Sapphire: SAP forciert Industrielösungen und Branchen-Communities

15.05.2007
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der CO-CEO von SAP Leo Apotheker hat die Leitlinien für die Strategie der kommenden Jahre vorgegeben. Apotheker will die Communities ausbauen, die Funktionspalette erweitern und das Branchenprofil des Konzerns schärfen. Vorrangiges Ziel dabei: 100.000 Kunden bis zum Jahr 2010.

Die Roadmap für die Enterprise-Service-oriented-Architecture (E-SOA), die SAP für fünf Jahren gestartet hatte, ist am Ziel. Dies versicherten auf der derzeit in Wien stattfindenden Kundenkonferenz Sapphire einhellig SAP-Chef Henning Kagermann und sein designierter Nachfolger Leo Apotheker. Zurücklehnen kann sich der Branchenprimus in Sachen Business Software allerdings nicht. Auch in den kommenden Jahren muss der deutsche Softwarekonzern weiter an seinem Werk feilen, um die Kunden von der neuen schönen Softwarewelt zu überzeugen.

CIO in der Rolle des Antreibers

"IT ist mittlerweile tief im Alltagsgeschäft der Unternehmen eingebettet", stellte Apotheker in seiner Keynote fest. Allerdings wüchsen damit auch die Anforderungen. Die Firmen müssten schneller auf Veränderungen im eigenen Marktumfeld reagieren können, die Geschäftsführung verlange, dass IT ihren Beitrag zum Wachstum leiste und der immer härter werdende Wettbewerb erfordere eine klarere Differenzierung der Firmen von der Konkurrenz. Im Zuge dieser neuen Anforderungen ändere sich auch der Rolle der CIOs, prognostizierte der SAP-Manager. Die IT-Verantwortlichen müssten sich mehr und mehr mit der Rolle des Antreibers für "Business-Transformation" anfreunden.

Für SAP stelle sich nun die Frage, wie man den Kunden in dieser Situation unter die Arme greifen könne, beschreibt Apotheker seine Hausaufgaben für die kommenden Jahre. Wie nicht anders zu erwarten, bringt der Konzern an dieser Stelle seine eigene Lösung rund um Netweaver, ERP 6.0 und den gesamten E-SOA-Stack ins Spiel.

Nach wie vor muss SAP die eine oder andere Lücke im Portfolio stopfen. Dabei stünden dem Hersteller drei Optionen offen: selbst entwickeln, zukaufen oder mit einem Partner kooperieren. Das SAP-Management bekräftigte auf der Sapphire, organisch wachsen zu wollen. Akquisitionen dienten dazu, die Produkt- und Lösungspalette abzurunden, und nicht um Kunden zu kaufen. Im Vorfeld der Sappire hatte das SAP-Management die Übernahme von OutlookSoft bekannt gegeben, auf der Kundenmesse selbst wurden die Akquisitionen von Maxware und Wicom gemeldet. "SAP wird weiter daran arbeiten, seinen Kunden ein komplettes Angebot zu offerieren", sagte der SAP-Vorstand.

Banken und Handel im Visier

Neben funktionalen Erweiterungen gilt es für SAP, seinen Industriefokus zu schärfen. Dabei stehen vor allem lukrative Branchen wie der Bankensektor und der Handel im Visier des Herstellers. In diesen Segmenten arbeiten viele Unternehmen mit veralteten Softwarelösungen. Experten zufolge stehen in den kommenden Jahren zahlreiche Ablöseprojekte an. Neben Partnerschaften wie die in Wien angekündigte Kooperation mit Sungard im Softwaregeschäft mit Finanzdienstleistern, bemühen sich die SAP-Verantwortlichen an dieser Stelle, verstärkt vom Know-how ihrer Kunden zu profitieren. Apotheker betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Communities für SAP. Im Rahmen von "Industry Value Networks" (IVNs) will der Konzern Kunden, Anwender und andere Softwarehersteller an einen Tisch bekommen, um Standards für einzelne Branchen zu entwickeln, die wiederum in die SAP-Produktentwicklung einfließen sollen.

Vorkonfigurierte Best Practices in E-SOA

Außerdem kündigte SAP an, sein Service-Portfolio ausbauen zu wollen. Im Rahmen der Business Process Platform (BPP) biete der Konzern mit dem "Enterprise Service Repository" (ESR) bereits eine breite Palette an vorkonfigurierten Best Practices. Darüber hinaus gebe es 26 spezifische "Industry Practices", die tiefer die Anforderungen einzelner Branchen berücksichtigten. Beide Bereiche sollen sukzessive erweitert werden, kündigte Apotheker an. Bedenken, dass Anwenderunternehmen nur zögerlich bereit sein würden, das Know-how über die eigenen Prozesse Preis zu geben, teilt der SAP-Manager nicht. Viele dieser Abläufe seien mittlerweile Allgemeingut. Die Unternehmen differenzierten sich im Wettbewerb vielmehr dadurch, wie sie diese Einzelprozesse umsetzten und kombinierten. Außerdem seien die Firmen frei, eigene Abläufe und Prozesse auf Basis der SAP-Plattform zu entwickeln und implementieren. Es bestehe kein Zwang diese mit anderen zu teilen.

Funktionale wie industriespezifische Erweiterungen will SAP seinen Kunden in den kommenden Jahren in Form von "Enhancement Packs" zur Verfügung stellen. Diese sollen sich problemlos mit dem ERP-Kern, der SAP zufolge auf absehbare Zeit stabil bleiben wird, verbinden lassen. Die Anwenderunternehmen könnten sich zudem nur die Erweiterungspakete herauspicken, die sie für ihr eigenes Geschäft benötigten. SAP will seine Kunden auf diesem Weg begleiten. Inwieweit sich dieses Freundschaftsangebot auch auf den Geldbeutel der SAP-Kunden bezieht, lässt sich allerdings noch nicht absehen. (ba)