Low-cost-Bausteinsoftware soll Einsatzbereiche von Low-cost-Hardware ausweiten

PIC: Wachsen Sie mit uns - wir wachsen mit Ihnen

25.04.1980

SEVELEN (je) - Einer Gruppe von DV-Beratern ist es in den letzten anderthalb Jahren gelungen, ein modulares, standardisiertes Baukastensystem für den Bereich der kleineren Bürocomputersysteme zu entwickeln. Dies berichtet Harald Bernhard Hardiek, Geschäftsführer der PIC-Rechenzentrums GmbH in Sevelen (PIC = Programmodule für individuelle Computersoftware).

Hardiek kritisiert, Software-Standardisierung und Strukturierte Programmierung seien heute vielgebrauchte Wörter in der Großrechner- und mittleren Datentechnik. Dagegen kenne man diese Begriffe auf dem Level der Büro- und Personal-Computer so gut wie nicht, "obwohl gerade Systeme wie der Commodore-Computer CBM-3001-Serie sich aufgrund ihres für den kleinen Anwender interessanten Preis-/Leistungsverhältnisses dazu anbieten, hier eine vernünftige Standardisierung von anwenderbezogener Software vorzunehmen" - so Hardiek.

Die Vorteile eines solchen "Klein"-Computersystems liegen für ihn auf der Hand: Einfache Hardware, relativ einfache Bedienung auch für den Nicht-Fachmann, relativ leistungsfähige Betriebssysteme und ein bisher einmaliges Preis-/ Leistungsverhältnis.

Diese Vorteile dürfen nach Auffassung Hardieks nicht darüber hinwegtäuschen,

Modulare Billig-Software

daß auch oder sogar gerade für diese Systeme softwaremäßig ein erheblicher Entwicklungsaufwand zu erbringen ist, angefangen von dem notwendigen Einfühlungsvermögen in die Gesamtkonzeption des Systems und die spezifischen und teilweise nirgends dokumentierten. Besonderheiten der verschiedenen existierenden Betriebssysteme, bis hin zu der Schwierigkeit, Anwendungskomfort und Datensicherheit im Rahmen der begrenzten Kapazität zu verwirklichen.

Einer Gruppe von EDV-Beratern ist es nun gelungen, ein Baukastensystem für die betreffenden Rechner zu entwickeln. Dieses System wird von PIC schritt- und systemweise zunächst auf Commodore-Computern verwirklicht.

Unter Ausnutzung der von Hardware-, Betriebssystem- und Software-Seite möglichen "Raffinessen", erläutert Hardiek, existieren jetzt Standard-Programm-Moduln, die zum Teil bereits ohne Änderung der einzelnen Programme, nur durch Festlegung entsprechender Datenfelder, zu individueller Software zusammengekoppelt werden können.

PIC nennt hier besonders das Standard-Programm 01, das wahlweise als Adreßverwaltung, Lagerverwaltung oder Karteiführung eingesetzt werden und in jeder Fassung auch noch individuellen

Übervolle Auftragsbücher

Anwenderwünschen angepaßt werden kann - "natürlich nur in gewissen Grenzen"- und jetzt zu einem Preis von 490 Mark in der Grundfassung und 790 Mark in der Gesamtfassung angeboten wird.

Alle PIC-Programme setzen einen Hardware-Sicherungs-Chip voraus, der unabhängig von der Anzahl der eingesetzten Programme einmal pro Rechner benötigt wird und 190 Mark kostet.

Programm 01 ermöglicht die Verwaltung von jeweils 500 Datenfeldern auf einer Diskette, wobei durch Auswechseln der einzelnen Datendisketten der Gesamtzahl der verwalteten Datenfelder keine Grenzen gesetzt sind. In absehbarer Zukunft wird Programm 02 angeboten, das eine noch weitergehende individuelle Anpassung ermöglichen soll.

Gleiches gilt für das Standard-Programm 03, das in einer Spezialfassung bereits läuft. Dieses Programmpaket ist bei der Diskreta Handels- und Kredit GmbH, Iserlohn, eingesetzt und in der Lage, die Kundenstammdaten durch direkten Plattenzugriff mit Zugriffszeiten von rund einer Sekunde zu verwalten. Auf einer Diskette können dabei bis zu 500 Einzelkunden mit bis zu 15 Einzeldaten, wie Wohnort, Kredithöhe, etc. abgespeichert werden.

Dieses Programm soll jetzt erstmals bundesweit allen Kreditinstituten angeboten werden.

Aus dem Gesagten leitet PIC ab, daß "wir auch bei den verschiedenen Standardprogrammen untereinander um eine einheitliche Dateiverwaltung bemüht sind, so daß einzelne Programmpakete

Know-how vom großen Rechner-Bruder

mit den entsprechenden Übergangsmoduln ineinander übergreifen, also Fakturierungs- oder Lohndaten direkt von der zugehörigen Finanzbuchhaltung übernommen werden können".

Inzwischen läuft eine Reihe von Einzelprogrammen bei Kunden verschiedener Größenordnung, so etwa ein Lagerverwaltungsprogramm mit 2000 Artikeln auf einer Datenplatte und integrierter Bestellverarbeitung bei Siemens, oder eine Lohnbuchhaltung mit integrierter Stempelkartenerfassung und -auswertung bei der Hinzen Transformatorenfabrik in Bottrop-Kirchhellen, ebenso wie der erste Teil eines Finanzbuchhaltungsprogramms.

"Von der Marktentwicklung in diesem Bereich", sagt Hardiek, "sind wir genauso, 'überrollt' worden, wie viele andere auch; wir kommen kaum noch mit der Ausführung der vorliegenden Entwicklungsaufträge nach und haben die zugehörigen Handbücher erst zum Teil fertig. So wird erst Mitte April die erste PIC-Informationsmappe ebenso wie die ersten beiden Handbücher zum Versand kommen." Für die Informationsmappe verlangt PIC eine "Schutzgebühr" von 20 Mark; die 100 Mark, die ein einzelnes Handbuch kostet, werden bei Programmkauf angerechnet.

Ein Softwarepaket "Baulohn" wird voraussichtlich im August angeboten werden können; für die Schulung auf diesem Programmpaket ist ein Wochenendseminar geplant. Hardiek hebt hervor, bei allen Programmprodukten seien Konzepte aus der Groß-EDV berücksichtigt, etwa im Programm implementierte Sicherungsfunktionen, die es dem Anwender ermöglichen, Kopien zur Datensicherung von seinen Datenplatten zu erstellen. Großen Wert habe man auch auf interaktives Arbeiten am Bildschirm gelegt. "Einmalig", sagt der PIC-Geschäftsführer, "dürfte auch der modulare Charakter unseres Programmangebots sein:

Hardware-Devices en passant

So kann der Anwender mit zunächst einem bescheidenen Basisprogramm beginnen (ab 490 Mark) und nach und nach und nur nach seinem Bedarf weitere Ergänzungsmoduln (ab 150 Mark) hinzukaufen. Dazu sendet er seine Programmdiskette in das nächste PIC-Rechenzentrum und erhält sie (im Idealfall) nach drei Tagen mit dem an das vorhandene Programmpaket angekoppelten Ergänzungsmodul zurück."

Als Vorteil dieses Verfahrens nennt Hardiek das der Hardware angepaßte Preis-/ Leistungsverhältnis und die Tatsache, daß Programm-Moduln, deren Entwicklungskosten einmal erbracht sind, bei der aufbauenden Entwicklung weiterer Moduln kostenmäßig nicht mehr zu Buche schlagen. PIC-Motto sei: Wachsen Sie mit uns - wir wachsen mit Ihnen.

Als Wachstumsbeispiele angeführt werden die PIC-Rechenzentren in Bocholt, Bonn, Issum, Hagen, Köln, Sevelen und Stuttgart, die teils im Entstehen, teils schon in Betrieb sind.

Auch andere als nur softwaremäßige Probleme, rühmt Hardiek, wurden inzwischen nach den kommerziellen Anforderungen der Groß-EDV gelöst. Beispielhaft nennt er eine Notstromversorgung, die ebenfalls im Baukastensystem lieferbar ist: Von einer Kapazität für ein Commodore-System mit Rechner, Floppy, Drucker für eine halbe Stunde und zum Preis von 1500 Mark bis hin zu vier Systemen für zehn Stunden Notstrombetrieb was dann 4900 Mark kostet.

Die hauseigene Hardware-Entwicklungsabteilung gewährleistet nach Hardieks Ansicht, daß auch andere bei Kunden auftretende Hardware-Probleme, wie etwa Interface-Probleme, gelöst werden können. Das Baukastenprinzip will PIC auch auf andere Computer übernehmen. Im März wurde mit Programmimplementierungen auf einem TRS80 begonnen.

Informationen: PIC-Rechenzentrum GmbH, Parkstr. 30, 4174 Sevelen.