Gartner-Analysten bemängeln fehlende Kundenkenntnis bei Serviceanbietern

Sechs Milliarden Euro mit Outsourcing verschwendet

09.05.2003
LONDON (CW) - Unternehmen in Westeuropa haben laut Gartner im vergangenen Jahr rund sechs Milliarden Euro mit fehlgeschlagenen Outsourcing-Vorhaben in den Sand gesetzt. Ungenügende Kenntnisse über die Kundenbedürfnisse sowie mangelhaft ausgearbeitete Verträge seien die Hauptgründe für das Scheitern vieler Projekte.

Beim Outsourcing laufe längst nicht alles so rund, wie dies die steigenden Einahmen vielleicht glauben ließen, warnt Roger Cox, Vice President IT Management Strategy and Planning Research bei Gartner. So nehme die Zufriedenheit der Kunden mit den erbrachten Outsourcing-Leistungen stetig ab. Äußerten sich 2001 noch etwa 86 Prozent der Firmenverantwortlichen mit den Ergebnissen der IT-Auslagerung zufrieden, waren es im vergangenen Jahr nur noch rund 50 Prozent. Die Dienstleister wüssten zu wenig über die Bedürfnisse ihrer Kunden, bemängelt Cox. Außerdem würden Verträge oft schlecht ausgearbeitet und die Beziehungen zum Kunden während der Projektlaufzeit vernachlässigt. Die Deals seien meist überhastet abgeschlossen und nur auf kurzfristige Kosteneinsparungen ausgelegt, statt auf eine langfristige Verbesserung der Geschäftsstrategie. Resultat dieser Versäumnisse: Schäden in einer Gesamthöhe von sechs Milliarden Euro.

Den Schwarzen Peter schiebt der Gartner-Analyst den Serviceanbietern zu. "Das Management der Dienstleister lässt sich mit dem der Fertigungsindustrie um 1860 vergleichen", so sein Urteil. Es fehle an Training und Erfahrung, um lang dauernde Outsourcing-Projekte erfolgreich abzuschließen. So werde es noch eine Weile dauern, bis der notwendige Reifegrad erreicht sei. "Bis dahin ist es oft besser, nichts in Sachen Outsourcing zu unternehmen, anstatt etwas Falsches zu tun. Das kann teuer werden."

Gartner entwickelt sich allmählich zur Kassandra der Outsourcing-Branche. Die ständige Kritik hat jedoch allem Anschein nach auch Methode. Bereits Anfang April orakelten die Marktforscher, rund 50 Prozent aller Outsourcing-Projekte stünden vor dem Scheitern (siehe CW 14/03, Seite 7). Viele Dienstleister könnten aufgrund ungenügender Planung und mangelhafter Kommunikation nicht wie versprochen Kosten sparen und die Effizienz steigern, warnte Linda Cohen, Managing Vice President bei Gartner. Angesichts der Häufung dieser Vorwürfe drängt sich der Verdacht auf, dass die Gartner-Verantwortlichen vor allem ihre eigenen Consulting-Dienstleistungen an den Mann bringen möchten. Die Gartner-Berater werden sich künftig daran messen lassen müssen, wie erfolgreich sie selbst ihre Kunden bei Outsourcing-Projekten beraten. (ba)