Satellitenanbieter wollen den klassischen Carriern die Kunden abjagen Weltweites Corporate Network schluesselfertig aus einer Hand

10.03.1995

MUENCHEN - Mit dem "Virtual Integrated Sky Network" wollen die Dasa-Tochter Dornier und die amerikanische Orion Atlantic L.P. Anwendern eine Alternative zu terrestrischen Netzen bieten. Der Frame-Relay-basierte Satellitendienst bietet je nach Anforderung Transferraten zwischen 64 Kbit/s und 2 Mbit/s. Mit Richard Greco, General Manager bei Orion Atlantic, sprach CW-Redakteur Juergen Hill ueber Chancen und Probleme der Satellitenkommunikation.

CW: Haben Satelliten-Kommunikationsdienste nach der TK- Deregulierung in Europa noch Marktchancen?

Greco: Die Deregulierung in der Telekommunikation ist fuer die Satellitenkommunikation kein Nachteil - im Gegenteil: Bisher waren die Anwender gezwungen, mit den Monopolgesellschaften der einzelnen Laender zu verhandeln, in Zukunft koennen sie frei waehlen, wobei terrestrische Verbindungen nach wie vor ihre Grenzen haben. So sind besonders international operierende Unternehmen daran interessiert, sich nicht in jedem Land, in dem sie eine Niederlassung haben, mit einem anderen Anbieter auseinanderzusetzen. Hier bietet gerade die Satellitenkommunikation die Moeglichkeit, schluesselfertige Netzwerkloesungen aus einer Hand anzubieten.

CW: Wo sehen Sie typische Anwendungsszenarien fuer Satellitennetze?

Greco: Im professionellen Bereich bietet Satellitenkommunikation zahlreiche Kommunikationsmoeglichkeiten in einem Paket. Angefangen von der reinen Sprachuebertragung, also Telefondiensten, ueber Datentransfer bis hin zu interaktiven Anwendungen wie Videokonferenzen oder Business-TV, werden alle Anforderungen der Informationsgesellschaft abgedeckt. Zudem ist es ein sehr wirtschaftlicher Transportweg.

CW: Welches sind Ihrer Meinung nach die spezifischen Vorteile der Datenkommunikation via All?

Greco: Einen Vorzug sehe ich im grenzuebergreifenden Charakter der Satellitenkommunikation, mit der Sie andere, verwaltungsintensivere Wege der internationalen Kommunikation umgehen koennen. Hinzu kommt, dass die Kosten pro uebertragenes Bit niedriger sind als bei terrestrischen Diensten.

CW: Erkauft der Anwender diese Vorteile nicht mit einer stoerenden Zeitverzoegerung bei der Uebertragung?

Greco: Sicherlich, dieser "time lag", der bei 250 Millisekunden liegt, ist ein haeufig geaeusserter Kritikpunkt. Allerdings stellt man sich bei Telefongespraechen schnell darauf ein, so dass zahlreiche traditionelle Telecom-Anbieter Satelliten ebenfalls fuer ihr Telefonnetz nutzen. Zudem merkt der Benutzer den Unterschied meist nicht. Auf den Datenverkehr hat die Zeitverzoegerung dagegen ueberhaupt keinen Einfluss.

CW: Sie betonen die grenzuebergreifende Datendistribution via Satellit. Besteht wirklich Bedarf fuer eine globale Kommunikation?

Greco: Auf jeden Fall - die Welt ist ein grosses Dorf, in dem Information ein wichtiger Produktionsfaktor ist.

CW: Sicherlich, Orion ist aber nicht der einzige Anbieter von globalen Diensten. Welche Chancen geben Sie dem konkurrierenden Iridium-Projekt?

Greco: Lassen Sie mich hierzu nur soviel sagen: Es ist extrem teuer, Low earth orbit satellites (LEOs) zu installieren, weil man davon sehr viele benoetigt, um wie bei Iridium eine weltumspannende Ausleuchtung zu bekommen - das kostet richtig Geld. Es wird sehr interessant sein, zu sehen, ob die Kosten dieses sehr komplexen Projektes nicht irgendwann den Punkt erreichen, wo sie sogar fuer das eine Prozent an First-Class- Anwendern, auf die das Produkt abzielt, zu hoch sein werden.

CW: Und wie schaetzen Sie die Plaene von McCaw und Bill Gates ein?

Greco: Gates versteht sicher eine ganze Menge vom Softwaregeschaeft. Aber auch sein Projekt basiert auf vielen kleinen Satelliten, zehnmal so viele wie bei Iridium, insgesamt 770, glaube ich. Bis die alle am Himmel sind, wird er steinalt sein. Natuerlich sind derartige Satelliten billiger zu bauen, aber das gesamte Management, angefangen vom Launch ueber die Navigation und Wartung bis hin zum Ersatz veralteter oder defekter Satelliten, da kommen immense Kosten fuer den Betreiber zusammen.