Oracle und Peoplesoft pokern

15.10.2004
Peoplesoft sei verhandlungsbereit, sofern der Preis stimme, lockte kürzlich die Unternehmensführung. Doch Oracle-Chef Lawrence Ellison denkt eher daran, die derzeit gebotenen 21 Dollar je Aktie weiter zu drücken.

Von CW-Redakteur Martin Bayer

Wir diskutieren eher darüber, den Preis herabzusetzen, als ihn zu erhöhen", betonte Ellison in seiner Zeugenaussage am 8. Oktober vor einem Gericht im US-amerikanischen Wilmington, Delaware. Dort versucht der Datenbankspezialist derzeit, die Peoplesoft-Verantwortlichen per Gerichtsbeschluss dazu zu zwingen, ihre Abwehrmaßnahmen gegen die Übernahmeversuche einzustellen. So hat der Anbieter von Enterprise-Resource-Planning- (ERP-)Lösungen beispielsweise seinen Kunden Preiserstattungen zugesichert, sollten die Produkte nach einer Akquisition nicht weiter unterstützt und entwickelt werden. Den eigenen Angestellten versprach der Softwareanbieter hohe Abfindungen, sollte es zu Entlassungen kommen. Experten zufolge könnten diese Maßnahmen Oracle rund 2,2 Milliarden Dollar kosten. Außerdem hat das Peoplesoft-Management damit gedroht, zusätzliche Aktien auszugeben, um damit den Kaufpreis für Oracle in die Höhe zu treiben.

Trotz des laufenden Verfahrens scheint sich die festgefahrene Situation im nunmehr seit 16 Monaten andauernden Übernahmepoker allmählich zu lockern. So hatte die Peoplesoft-Führung nach dem Rausschmiss von CEO Craig Conway erstmals Verhandlungsbereitschaft über eine mögliche Akquisition signalisiert. Man könne darüber reden, wenn der "Preis stimmt und die Fusion schnell über die Bühne geht", bekundete vor kurzem Peoplesoft-Director Steven Goldby.

Ob die zurzeit gebotenen 21 Dollar je Peoplesoft-Aktie dazu jedoch ausreichen, ist fraglich. Bislang hatte die Führung des im US-amerikanischen Pleasanton beheimateten Softwareanbieters jedes Gebot von Oracle als unzureichend zurückgewiesen. Nachdem Oracle zu Beginn der Übernahmeschlacht im Juni vergangenen Jahres 16 Dollar pro Anteilschein geboten hatte, stieg der Preis in den darauf folgenden Monaten zunächst auf 19,50 Dollar, im Februar 2004 sogar bis auf 26 Dollar. Dies sei das letzte Angebot, versicherte Oracles Finanzchef Jeffrey Henley damals. Im Mai reduzierten die Oracle-Verantwortlichen den Vorschlag auf 21 Dollar je Papier, nachdem sich Peoplesofts Geschäftsergebnisse deutlich verschlechtert hatten und der Aktienkurs daraufhin abgesackt war.

Damit hätte der Deal ein Gesamtvolumen von rund 7,7 Milliarden Dollar. Angesichts des Peoplesoft-Kurses, der sich momentan deutlich über dem Niveau der Oracle-Offerte eingependelt hat, gehen Finanzanalysten allerdings davon aus, dass der Datenbankspezialist sein Angebot noch einmal nachbessern wird. Darauf hoffen offenbar auch die Peoplesoft-Aktionäre. Diese wollen von dem bisherigen Angebot kaum etwas wissen. So kann Oracle momentan nur die Zusagen für 11,7 Millionen Papiere verbuchen. Das entspricht knapp über drei Prozent des gesamten Aktienbestandes von Peoplesoft. Noch vor zwei Wochen waren rund doppelt so viele Anteilseigner gewillt, ihre Papiere zu verkaufen.

Trotz des erlahmenden Interesses der Peoplesoft-Aktionäre will Ellison an seiner Strategie festhalten. So hat Oracle die Frist zur Annahme seiner Offerte um weitere zwei Wochen verlängert. Ursprünglich war das Angebot bis zum 8. Oktober dieses Jahres terminiert. Nun bekommen die Peoplesoft-Aktionäre Zeit bis zum 22. Oktober.

Auch am Preis wollte Ellison zumindest bis Redaktionsschluss nicht rütteln. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Giftpillen, die das Peoplesoft-Management für den Fall einer Übernahme gedreht habe und die ein kaum zu kalkulierendes finanzielles Risiko für Oracle darstellten. Laut Berichten in US-Medien bezeichnete Ellison Peoplesoft deshalb als "beschädigte Ware". Rechtsexperten bezweifeln indes, dass es Oracle gelingen wird, Peoplesofts Verteidigungstaktik per Gerichtsbeschluss zu entkräften.

Rückendeckung könnte Oracle von den europäischen Kartellbehörden erhalten. Bis zum 9. November will die Europäische Kommission entscheiden, ob sie den Deal genehmigt. Während die Behörde des noch amtierenden EU-Kommissars Mario Monti das Geschäft bis vor wenigen Monaten kritisch beurteilte, rechnen Beobachter nun damit, dass sich die Kommission der Zustimmung ihrer US-Kollegen anschließt.

Ellison beteuerte in diesem Zusammenhang zum wiederholten Male die Ernsthaftigkeit seiner Übernahmeofferte. Peoplesoft sei äußerst wichtig für das künftige Oracle-Geschäft, versicherte er in seiner Zeugenaussage. Damit widersprach der Oracle-Chef Verdächtigungen, der Datenbankspezialist habe kein wirkliches Interesse an dem Deal. Ex-Peoplesoft-CEO Conway hatte dem Konkurrenten in seiner Aussage wenige Tage zuvor vorgeworfen, das Angebot nur lanciert zu haben, um die Geschäfte des ERP-Spezialisten zu stören.

Oracle habe bereits seit dem Jahr 2000 über eine Akquisition von Peoplesoft nachgedacht, behauptete Ellison. Allerdings sei es nun wichtig den Deal endlich abzuschließen, drängte der Oracle-Chef: "Kleine Unternehmen wie Peoplesoft können auf lange Sicht kaum allein überleben."

Der Übernahmeversuch ...

- Offiziell seit Juni 2003 will Oracle Peoplesoft feindlich übernehmen.

- Nachdem die Offerte zwischenzeitlich schon bei 26 Dollar je Aktie lag, beträgt das derzeitige Angebot 21 Dollar je Peoplesoft-Papier.

- Anfang Oktober feuerte der Aufsichtsrat von Peoplesoft CEO Craig Conway, angeblich weil er gegenüber Finanzanalysten die Auswirkungen des feindlichen Übernahmeversuchs heruntergespielt habe. Die Firmengeschicke leitet seither Gründer David Duffield.

- Peoplesoft demonstriert Stärke und argumentiert mit den vorläufigen Zahlen zum dritten Geschäftsquartal (Ende: 30. September), die höher als erwartet ausfielen.

- Oracle verweist auf seine finanziellen Risiken durch die anhaltenden Abwehrmaßnahmen Peoplesofts und will deshalb den Preis eher heruntersetzen.

gelingt, weil ...

- ... Peoplesoft mit Craig Conway den erbittertsten Widersacher der Fusion gefeuert hat;

- ... die Peoplesoft-Führung mittlerweile Bereitschaft signalisiert hat, mit Oracle zu verhandeln, sofern der Preis stimmt und die Fusion schnell durchgezogen wird;

- ... auch die EU-Kommission den Deal absegnen dürfte, nachdem die US-Kartellbehörden keine Einwände mehr haben;

- ...weitere Querelen die laufenden Geschäfte behindern würden.

gelingt nicht, weil ...

- ... Oracle bislang keine Anstalten macht, sein Angebot für Peoplesoft zu erhöhen;

- ... nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz der Peoplesoft-Aktionäre auf die Offerte eingehen will;

- ... die Peoplesoft-Führung trotz des laufenden Verfahrens an ihren Abwehrmaßnahmen festhält;

- ... nach wie vor keine Klarheit darüber herrscht, was Oracle mit den Produkten und Angestellten Peoplesofts vorhat.