereich scheinen die Geschäfte der Regensburger Company nicht unbedingt zu brummen, denn die Zahl der Online-Käufer stagniert seit Monaten.

Ohnehin lässt die derzeitige Positionierung des bereits 1992 gegründeten bayerischen Unternehmens - Internet-Anbieter, E-Business-Dienstleister, Logistiker - eine klare Strategie vermissen. Angefangen von der Online-Shop-Konzeption bis hin zu logistischen Services muss es Adori jedenfalls mit einer Schar von Wettbewerbern aufnehmen.

Kreidl indes sieht sich mit dem Fullservice-Konzept auf dem richtigen Weg. Doch auch wenn der 30-jährige Vorstandschef beispielsweise mit dem Modethema Logistik jongliert - hier spielen die Regensburger allenfalls in der Regionalliga. Nur zehn der aktuell 72 Mitarbeiter sind derzeit mit Logistikaufgaben betraut.

Entgegen der Einschätzung der Betreuerbank Sal. Oppenheim will Kreidl zudem das margenträchtigere Dienstleistungsgeschäft in Zukunft deutlich steigern. Im letzten Geschäftsjahr steuerten Online-Shop-Services 1,8 Millionen Mark oder 25 Prozent zum Umsatz bei, der Löwenanteil entfiel mit 5,3 Millionen Mark auf Provisionen aus dem Online-Warenverkauf. Noch allerdings schreibt Adori Verluste und noch spiegeln sich die vermeintlichen Erfolge im Service-Geschäft nicht im Ergebnis wider. Auf die Bilanz drückte zuletzt die Entwicklung weiterer E-Business-Tools. Neu in der Produktpalette ist beispielsweise ein speziell für private Radiosender konzipiertes "Handy-Hit-Shopping"-Modul, mit dem Musiktitel direkt via Handy bestellt werden können.

Ob "witzige Module" wie diese allerdings das Zeug haben, die Kassen zum Klingen zu bringen, konnte auch Kreidl nicht klar beantworten. Wie bei Adori ohnehin einiges im Vagen zu liegen scheint. So rechnet der Vorstandschef erst ab dem Jahr 2001 mit dem großen Umsatzschub. Zusätzliche Shop-Kunden und damit Erlöse verspricht man sich vor allem aus einer vor kurzem geschlossenen Kooperation mit dem Shop-Software-Anbieter Internolix. Insgesamt über 60 Online-Partner will Adori bis zum Ende des Geschäftsjahres gewinnen.

Marktbeobachter bezweifeln indes, dass das Unternehmen, dessen Aktie seit dem Börsenstart im Mai über 50 Prozent ihres Wertes verlor, die prognostizierten 33 Millionen Mark Umsatz aus organischem Wachstum schaffen wird. Für das laufende Geschäftsjahr kündigte Kreidl jetzt Übernahmen im In- und Ausland an, vorwiegend in den Bereichen Logistik und Frontend. Seine Überlegungen gehen im Moment allerdings bereits weiter: "Wir sind offen für eine Fusion mit einem E-Commerce-Unternehmen", erklärte der Vorstandschef.

Dass im Moment jedoch Übernahmegespräche mit dem ebenfalls am Neuen Markt gelisteten Konkurrenten Internolix laufen würden, bestritt der Firmenchef. Fest steht dagegen, dass das Unternehmen durch die geplanten Akquisitionen noch tiefer in die Verlustzone rutschen wird, als bislang angenommen. In der bisherigen Ergebnisrechnung sind die Zukäufe jedenfalls noch nicht berücksichtigt.

*Andrea Goder ist freie Journalistin in München.