Taktische Akquisition

SAP kauft sich Portaltechnik

06.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Die SAP AG kauft ihren langjährigen Technologielieferanten Toptier. Damit sichert sie sich Produkte, die auch viele Mitbewerber in Lizenz genommen haben.

Stolze 400 Millionen Dollar in bar, das Zwanzigfache des Umsatzes von Toptier, legt SAP für den Portal- und Middleware-Anbieter auf den Tisch. Obwohl Analysten die Kaufsumme als sehr hoch einschätzen, hat die Übernahme praktisch keine Konsequenzen für das Geschäftsergebnis der Walldorfer, die die Kosten langjährig abschreiben können. Die Übernahme bedarf allerdings noch der Zustimmung der Kartellbehörden.

Nach Ansicht von Rüdiger Spies, Director Consulting and Principal bei der Meta Group, ist die Übernahme vor allem taktischer Natur. Die elegante "Drag-and-Relate"-Technik von Toptier zur Verknüpfung von Datenquellen auf der Frontend-Seite sei mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil des "Mysap Workplace", also des Portals, von dem aus Mysap-Benutzer auf ihre Anwendungen zugreifen. Bereits seit 1999 arbeiten die beiden Unternehmen hierbei zusammen.

Toptier hat seine Portaltechnik aber auch an andere Unternehmen lizenziert, unter anderem SAP-Konkurrenten wie Baan und Siebel. SAPs Motive für die Übernahme sieht der Meta-Analyst unter anderem darin, diesen Firmen einen Schlag zu versetzen und sich selbst vollen Zugriff auf die Technik zu sichern.

Drag and Relate ist eine viel beachtete Technik zur Verbindung verschiedener Programme. Mit ihr lassen sich Anwendungen aus verschiedenen Bereichen, zum Beispiel ERP-Systeme, Customer-Relationship-Management und Data Warehouses, unter dem gemeinsamen Dach eines Portals verbinden. Daten lassen sich einfach austauschen, indem das Icon einer Anwendungskomponente auf eine andere "gezogen" wird. Anwender erhalten kontextsensitiv die Ansichten, die sie in einem konkreten Fall benötigen. Auch die Miniapps-Technik, eine Methode zur Einbindung kleiner Spezialanwendungen in den My-sap-Workplace, zum Beispiel einen Währungsrechner, geht auf Toptier zurück. Durch den Zukauf erhält SAP jetzt also exklusiven Zugang zu der Technik und den Entwicklern des Programms.