Kommentar

Schlankheitskur in Netzwerken

28.07.2000

Es wird kräftig ausgemistet im Protokoll-Dschungel, sowohl im LAN als auch im WAN. Im LAN hat es den Token Ring und FDDI bereits erwischt, und auch für ATM sind die Tage als Backbone-Technologie gezählt.

An Ethernet, dem Liebling der Networker, haben sich alle die Zähne ausgebissen. Mit der Skalierbarkeit des Protokolls in ehemals ungeahnte Geschwindigkeitsbereiche setzt der Traditionsstandard in Gestalt der Variante 10-Gigabit-Ethernet nun sogar zum Sprung ins WAN an. Was bedeutet das genau? Ethernet wird in einem Bereich Fuß fassen, wo bisher Protokolle wie X.25, Frame Relay, ATM, Sonet, SDH, SMDS und wie sie alle heißen, den wirtschaftlich nicht sehr sinnvollen Betrieb mehrerer Overlay-Netze erforderten.

Noch ist das Licht zu schnell für IP

Damit könnte jedoch bald Schluss sein. Denn nicht nur mit Ethernet steht dann ein Ebene-2-Protokoll zur Verfügung, das LAN und WAN abdeckt, sondern mit Dense Wavelength Division Multiplexing (DWDM) auch ein optischer Übertragungsstandard, für den Gleiches auf Schicht 1 gilt. SDH als physikalisches Trägernetz mit opto-elektronischen Komponenten wird, so viel steht fest, in den nächsten Jahren durch DWDM und rein optische Vermittlungstechnik ersetzt.

Forciert wird diese Entwicklung noch durch das Internet Protocol (IP), das auf Ebene 3 über 10-Gigabit-Ethernet und DWDM schwebt. Der Konvergenzdruck, der von der Multiprotokolltechnik zu ziemlich durchgängigem IP-Einsatz führt, wird auch eine radikale Vereinfachung der WAN-Trägerprotokolle bewirken. IP über X.25, Frame Relay über SMDS und ATM über SDH könnten bald der Vergangenheit angehören und nur noch IP über Ethernet auf DWDM übrig bleiben.

Ganz kühne Optimisten träumen sogar davon, IP direkt auf DWDM aufzusetzen. Das wäre die Verschlankung des Protokoll-Stacks schlechthin. Bis es so weit ist, wird jedoch noch einiges Wasser den Rhein hinabfließen. Warum? Die IP-Paketerkennung dauert heute bis zu zehn Nanosekunden. In dieser Zeit ist das Licht aber bereits 200 Meter über das Ziel hinausgeschossen. Jetzt gilt also, das Licht einzuholen. Nichts leichter als das! pg