RZ-Sünden auf der Spur

08.06.2009
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Der Internet- und Collocation-Provider IPB GmbH geht mit wissenschaftlicher Unterstützung Stromfressern im Rechenzentrum an den Kragen.

Die Berliner IPB GmbH betreibt unter dem Label CarrierColocation ein insgesamt 1000 Quadratmeter großes Rechenzentrum in der Nähe des Potsdamer Platzes. Angesichts von zirka 500 Kilowatt reiner IT-Dauerlast - zuzüglich Strombedarf für die Kälteerzeugung – und steigender Tendenz sieht das Unternehmen erhebliche Einsparpotenziale, die es mit Hilfe eines laufenden Projektes nutzen will. Grundlage dafür war eine Studie der TU Berlin – Innovationszentrum Energie (IZE), die anhand von Simulationen die Energieeffizienz von Rechenzentren untersuchte. Dazu wurde unter anderem ein Modell der Gebäudehülle mit innenliegendem Rechenzentrum unter Berücksichtigung lokaler klimatischer Gegebenheiten geschaffen.

Häufiger Fehler: Thermische Abschottung

Bereits aus den ersten Ergebnissen resultierten gebäudetechnische Maßnahmen, mit denen IPB den Energieeinsatz verbesserte. Ein weit verbreiteter Fehler, so Geschäftsführer und Projektleiter Steffen David, sei es beispielsweise, das Rechenzentrum mit hohem Aufwand thermisch abzuschotten und die Wärme über Kälteanlagen hinauszubefördern. Geht man davon aus, dass die Durchschnittstemperatur hierzulande 60 Prozent des Jahres unter zehn Grad Celsius liegt, spreche alles dafür, die Außenhülle gegenüber der Umwelt thermisch durchlässig zu gestalten und so weit wie möglich eine freie Kühlung in den Kältekreislauf zu integrieren. Die Aluminium-Gebäudeaußenhülle von 1972 erwies sich dabei überraschenderweise als effizientes Mittel für die Wärmeabfuhr der im RZ erzeugten Abwärme. Einen weiteren in der Branche üblichen Fehler hätte auch die IPB GmbH ohne die wissenschaftlichen Modelle gemacht und aus Blick- und Brandschutzgründen Trockenbauwände hochgezogen. Die Wände sind nun weiterhin thermisch durchlässig, noch im Sommer 2009 sollen automatisch gesteuerte Außenjalousien vor Sonneneinstrahlung schützen.

Die Beschattung der Kaltwassererzeuger auf dem Dach bringt zwar aus wissenschaftlicher Sicht nur wenig. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass eine einfache Beschattung unter anderem den Druck im Kältemittelkreislauf reduzierte, so dass nicht nur Energie gespart, sondern auch die Lebensdauer der Kompressoren erhöht werde, erklärte IPB-Geschäftsführer David.

Transparente Verbrauchsanzeige

Zusammen mit dem seit 2007 bezogenen Ökostrom ist eine transparente Energieerfassung eines der wichtigsten Mittel zur CO2-Reduktion. Während in Privathaushalten bereits intelligente Stromzähler eingeführt werden, wissen viele Rechenzentrums-Kunden noch nicht Bescheid über den Verbrauch ihrer Server, so David. Dabei verbrauchen die mindestens zwei Kilowatt Dauerlast - das entspricht ungefähr zwei Föhnen, die kontinuierlich laufen.

Fast konstanter Energiebedarf

Erstaunlich sei in diesem Zusammenhang, dass selbst große RZ-Kunden mit Load-Balancern und hervorragend skalierbaren Server-Clustern zwischen zwei und sieben Uhr morgens annähernd denselben Energiebedarf hätten wie in Hochlastzeiten, berichtet David, obwohl der Datentransfer im Rechenzentrum in diesen Nachtstunden fast bei null liege. Der größte Teil der IT-Last werde durch Lüfterbetrieb, Netzteilverluste und den Festplattenbetrieb verursacht. Hier ließe sich durch automatisches beziehungsweise lastabhängiges Booten und Herunterfahren viel Energie einsparen. "Nachts müssen auch keine 50 Citrix-Instanzen nebeneinander laufen, drei reichen völlig aus", empfiehlt David.

Um die RZ-Kunden zu sensibilisieren, hat IPB/CarrierColocation in den letzten drei Jahren ein elektronisches, auf IP- und Internet-Technologien basierendes Monitoring-System eingeführt. Die Kunden haben über das Web einen transparenten Einblick in den Energieverbrauch ihrer IT im Rechenzentrum - bis hin zu jeder 16A-Sicherung eines Racks. Damit wurde die Grundlage für Anreize zur Senkung des Energieverbrauchs geschaffen. Eventuell ließen sich sogar im Rechenzentrum verschiedene Tarifmodelle anbieten, ebenso wie ein Smart Metering. (mb)

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