Verzahnung der Daten in Management Informationssystemen (MIS) bringt Erfolg:

Ohne Produktionsdaten taugt MIS nur wenig

25.11.1983

Ende der 70er Jahre wurden erste ernsthafte Konzepte zur Überwindung der herkömmlichen Managementprobleme in der Fertigungsindustrie entwickelt. Diese Konzepte verfeinerten sich im Laufe der letzten Jahre. Die erzielte Steigerung von Produktivität und Rentabilität bildet nun eine ständig aktuelle Herausforderung für das Management, denn es wird immer schwieriger, hier Verbesserungen zu erreichen. Steigende Arbeits-, Material-, Fracht- und Verfahrenskosten lassen die Gewinne schrumpfen. Aber auch veraltete und schlecht ausgelastete Anlagen und Betriebsmittel senken in der Regel die Produktivität.

Steigende Zinsen und knappes Geld machen es notwendig, die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen. Das labile Gleichgewicht zwischen termingerechter Bedarfsdeckung und minimalem Lagerbestand kann nur aufrecht erhalten werden, wenn ein geeignetes Informationssystem zur Verfügung steht.

Alle entscheidungsrelevanten Daten des Unternehmens müssen jederzeit abrufbar sein. Die Entscheidungen sind in ihren Auswirkungen bezüglich eines angestrebten Zieles regelmäßig zu überprüfen und wenn es sein muß zu revidieren. (Motto: Was schert mich mein dummes Gerede von gestern!) Hierzu bedarf es eines integrierten Datenverarbeitungssystems, das in der Lage ist, alle relevanten Unternehmensvorgänge abzubilden.

Ein Fertigungssteuerungssystem muß in der Lage sein, jedes Funktionselement des Produktionsprozesses in einem Softwarefunktionsmodul nachzuvollziehen. Die notwendigen Rückmeldungen von ausführenden Funktionsmoduln werden dabei einbezogen. Die gesamte Planung und Steuerung läuft immer auf einer gültigen, relevanten und aktuellen Ebene ab. Es muß ferner sichergestellt sein, daß Planungsdaten in das System einzugeben und Prognosedaten aus dem System abzurufen sind.

Eine benutzerfreundliche Produktionsdatenverwaltung für die Erstellung, Verarbeitung und Verwaltung der Konstruktions- und Fertigungsstammdaten ist als Basisfunktion erforderlich. Hierzu müssen sowohl diverse Stücklistenarten verwaltbar sein als auch die Steuerung und Überwachung von technischen Produktänderungen möglich sein.

Außerdem wird eine flexible Arbeitsplandatenverwaltung und eine dazu passende Arbeitsplatzdatenverwaltung benötigt.

Eine Auftrags- und Lagerbestandsverwaltung sollte für die Steuerung und Kontrolle der verschiedenen Lagerbestände und der Fertigungs-, Bestell- und Kundenaufträge sorgen. Die genaue Information über die Verfügbarkeit der Materialien auf allen Bestandsebenen ist unerläßlich. Ferner wird eine vollständige Bestellrechnung mit einer flexiblen Lagerplatzverwaltung und einer entsprechenden Auftragssteuerung benötigt.

Verfügbare Ressourcen schnell transparent

Moderne Fertigungsauftragsplanung berücksichtigt aktuelle Date aus dem Vertrieb und Planungsdate aus der Fertigung. Damit werden die Voraussetzungen für die Steuerung des Fertigungsplanes im Sinne der Unternehmensziele geschaffen. Hierbei muß die Möglichkeit bestehen, die Wirkung von Planänderungen auf die verfügbaren Ressourcen schnell transparent zu machen. Unabhängiger Bedarf (Quasi-Primärbedarf) soll auf allen Dispositionsstufen eingebbar sein (Ersatzteilbedarf).

Eine geeignete Materialbedarfsplanung erstellt einen termingerechten Materialbedarfsplan auf der Basis der Fertigungsauftragsdaten in Verbindung mit den Fertigungsstücklisten und den Materialverfügbarkeitsdaten. Hierbei muß der jeweils gültige technische Änderungsstand Berücksichtigung finden.

Die bisher genannten Funktionen lassen sich unter dem Oberbegriff Materialwirtschaft zusammenfassen. Es wird also die termingerechte Bereitstellung der benötigten Teile Sichergestellt ohne Berücksichtigung der kapazitiven Interdependenzen.

Die Zeitwirtschaft geht von einer gesicherten Materialbereitstellung zum richtigen Termin aus. Sie plant einerseits die Auslastung der verfügbaren Kapazitäten im voraus, steuert und überwacht anschließend den tatsächlichen Kapazitätsverbrauch bei der Produktion.

Die Kapazitätsbedarfsplanung ermittelt die Gesamtbelastung je Arbeitsplatz. Der Kapazitätsauslastungsgrad je Arbeitsplatz wird transparent gemacht. Der Planungshorizont muß veränderbar sein.

Rückmeldung der Probleme

Im Rahmen der Betriebssteuerung werden die Arbeitsgänge und Arbeitsabschnitte der einzelnen Fertigungs- und Betriebsaufträge gesteuert. Tätigkeiten und Probleme der einzelnen Arbeitsplätze sind rückzumelden.

Je Schicht können Dispositionsdaten abgerufen und erforderliche Arbeitspapiere bei Bedarf erzeugt werden. Durch die ständige Kontrolle aller Arbeitsgänge ist jederzeit eine Information über den Auftragsstatus möglich.

Abwicklungstechnische Besonderheiten wie Überlappung, Splittung und Grouping müssen durchführbar und überwachbar sein. Eine Input-/ Output-Steuerung der einzelnen Arbeitsplätze verschafft aktuelle Zwischeninformationen. Die Erfassung aller kostenrelevanten Daten muß gewährleistet bleiben.

Zum Bereich der Fertigungsauftragsplanung und -steuerung gehört auch das Bereitstellen und Verarbeiten aller Daten, die man zur Vorbereitung eines effizienten Materialeinkaufs und zur Kontrolle des Wareneingangs benötigt. Hier müssen Funktionen wie Lieferanalyse, Angebotseinholung, Bestellobligo-Überwachung und die Steuerung der Wareneingangskontrolle sichergestellt werden.

Buchhaltung integrieren

Ferner ist die Möglichkeit einer flexiblen Vor- und Nachkalkulation auf allen Produktionsebenen erforderlich. So muß unter anderem das Ermitteln von Verrechnungssätzen Unterstützung finden.

Die Betriebsbuchhaltung sollte als ein wirkungsvolles Werkzeug für die Kostenüberwachung des gesamten Betriebes in ein Fertigungssteuerungssystem integriert sein. Sie unterstützt die Zusammenstellung der Ist-Kosten und die Analyse von Kostenabweichungen. Die Betriebsbuchhaltung ist eine zentrale Schnittstelle zwischen Finanzwirtschaft und Fertigung.

Als Ergänzung zu den bisher beschriebenen Funktionen ist noch die Analyse der Trendentwicklung auf dem Bedarfssektor wünschenswert Besonders die repetitive Fertigung zieht aus einer solchen Möglichkeit signifikanten Nutzen. Aber auch für die übrigen Fertigungsunternehmen ist das rechtzeitige Erkennen von Trendänderungen auf den verschiedenen Märkten überlebenswichtig.

Empirische Untersuchungen über die Ursachen, die zu Unternehmenskrisen führen können, haben folgende Gründe offengelegt.

- Fehler in der strategischen Planung (zum Beispiel veraltete Produktionsmittel, Überkapazitäten)

- Fehler in der taktischen Planung (fehlerhafte Mearkteinschätzung, falsche Diversifikation)

- Fehler in der operativen Planung (unzulängliche Personalführung, mangelhafte Planung).

Hier handelt es sich also ausschließlich um Schwachstellen innerhalb des Betriebes. Außerbetriebliche Einflußgrößen sind für diese Fehler nicht verantwortlich.

Schlechte Info bringt Probleme

Forschen die Verantwortlichen nun nach den Quellen dieser innerbetrieblichen Fehlentscheidungen, so müssen sie häufig eine mangelhafte Informationsbeschaffung und Informationsauswertung konstatieren.

Beim Aufbau eines Managementinformationssystems ist zu berücksichtigen, daß drei unterschiedliche Managementebenen Informationen benötigen:

Das Top-Management, das die Unternehmenspolitik bestimmt und somit in der Regel langfristige Ziele vorgibt, braucht vorrangig die strategisch relevanten Daten.

Das mittlere Management, das in der Regel eine Quantifizierung der langfristigen Ziele und der dafür einzusetzenden Mittel vornimmt und darüber hinaus qualitative Handlungsparameter formuliert, muß mit taktisch-dispositiv relevanten Daten versorgt werden.

Das operative Management ist für die Aufstellung quantifizierter, qualifizierter und terminierter Pläne zuständig. Dazu sind alle operativ relevanten Daten erforderlich.

Diese Dreiteilung der Managementebenen ist natürlich eine grobe Vereinfachung, die in dieser Form nicht für alle Unternehmen durchzuhalten ist. In der Praxis wird man in kleineren und mittleren Betrieben lediglich eine Managementebene finden, die jedoch funktional alle drei Ebenen abzudecken hat.

In Großunternehmen dagegen gibt es eine stärkere Gliederung, wobei häufig das mittlere und das untere Management in weitere Entscheidungsebenen unterteilt wird. Auch hier sind die gleichen Funktionen abzudecken. Es kommen jedoch durch längere und häufigere Kommunikationswege einige organisatorische Probleme hinzu.

MIS-Aufbau von unten beginnen

Aus dieser Beschreibung ist ersichtlich, daß der Aufbau eines geeigneten Managementinformationssystems nur von unten nach oben er

folgen kann. Ohne exakte Verarbeitung der operationalen Daten ist eine

Ermittlung der taktischen Daten nicht möglich, und ohne eine Verarbeitung der operationalen sowie taktischen Daten kann eine Bereitsstellung der strategischen Daten nicht erfolgen.

Wegen der Anforderungen, die hinsichtlich der Aktualität an die Daten eines Managementinformationssystems zu stellen sind, ist es zwingend erforderlich, daß alle managementrelevanten Daten relatime erfaßt werden.

Ein Managementinformationssystem muß in der Lage sein, aktuelle entscheidungsrelevante Daten in einer aussagefähigen Form für die jeweilige Entscheidungssituation bereitzustellen. Ferner müssen die Auswirkungen dieser Entscheidungen transparent gemacht werden. Auch muß ein Managementinformationssystem Signale zur Initiierung weiterer Entscheidungen beziehungsweise für die Revision von Entscheidungen setzen können.

Grundsätzlich korrespondiert das Fertigungssteuerungssystem mit allen wesentlichen Bereichen des Unternehmens. Untersucht man der Datenaustausch hinsichtlich seiner Managementrelevanz, so ist festzustellen, daß sich unter diesem Aspekt eine zentrale Bedeutung der Schnittstelle zum Rechnungswesen herausstellt.

Zentrale Schnittstelle zum Rechnungswesen

Die Informationen, die aus der Fertigung für das MIS bereitgestellt werden, kulminieren in der Kostenrechnung. In Fertigungsunternehmen bilden die Herstellkosten meist den größten Block. Ihre Überwachung ist daher für das Unternehmen zwingend notwendig.

Viele Plandaten aus dem Managementbereich sind wichtige Grenz- und Richtlinien für die Steuerung und Kontrolle der Fertigungswirtschaft. Daher müssen Möglichkeiten vorhanden sein, sie in das Fertigungsplanungs- und -steuerungssystem zu übernehmen.

Ohne ein in die Informationsstruktur des Unternehmens eingebettetes Fertigungsplanungs- und -steuerungssystem ist ein produzierendes Unternehmen vom Management nicht steuerbar. Wohl und Wehe des Unternehmens hängen von Einflußgrößen ab, die weder vom Management kontrolliert noch modifiziert werden können, weil sie nicht in einen geordneten Informations- und Planungsprozeß eingebunden sind.

* Norbert Beautemps ist Prokurist und Abteilungsleiter bei der rhv softwaretechnik GmbH, Düsseldorf.