Rumänien auf dem Weg in die EU

22.01.2007
Unter schwierigen Bedingungen aber mit gutem Potenzial startet die Rumänien in den europäischen IT-Markt.
Der rumänische Markt für Software und IT-Dienstleistungen 2005 und 2010 nach Segmenten: Systeminfrastruktur-Software (SIS), Tools, Anwendungssoftware-Produkte (ASWP), Hardware-Wartung (HWM), Projektgeschäft und Outsourcing. (Quelle: PAC)
Der rumänische Markt für Software und IT-Dienstleistungen 2005 und 2010 nach Segmenten: Systeminfrastruktur-Software (SIS), Tools, Anwendungssoftware-Produkte (ASWP), Hardware-Wartung (HWM), Projektgeschäft und Outsourcing. (Quelle: PAC)

Verglichen mit anderen ost- und südosteuropäischen Ländern sind die IT-Ausgaben in Rumänien deutlich geringer. Die Marktforscher von PAC bescheinigen Ländern wie Ungarn und der Tschechischen Republik hinsichtlich ihrer ökonomischen Reife und der eingesetzten IT einen höheren Entwicklungsstand. Gründe, so PAC in einer aktuellen Analyse, seien der vergleichsweise späte Start der wirtschaftlichen Neustrukturierung, das bis vor einigen Jahren noch niedrige Niveau ausländischer Investitionen und schließlich die Entwicklungsschwierigkeiten, die die meisten rumänischen Unternehmen hatten (siehe auch "Osteuropa muss mehr Qualität bieten").

Als wichtiges Indiz für die Reife des IT-Marktes gilt die Durchdringung mit IT-Dienstleistungen. Diesbezüglich steht Rumänien noch klar am Anfang. Das Umsatzverhältnis von Software und IT-Dienstleistungen beträgt in Rümanien etwa eins zu eins. Zum Vergleich: In Ungarn und der Tschechischen Republik beläuft sich der Anteil der IT-Services auf rund 65 Prozent, im westeuropäischen Durchschnitt erreicht er sogar 75 Prozent.

Doch PAC sieht einige Aktivitäten, die den rumänischen IT-Markt vorantreiben werden: Einige davon stehen in direkter Verbindung mit dem EU-Beitritt, andere stellen ganz natürliche Entwicklungsstufen auf dem Weg zu einer Industrienation dar:

  • Es fließen EU-Gelder, die nationalen Institutionen und Unternehmen zugute kommen;

  • die Effizienz des öffentlichen Sektors steigt; EU-Vorschriften werden umgesetzt und eingehalten;

  • der Zufluss ausländischer Investitionen nimmt zu, etwa durch die Ansiedlung internationaler Unternehmen;

  • die letzten Privatisierungen sowie die Konsolidierung des Bankensektors wurden angestossen;

  • der privaten Konsum legt zu und die Einzel- und Großhandelsbranche sowie der Dienstleistungssektor entwickeln sich rasch;

  • die Nachfrage nach professionellen Dienstleistungen steigt stark an.

Die Entwicklung entfaltet Ihre Wirkung auch auf dem IT-Markt Rumäniens. Es steht zu erwarten, dass die Verbesserungen in konkreten Projekten münden, auch wenn nur ein Teil davon in den nächsten Jahren umgesetzt werden kann.

PAC rechnet daher vor allem mit einer anziehenden Nachfrage nach Geschäftsanwendungen und spezifischen Lösungen. Das sind insbesondere ERP- und CRM-Installationen sowie Branchenlösungen für Energieversorger, Banken und den Handel. Hinzu kommen universelle Datenbanken, Business Intelligence, kundenspezifische Software-Entwicklung im Rahmen von IT-Projekten der öffentlichen Hand und IT-Sicherheit.

Allerdings warnen die Marktforscher auch vor Einflüssen, die die Entwicklung des rumänischen Software- und IT-Dienstleistungsmarktes bremsen: Die begrenzten finanziellen Möglichkeiten sowie der Mangel an unternehmerischer Kultur, gerade wenn es um die Nachfrage nach und Nutzung von IT-Beratung oder IT-Dienstleistungen ganz generell geht, stellen die zwei größten Barrieren dar. Im Allgemeinen ziehen es Unternehmen vor, Produkte zu kaufen, statt Dienstleistungen zu ordern.

Die langsame Weiterentwicklung des IT-Marktes hat bis vor wenigen Jahren zudem die Ausbildung einer ausreichenden Anzahl guter IT-Fachkräfte verhindert. So mangelt es laut PAC beispielsweise an Beratern für die Anwendungsintegration. Trotzdem werden die Gehälter für IT-Experten schrittweise steigen, was sich nicht nur auf die Preise und Margen der Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt auswirken wird, sondern auch auf Nearshore-Leistungen.

Dennoch sieht PAC im Nearshore-Geschäft gute Möglichkeiten in Rumänien. Zu den Stärken zählen die Marktforscher etwa

  • die europäische Kultur;

  • die Nähe zu Westeuropa;

  • der (noch) wettbewerbsfähige IT-Fachkräfte-Markt;

  • die Flexibilität nationaler Unternehmen, wenn es darum geht, ausländischen Kunden mit Analysen und Spezifizierungen behilflich zu sein;

  • eine hinreichend gute Kommunikationsinfrastruktur in den wichtigsten Städten Rumäniens;

  • viele Spezialisten vor Ort für sehr hochwertige Services (Forschung und Softwareentwicklung);

  • eine ISO-Zertifizierung der meisten mittleren und großen rumänischen Softwareentwicklungsanbieter.

Der EU-Beitritt wird nach PAC-Einschätzung keinen Boom auslösen, doch die derzeitige Situation gibt Hoffnung auf stetiges Wachstum im IT-Markt Rumäniens. Die Voraussetzungen dafür, so die Marktforscher, sind an vielen Stellen geschaffen. (siehe auch Osteuropa: IT-Werkbank für Mittelständler) (jha)