Robotron Business Systems: Gang nach Canossa

03.12.1993

Die im Herbst 1992 gegruendete Robotron Business Systems GmbH (RBS), Leipzig - hervorgegangen aus dem ehemaligen Robotron- Anlagenbau mit etwa 3000 Beschaeftigten - hat es geschafft: Per April dieses Jahres - laut Treuhand - ist das Unternehmen privatisiert.

Dennoch dauerte die Rangelei um das saechsische Objekt bis in den Spaetsommer hinein. Diese Verzoegerung hat dem Leipziger Unternehmen einen Verlust von rund 2,5 Millionen Mark gebracht, klagt Geschaeftsfuehrer Thomas Wiedmann. Der Zusatz "unter Vorbehalt" im Privatisierungsvertrag von Ende Maerz habe die Kunden abgeschreckt. Weder Privatinvestoren noch oeffentliche Hand wollten dem "unsicheren", noch dazu ostdeutschen DV-Entwickler Auftraege geben.

Der ehemalige Leiter der Stuttgarter Geschaeftsstelle von Computer Associates (CA) hatte sich wohl alles etwas leichter vorgestellt. Als er im September 1992 auf Bitte des Liquidators der Robotron- Anlagenbau GmbH in das Unternehmen kam, fand er eine "ziemlich desolate Situation" vor.

Ein Heer von

Kaeufern und Beratern

Trotz allen Engagements war es den Mitarbeitern nicht gelungen, den Untergang ihrer Firma zu verhindern. Ein "Heer von Beratern und Kaeufern" umschwirrte die attraktive Immobilie im Zentrum der Stadt. Sie alle seien mit "haufenweise Konzepten" angetreten, erinnert sich der gebuertige Schwabe. Doch nicht ein Papier habe die Vermarktung von DV-Loesungen vorgesehen. Der Grund und Boden des Ost-DV-Riesen habe die meisten Bewerber mehr interessiert, urteilt der RBS-Chef. Dabei seien in dem Altunternehmen "sehr viel Substanz, Erfahrungen sowie gute und leistungswillige Mitarbeiter" vorhanden gewesen. Schliesslich haetten die ehemaligen Robotroner nicht nur Rechenzentren bauen koennen und komplett ausgestattet - sogar osteuropaweit. Auch DV-Systeme vom Mainframe bis zum PC seien aus dem Haus gekommen.

Wiedmann legte der Treuhandanstalt seine Rettungsvariante fuer den Leipziger DV-Anbieter auf den Tisch - "ohne Immobilie" und mit einem Personalbedarf von rund 180 Mitarbeitern. Kuenftig wollte man "Projektierung, Installation und Service von DV-Loesungen" dem Markt anbieten.

Von den ehemals 3000 Beschaeftigten des Anlagenbauers waren inzwischen - nach ueblichen Abgaengen in den Vorruhestand etc. - noch etwa 660 uebrig. Nach weiterer Ausgliederung und Uebernahme durch andere Firmen, standen auf der RBS-Liste noch 250 Arbeitskraefte zur Disposition. Diese Zahl war fuer die Treuhaendler Verhandlungsbasis - und wurde schliesslich das Ergebnis. Allerdings bekamen Wiedmann und Geschaeftspartner Dieter Groll die sehnsuechtig erwartete Zusage erst nach fuenf Monaten Wartezeit - nun "ohne Vorbehalt" - von der Berliner Verwaltungsmuehle unterschrieben.

Doch damit sei noch lange nicht eitel Sonnenschein in die Geschaefte gekommen, heisst es im Unternehmen.

Wenn auch der Auftragszugang im September auf 4,2 Millionen Mark angewachsen sei und die Robotroner fuer die Monate Juli bis September einen Umsatz von acht Millionen Mark verbuchen konnten - inzwischen hat das Unternehmen 17 Geschaeftsstellen in Ost und West-, brauche man doch noch "weitere Unterstuetzung". Zumal die Nachverhandlungen bei der Treuhandanstalt zu keinem positiven Ergebnis gefuehrt haetten. Laut Wiedmann kam unter anderem von dort das Versprechen, Tariferhoehungen der IG Metall, die das RBS- Konzept (basierend auf 15 Prozent, Ist-Zustand derzeit 26 Prozent) uebersteigen, finanziell auszugleichen.

Die Strategie des Berliner Kurators ist dem Robotron-Mann "voellig unverstaendlich": Bereits marode westdeutsche Firmen bekaemen Millionen Mark Zuschuesse, um im Osten "Unternehmen mit der Immobilie" aufkaufen zu koennen. Die neu gegruendeten ostdeutschen Betriebe duerften dafuer den Weg nach Canossa gehen und ihre "Ansprueche ueber Haerteklauseln erbetteln", entruestet sich der Wahl- Leipziger. Bleibe zu fragen, wer hier eigentlich wen saniere.

Hilfe erwartet das DV-Haus jetzt vom saechsischen Ministerpraesidenten Kurt Biedenkopf. In einem vierseitigen Brief bittet Wiedmann um die Moeglickeit einer Praesentation der Leistungen seines Unternehmens vor Ort. Schliesslich sei man mit einer "sauberen Konzeption ohne spekulative Absicht" angetreten und wolle gerade als ostdeutsches Unternehmen die Zukunft Sachsen mitbestimmen.