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Revolution im Hörsaal - Studieren mit Laptop und MP3-Spieler

16.02.2007
Studieren ist auch nicht mehr das, was es mal war: Junge Menschen, die über alten Büchern hängen, in verknickten Vorlesungsmitschriften blättern und mühsam in verstaubten Bibliotheken stöbern - dies ist ein Bild, das es nur noch in der Vorstellung der älteren Generation gibt.

Laptops, Handys, MP3-Spieler und das Internet sind dabei, das Lernen an Hochschulen zu revolutionieren. Inzwischen gibt es Vorlesungen, die sich nur noch online verfolgen lassen. Andere können sich die Studierenden als Podcast - einen im Internet erhältlichen Ton- oder Videobeitrag – auf MP3-Spielern speichern. Selbst Versuche finden virtuell statt. Und Texte oder Bücher sammeln Studierende in Datenbanken ihres Rechners.

"Die neuen Studierenden sind mit dem PC und der ganzen Technik aufgewachsen. Sie kennen es kaum noch anders - und wollen die Möglichkeiten überall nutzen", sagt Peter Henning, Informatik-Professor und Autor ("eLearning in Deutschland", uni-edition) aus Karlsruhe. Bei den Lehrenden sei dies aber oft noch nicht angekommen. "Jeder Professor weiß, dass die Studierenden sich Wissen im Netz beschaffen - aber kaum jemand integriert das in die Lehre."

Uwe Beck, wissenschaftlicher Leiter der Karlsruher Fachmesse Learntec, macht beim E-Learning in Deutschland eine Aufbruchstimmung aus. Der Bologna-Prozess für ein grenzüberschreitendes Studium in Europa habe vieles in Gang gesetzt. "Schrittmacher ist aber das Freizeitverhalten." Fast jeder Studierende habe einen MP3-Player. Neben Musik damit auch Wissen abzurufen, liege nahe. Hochschulen bieten mittlerweile ganze Vorlesungsreihen als Podcast an - der MP3- Spieler wird zum Hörsaal für unterwegs.

Nicht jeder Professor sei allerdings für Online-Vorlesungen geeignet, gibt Henning zu bedenken. Persönlichkeit und Stimme spielten auch bei Podcast-Mitschnitten eine große Rolle. Zudem gebe es Dinge, die sich auf diese Weise nur schwer vermitteln ließen. Taugliche Video- und Audio-Vorlesungen bedürften viel Nachbearbeitung. "Rohmaterial reicht nicht aus", erklärt Henning. Weiteres Problem: Der Stoff etwa in der Informatik ändere sich so rasant, dass Mitschnitte sehr schnell veraltet seien. Auch die Technik sei ab und an noch recht anfällig.

Die Dynamik des Lernens zeigt sich auch an der Virtuellen Hochschule Bayern (VHB), einem Projekt der Hochschulen des Freistaats. Angebot und Nutzung verdoppelten sich jährlich, berichtete Henning. Stark gefragt seien vor allem spezielle Kurse und weniger die "Brot-und-Butter-Angebote" der Universitäten. "Da braucht keine Hochschule Angst zu haben."

Ähnliche Projekte gibt es auch andernorts: Hamburger Hochschulen beispielsweise haben sich zur Internet-Plattform "podcampus.de" zusammengeschlossen. Auch die Universität Jena bietet Online-Vorlesungen an. Zusammen mit anderen Thüringer Hochschulen werden Vorlesungen etwa aus der Werkstoffwissenschaft so direkt an andere Standorte übertragen. Der Medizin beispielsweise sei das Lernen am Computer quasi auf den Leib geschneidert, sagt Uni-Sprecher Axel Burchardt. Animations-Programme ermöglichten sogar die Arbeit in virtuellen Arztpraxen.

Existenziell ist modernes E-Learning auch für spezielle Hochschulen wie die Fern-Universität Hagen. Diskussionen über die Akzeptanz der neuen Lernformen hält ihr Rektor Helmut Hoyer für überflüssig. Die "Gameboy-Generation" nutze Laptops und Computer beim Studieren automatisch als Lern-, Info- und Kommunikations-Agent. Die Hochschule sei quasi verpflichtet, ihr das zu ermöglichen. (dpa/tc)