SAP-Gründer Plattner plädiert für neue ERP-Datenbanken

09.06.2009
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Durch spaltenorientierte Datenbanken im Hauptspeicher ließen sich Geschäftsanwendungen dramatisch beschleunigen.

Geht es nach dem SAP-Mitgründer und Chairman Hasso Plattner, dann liegt die Zukunft von ERP-Software in Hauptspeicher-Datenbanken mit spaltenorientierter Speicherung. Spaltenorientierte Verarbeitung bietet dem Softwareexperten zufolge gegenüber dem heute vorherrschenden satzorientierten Datenbankverfahren viele Vorteile und kann helfen, die Anwendungs-Performance hochzuschrauben, sagte Plattner auf der Konferenz "SAP World Tour 2009" in Mannheim. Für Transaktionen würden beispielsweise nur die Felder herangezogen, die für die Verarbeitung auch tatsächlich erforderlich sind. Heute umfasse der Datensatz in der SAP-Buchhaltung 319 Felder. Der Umfang sei nötig, da das Rechnungswesen zahlreiche Steuersysteme und Landesversionen abdeckt.

Viele Datenfelder bleiben ungenutzt

Für eine Transaktion würden zwar meist nur 20 von diesen Feldern gebraucht, gleichwohl müssten alle 319 in den Speicher geladen werden. Hinzu komme, dass der überwiegende Teil der Funktionen von ERP-Software mehrere gleichartige Datensätze verarbeite. Die Anzahl der im Speicher zu bewegenden Felder, die eigentlich nicht benötigt werden, nehme so rapide zu.

Durch ein spaltenorientiertes Speicherkonzept ließe sich nach Plattners Überzeugung die Menge an zu bewegenden Daten auf ein Zehntel reduzieren. Noch mehr könnte gespart werden, wenn die Software die Informationen komprimiert abspeichert. Auf diese Weise sinke der Speicherbedarf deutlich, so dass Unternehmen ihre kompletten Geschäftsinformationen in den Arbeitsspeicher laden könnten. "Festplatten braucht man dann nur noch zum Archivieren von Daten, zum Logging sowie zum Wiederanlauf von Applikationen." Darüber hinaus ließen sich zahlreiche Berechnungen in die Datenbank verlagern, die heute von der Geschäftslogik der Anwendungssoftware erledigt werden.

TREX arbeitet spaltenorientiert

SAP selbst macht bereits von spaltenorientierten Datenbankverfahren und In-Memory-Technik Gebrauch, und zwar innerhalb der Basistechnik TREX. Letztere nutzt der Konzern beispielsweise im hardwaregestützten "Business Warehouse Accelerator" (BWA) und in der Suchmaschine "Netweaver Enterprise Search". In einer Demonstration zeigte SAP, wie sich im BWA komplexe Auswertungen über 366 Millionen Datensätze quasi auf Knopfdruck vornehmen lassen.

Softwarespezialisten am Hasso Plattner Institut in Potsdam beschäftigen sich seit zwei Jahren intensiv mit entsprechenden Entwürfen. Der SAP-Chairman finanziert das Institut komplett, hält als Professor Vorlesungen und leitet das Fachgebiet Enterprise Platform and Integration Concepts.

Nach Ansicht des Softwaregurus könnte SAP die Geschäftsanwendungen auf die spaltenorientierte Verarbeitung umstellen, ohne Daten manipulieren oder Softwarefunktionen umschreiben zu müssen. Lediglich das Datenbankschema sei anzupassen. Plattner ließ durchblicken, dass Business ByDesign in Richtung dieser Datenbankverfahren weiterentwickelt werden soll.

Anwender zeigen sich interessiert

Auf Anfrage teilten SAP-Anwender mit, sie würden es begrüßen, wenn der Softwareanbieter seine Produkte in Richtung spaltenorientierte Datenbankverfahren weiterentwickeln würde. Jedoch glauben die IT-Leiter nicht so recht, dass dies ohne massive Eingriffe in die Geschäftslogik der heutigen SAP-Lösungen möglich sein werde. Zudem wären die Kunden wenig begeistert, wenn sie dafür neue Software kaufen müssten.

Auch aus strategischer Sicht wäre ein solcher Umbau der SAP-Applikationen nicht ganz einfach: Die heutigen von SAP unterstützten Datenbanksysteme bieten keine entsprechenden Features. Zudem könnte SAP seine Datenbankunabhängigkeit verlieren, wenn Programmfunktionen aus der Applikation in die Datenbankebene abwanderten. Heute bietet SAP wie die meisten ERP-Hersteller eine generische Datenbankanbindung, die es dem Anwender überlässt, welches Datenbanksystem er nutzen möchte. Mehrheitlich verwenden SAP-Kunden hier Produkte des Erzrivalen Oracle.