Outsourcing: Spareffekt kontra Differenzierungspotential

05.07.1991

Rainer Liebich, Vorsitzender der Geschäftsführung der NCR Holding GmbH, Augsburg

Was liegt heute näher, als im Zeitalter der Globalisierung der Märkte und in ihrem politischen Zusammengehen von der (internationalen) Arbeitsteilung zu profitieren und die Reduzierung der eigenen Fertigungstiefe in Erwägung zu ziehen. Make or Buy, das ist hier die Frage.

Es gibt keinen Grund, die Datenverarbeitung aus diesem Gedankengang auszuklammern. Wer Produktion auslagern kann, Spezialfunktionen wie Werbung, Rechtsberatung oder Wartung bewußt von außen einkauft, verschont sich mit entsprechender Personal- und Kapitalbindung.

Auch bezogen auf die Datenverarbeitung gilt diese Folgerung. Wo sie in Art, Umfang und Stellenwert von untergeordneter Bedeutung für den Unternehmenserfolg ist, liegt eine Auslagerung nahe - und wird ja auch schon lange angeboten.

Bei einer schwerpunktmäßig operativen DV fällt sicherlich nicht sonderlich ins Gewicht, daß bei einer Auslagerung die Abhängigkeit von Dritten wächst. Es ist in solchen Fällen kein großes Problem, auf Fremde angewiesen zu sein und die Qualität ihrer Dienstleistung nur schwer kontrollieren zu können, weil kein eigenes Know-how vorgehalten wird.

Wer damit leben kann, vorn Outsourcing-Anbieter mit vielen seiner Runden über einen Kamm geschoren zu werden, weil ja nur durch die Angebots, Standardisierung auch ein Kostenvorteil durch diesen Anbieter realisierbar ist, braucht sich um kostengünstigere. Lösungen keine weiteren Gedanken zu machen. Im klaren muß sich ein Management natürlich auf alle Fälle darüber sein, daß mit jeder Auslagerung potentiell auch Gewinn verlorengeht. Generell sind Firmen sicherlich schlagkräftiger, wenn sie sich auf die wesentlichen Erfolgsfaktoren beschränken. Bei konsequentem Outsourcing allerdings dürfte es sehr schwer werden, Oberhaupt Profit zu machen, da wesentliche Profitpotentiale von Dritten "gemanaged" werden.

Nun wandelt sich bekanntlich die Datenverarbeitung zur formationsverarbeitung Aus der operationalen Dimenson dieser Dienstleistung wird eine strategische. Die DV-Abteilung entwickelt sich vom Programmierbetrieb zur lnformationszentrale

Informationsverarbeitung wird ein - wenn nicht das entscheidende - Mittel der Wettbewerbsdifferenzierung werden. Wer schneller und effizienter den Produktionsfaktor Information handhabt, erzielt Wettbewerbsvorteile. Differenzierung aber kann man nicht auslagern.

Weiter noch: Wenn die Regelwerke der Information mit den Regelwerken der Unternehmensphilosophie identisch sein sollen, bleibt die Erkenntnis für die Unternehmensleitung, daß ein fremder Anbieter schlechterdings nicht die eigene Philosophie entwickeln kann.

So gesehen muß von Unternehmen zu Unternehmen, von Dienstleistung zu Dienstleistung der Effekt einer Auslagerung abgewogen werden. Outsourcing darf nicht nur eine Reaktion auf einen Modetrend sein, sondern muß rechenbare Vorteile bringen. Dabei darf der kurzfristige Spareffekt nicht das mittel- und langfristige Differenzierungspotential vernichten.