Wie sucht man Eine EDV-Anlage aus?

Qual der Wahl

27.06.1975

ROM - "Uns fällt im Vertrieb auf, daß bei der Auswahl von EDV-Anlagen furchtbar in Krümeln - nämlich Bits - gewählt, Wesentliches aber oft übersehen wird" berichtet Heiner Baltabol, Leiter der Geschäftsstelle Wissenschaft und Technik bei Sperry Univac. Hauptproblem bei der Auswahl größerer EDV-Anlagen ist seiner Ansicht nach, daß das Entscheidungsgremium vielfach die Vorlagen der EDV-Fachleute nicht überprüfen kann und eine "Färbung" der Auswahlvorschläge nicht erkannt wird.

Als Hilfen für die technische Leistungsbeurteilung bei einem Computer nannte Baltabol: Vergleich der technischen Daten, Analytische Leistungsrechnung, Mix-Zahlen, Kernel (synthetische Testprogramme), Benchmark ("Derby" von Praxisprogrammen), Cosma (Computerselektion mit Matrizen), Scert (Simulafionsverfahren).

Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit können herangezogen werden: Preise, Einsparungen, neue Leistungsmöglichkeiten, qualitative Verbesserungen (zum Beispiel höhere Sicherheit). "Der Interessent investiert viel Arbeit beim Auswahlverfahren er sollte sich deswegen von Anfang an fragen, ob er vielleicht nicht bereits an eine bestimmte Marke gebunden ist" meinte Batabol. "Während bei Fortran und Algol beispielsweise die Kompatibilität auf Quellsprachen-Ebene gegeben ist, trifft das auf Cobol, vor allem im Datenbankenbereich viel weniger zu."

"Wenn wir einen Großrechner der Serie 1100 anbieten, kostet uns das mit Benchmarks zwischen 50 000 und 100 000 Mark" erläutert Baltabol. "Wir haben deswegen in einzelnen Fällen schon eine Berechnung angedroht." "Extremes Beispiel: Die Ausarbeitung eines Angebots für die "Teilautomation des Radars" bei der Bundesanstalt für Flugsicherung ist so kompliziert, daß mit dem Angebot bereits 20 bis 30 Prozent der Arbeit gemacht wäre. - Deswegen wird zur Zeit diskutiert, ob und wie hier die Angebote bezahlt werden könnten.

Dilettantische Texte

Kritik übte Baltabol an den "dilettantischen Texten" in viele Zusatzvereinbarungen zu den Standardabkommen: "Essentielle Dinge der DV werden von den Juristen übersehen. Auch die Besonderen Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand (BUB) schließen eine Grauzone nicht aus."

Während Universitäten oft mehrere Mannjahre in Benchmarks investieren, fehlen bei Wirtschaftsunternehmen sehr häufig präzise Angaben über Anwendungen und Mengengerüste. Die Vorteile und Nachteile konkurrierender Angebote sind dann nicht leicht zu erkennen.

"Bei einer EDV-Beschaffung bleibt immer ein Rest von Unsicherheit" meinte der Univac-Mann. "Man sollte deswegen nicht nur die Leistung einer bestimmten Konfiguration sondern auch die ganze Systemfamilie betrachten. Dabei zeigt sich, wie weit die Leistung den Bedürfnissen angepaßt werden kann. Wo die Umstellung Probleme erwarten läßt, sollte man mit einem kleinen System anfangen und es ausbauen, wenn die ersten Jobs einwandfrei laufen." -py