Satire/CW-Wert

05.01.1996

Das Internet ist famos. Ich kann surfen und chatten, kaufen und buchen, spekulieren und stoehnen, spielen und lernen - mein ganzes Leben haengt an einer grauen Maus. Vor allem eines lehrt mich das Netz der Netze: Geduld. Meinen Konfuzius habe ich weggeworfen, den Sten Nadolny hinterher. Neuerdings entdecke ich die Langsamkeit am Bildschirm. "UEbertragen 2447/3903 Byte (62%)", meldet der Rechner - sollte ich wirklich schon ueber dem Berg sein? Schade, ich war gerade dabei, meine Dreisatz-Kenntnisse aufzufrischen. Wenn mich 2447 Byte in viereinhalb Minuten erreichen, wann sind dann 3903 Byte uebertragen? Wenn ich um 22 Uhr 30 den Marktplatz im "Web.de" ansteuere, wann kann ich dann bei Beate Uhse einkaufen? Wenn ich um 24 Uhr damit beginne, mir ein anregendes Bild auf den Bildschirm zu laden, komme ich dann noch rechtzeitig zur Arbeit? Ich weiss, liebe Surf-Gemeinde, ich bin selbst schuld. "Sag bloss, du hast noch keinen ISDN-Anschluss", fragen mich entsetzte Cyber-Freaks. Oder: "Mit dem Spielzeug-Modem willst du doch wohl nicht ins Netz?" Und dann kommen noch diese Tips dazu: "Am besten gehst du online, wenn sich San Franzisko schlafen legt", oder "Meide das Rattenzuechterforum, der Server ist total ueberlastet. Das dauert Stunden..." Aber genau das ist es, liebe Freunde, was ich will. Der Weg ist das Ziel - nirgendwo hat diese Weisheit mehr Gueltigkeit als in den unendlichen Weiten des Internet.