Konzentration auf den Kommunikationsbereich:\

Philips trennt sich von Felten & Guilleaume

13.06.1986

NÜRNBERG (ujf) - Eine Konzerntochter, die im vorigen Jahr 728 Millionen Mark umgesetzt hat gliedert die Philips-Tochter PKI AG aus dem Unternehmensverbund aus: Die Kölner Felten & Guilleaume Energietechnik GmbH, inzwischen umgewandelt in eine AG, soll im Herbst über die Börse verkauft werden. Die PKI will sich laut Vorstandschef Dr. Markus Rauh nun "voll auf den Markt der Computer- und Nachrichtentechnik konzentrieren".

Vier Jahre nach dem Zusammenschluß der Philips Data Systems mit den von der Philips-Muttergesellschaft erworbenen Unternehmen Tekade und Felten & Guilleaume (F & G) sowie deren Töchtern zur Philips Kommunikations-Industrie AG (PKI) rückt der Konzern nun zum Teil wieder von der Integrationspolitik ab. Die inzwischen sanierte F & G Energietechnik GmbH, deren bekanntester Geschäftsbereich die Kölner Kabelwerke sind, wurde zur Aktiengesellschaft, deren Kapital in Höhe von 50 Millionen Mark in vollem Umfang an der Börse plaziert werden soll.

Diesen Schritt beschloß der Vorstand, nachdem sich Philips mit der an einer Akquisition interessierten österreichischen Elin-Gruppe nicht über den Preis einig geworden war; 107,5 Millionen Mark waren den Nürnbergern zu wenig. Die Emission hingegen wird der bisherigen Mutterfirma um die 120 Millionen an Einnahmen bringen. Über die Reinvestition dieser Mittel will die PKI zur Zeit noch keine Angaben machen. .

Der Umsatz im PKI-Teilkonzern ohne F & G stieg im vorigen Geschäftsjahr, dessen Bilanz jetzt veröffentlicht wurde, um zwölf Prozent von 1,41 auf 1,58 Milliarden Mark. Davon entfielen 685 (594) Millionen Mark auf die Bürokommunikation und 893 (815) Millionen auf die Telekommunikation. Den um 15 respektive zehn Prozent gewachsenen Kommunikationssparten steht ein Umsatzrückgang um drei Prozent auf 728 (750) Millionen Mark bei der Tochter F & G Energietechnik gegenüber. Der Jahresüberschuß des Konzerns erhöhte sich leicht von 74 auf 85 Millionen Mark, der Gewinn pro Aktie von 34 auf 37 Mark. Für die Umsatzrendite heißt das: 5,4 nach 5,3 Prozent. Meinte Finanzvorstand Reiner von Geldern vor der Presse: "Bei uns wachsen trotz harter Arbeit die Bäume nicht in den Himmel."

Für die Nürnberger PKI-Tochter Tekade Vermittlungstechnik GmbH, an der die amerikanische AT&T mit 41 Prozent beteiligt ist, erwartet der AG-Vorstand weiterhin rote Zahlen. Nach Angaben von Finanzchef von Geldern wird das Defizit von 24 Millionen Mark 1985 in diesem Jahr voraussichtlich weiter steigen; trotzdem werde das Engagement in diesem "Joint-venture auf heutigem oder leicht erhöhtem Niveau weitergeführt". Den Verlust nehmen die Philips-Manager als Entwicklungsinvestitionen" in Kauf, obwohl bei Tekade mit der AT&T nur nationale "Nebenprodukte auf der Basis internationaler Produkte" entwickelt wurden.

In Zukunft will sich die PKI, die ein Drittel ihres Umsatzes mit der Bundespost macht, laut Vorstandschef Rauh "zum Systemintegrator und Dienstleistungsanbieter" weiterentwickeln. Mit ISDN habe man in der Bundesrepublik die "richtige Marschrichtung" eingeschlagen, was auch daran zu erkennen sei, daß es "international viele Nachahmer" gebe. Der Wert verlagere sich insbesondere im ISDN-Bereich "von der Hardware zur Software"; im gesamten PKI-Tätigkeitsbereich habe die größte Zahl der Ingenieure mittlerweile Aufgaben zu lösen, die sowohl mit Hard- als auch mit Software zu tun haben.

Daß Rauh den Softwareaspekt besonders betonte, führte in Nürnberg zu Spekulationen, daß auf dem Einkaufszettel der PKI als nächstes ein Softwarehaus stehe, müssen doch voraussichtlich 120 Millionen Mark noch 1986 angelegt werden. Da es keinen offenkundigen Anlaß gab, sich mit dem Verkauf der F & G zu beeilen, wird es als wahrscheinlich angesehen, daß die Bereinigung des Konzernspektrums vor dem Hintergrund eines konkreten Kaufwunsches zu sehen ist. Zuletzt hatte der PKI Anfang dieses Jahres die Münchner Bunker Ramo Electronic Data Systems GmbH gekauft, die vor allem im Bankgeschäft tätig ist.