Portalstrategie scheint bei den Kunden anzukommen

SAP beglückt Analysten mit vorläufigen Quartalszahlen

14.01.2000
MÜNCHEN (CW) - Eine faustdicke Überraschung ist der Walldorfer SAP AG mit der "ersten Analyse ihrer vorläufigen Geschäftszahlen" für das vierte Quartal 1999 gelungen: Demnach zogen nicht nur Umsatz und Gewinn, sondern auch das Lizenzgeschäft deutlich an.

Mit ihrer neuen Produktlinie "Mysap.com" scheint SAP auf dem richtigen Weg zu sein. Die Softwareschmiede nahm in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres rund 1,56 Millionen Mark aus dem Verkauf neuer Softwarelizenzen ein - ein erklecklicher Anteil davon soll auf neue Produkte entfallen sein. Die Walldorfer steigerten ihre Lizenzeinkünfte um 40 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 1998.

Laut Hersteller kletterten die Einnahmen um rund 25 Prozent gegenüber dem letztjährigen Vergleichsquartal, als 2,49 Milliarden Mark erlöst wurden. Damit ist die vom SAP-Vorstand geplante Steigerung des Jahresumsatzes um 15 bis 20 Prozent, die von Analysten zuletzt nicht mehr für realistisch gehalten wurde, voraussichtlich doch erreicht worden.

Deutlich besseres Ergebnis vor Steuern

Auch das Vorsteuerergebnis hat sich laut SAP im vierten Quartal "deutlich erhöht". Es sei sogar etwa verdoppelt worden, wenn man Rückstellungen in Höhe von 235 Millionen Mark für das Mitarbeiterbonus-Programm "Star" nicht einrechne. Auf jeden Fall werde der Vorsteuerprofit klar über den 527 Millionen Mark liegen, die im letzten Quartal 1999 erwirtschaftet worden waren.

Analysten in zeigten sich vom "stärksten vierten Quartal der Unternehmensgeschichte" angetan. Viele von ihnen hatten - auch angesichts der schlechten Nachrichten vom Wettbewerber Baan (siehe Seite 1) - damit gerechnet, dass der Investitionsstau im Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware noch weit bis ins Jahr 2000 andauern würde. Das SAP-Ergebnis gilt nun als Beleg für eine Trendwende: Viele Banken empfahlen daher die Aktie kurzfristig zum Kauf und stuften das Kursziel für SAP höher.

Allerdings sind die Meinungen darüber geteilt, ob die Gesundung des Konzerns von Dauer ist. Beispielsweise hat das Unternehmen, das seine vorläufigen Zahlen am 24. Januar offiziell bekannt geben wird, bisher nicht veröffentlicht, in welcher Größenordnung die Produktpalette Mysap.com sowie die sogenannten New-Dimension-Produkte zum Lizenzumsatz beigetragen haben.

Kritischere Marktbeobachter fragen sich auch, warum SAP einen um 40 Prozent höheren Lizenzumsatz ausweist, aber nur einen um 25 Prozent gestiegenen Gesamtumsatz erwartet. Das Missverhältnis lässt darauf schließen, daß die Softwerker in anderen Geschäftsbereichen, beispielsweise im Trainings- und Beratungsgeschäft, nicht sonderlich erfolgreich waren.

Die wichtigste Frage, die inzwischen zu einer Spaltung unter den Marktanalysten geführt hat, betrifft jedoch den Anspruch der SAP, weiterhin Allround-Anbieter für sämtliche Unternehmenssoftware sein zu wollen. Es ist keinesfalls sicher, dass Konzerne, die sich einmal für R/3 entschieden haben, weiterhin die Integration ihrer Anwendungslandschaft priorisieren und auf neue Produkte warten, bis ihr Haus- und Hoflieferant so weit ist. Die Frage ist also, ob SAP mit seinen neuen Lösungen für Supply-Chain-Management (SCM), Customer-Relationship-Management oder E-Business langfristig gegen bereits etablierte Spezialisten wie I2 Technologies, Siebel oder Commerce One bestehen kann.