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Regulierer zwingt Telekom zu Pauschaltarifen

16.11.2000
Die Deutsche Telekom muss ihren Konkurrenten im Bereich Online-Dienste künftig eine Großhandels-Flatrate berechnen. Wettbewerber müssen damit nicht mehr im Minutentakt an den Bonner Carrier zahlen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Deutsche Telekom muss konkurrierenden Online-Diensten ab dem 1. Februar 2001 einen monatlichen Pauschalpreis für die Nutzung ihrer Leitungen berechnen, damit diese ihren Kunden ebenfalls eine Flatrate bei überschaubarem Risiko anbieten können. Zu diesem Entschluss kam die dritte Beschlusskammer der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) am gestrigen Mittwochabend. Eine offizielle Stellungnahme wird heute erwartet.

Der Regulierer entsprach mit seiner Entscheidung einer Beschwerde der Mitbewerber. Diese, allen voran AOL Europe, hatten bemängelt, dass sie durch die bislang vom Bonner Carrier betriebene Gebührenabrechnung im Minutentakt keine für den Endverbraucher attraktive Internet-Flatrate anbieten konnten. Bislang kassiert der Ex-Monopolist von den Online-Diensten 1,5 Pfennig pro Minute. Zudem habe die Telekom-Tochter T-Online durch spezielle Mengenrabatte Wettbewerbsvorteile erhalten. Zeitungsberichten zufolge muss der Bonner TK-Riese ab dem 15. Dezember dieses Jahres allen Web-Zugangsdiensten die gleichen Internet-Gebühren in Rechnung stellen.

Die Telekom bezeichnete den Entschluss der RegTP als Fehlentscheidung. Unternehmenssprecher Ulrich Lissek erklärte, damit sei das finanzielle Risiko des Pauschalpreises allein auf die Telekom abgewälzt, während die Mitbewerber sich entspannt zurücklehnen könnten. Zudem handele es sich bei der Bestimmung um einen "Pyrrhussieg für die Verbraucher". Schließlich habe die Großhandels-Flatrate zur Folge, dass immer mehr Menschen im Internet surfen würden. Dadurch komme es zu einer übermäßigen Belastung der Telefonnetze. Um trotz des erhöhten Online-Aufkommens jedoch weiterhin die Sprachtelefonie gewährleisten zu können, müsse man Millionensummen in das schmalbandige Netz investieren. Dadurch würden die Mittel für den Ausbau des zukunftsträchtigeren Breitbandnetzes erheblich beschnitten. Das Ergebnis wäre eine technologische Sackgasse, so Lissek weiter.

Die Industrie indessen begrüßte die Entscheidung der Regulierungsbehörde. Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) sieht in der Flatrate eine "wichtige Weichenstellung für die Wachstumsbereiche Internet und E-Commerce", durch die Tausende von neuen Arbeitsplätzen entstehen könnten. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) ist der Überzeugung, die RegTP-Entscheidung werde der "E-Commerce-Entwicklung in Deutschland weiter Auftrieb geben". Private Nutzer könnten mit vielfältigen Zugangsangeboten und deutlich niedrigeren Online-Gebühren rechnen.

Welche Tarife die Telekom ihren Wettbewerbern abknöpfen wird und wie sich die Großhandels-Flatrate auf die Preise für den Endverbraucher auswirken, bleibt unklar. Die Regulierer haben dem TK-Konzern diesbezüglich keine Vorgaben gemacht. Bis zum 1. Februar 2001 soll der Bonner Carrier den Pauschalpreis festlegen. Mit einer überteuerten Gebühr ist kaum zu rechnen, da auch die Telekom-Tochter T-Online betroffen wäre.

T-Online berechnet seinen Endkunden bislang einen Pauschalpreis von rund 80 Mark für den zeitlich unbegrenzten Internet-Zugang. AOL fordert von dem Bonner Carrier eine Großhandels-Flatrate, die einen Verbraucherpreis von unter 50 Mark ermöglicht. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) verlangt einen Pauschaltarif von monatlich rund 40 Mark für den Endkunden. Zur Begründung hieß es, der Zugang zum Web dürfe nicht mehr kosten als der zum Fernsehen oder zur Tageszeitung.