Kosten der DV/Leistungsverrechnung bringt Projektabwicklung auf Vordermann

Ohne Kostentransparenz keine wirtschaftliche IT

28.09.2001
Ein schneller ROI (Return on Investment) der IT-Investitionen wird von den Anbietern häufig gleich mit vermarktet. Doch die Versprechen sind, entrückt vom Status quo der Organisation und der IT sowie fernab der Unternehmensziele, kaum mehr als eine Milchmädchen-Rechnung. Von Kerstin Herhaus und Peter Woell*

Viele Unternehmen tappen hinsichtlich der Rentabilität ihrer IT-Investitionen im Dunkeln. Denn nur selten werden die mit dem IT-Projekt und dem Betrieb des Geschäftssystems einhergehenden Kosten hinreichend ermittelt und verrechnet oder den Kostenverursachern gezielt zugewiesen.

Die Unternehmen sind die Leidtragenden, nicht nur, weil sie damit die Anbieter förmlich zu überzogenen Wirtschaftlichkeitsaussagen einladen. Die mangelnde Transparenz schlägt voll auf die Projektierung und den anschließenden IT-Betrieb durch: Die Geschäfts- und Projektziele werden nicht hinreichend konkretisiert. Dadurch laufen viele IT-Investitionen am realen Bedarf vorbei, und die Projekte ziehen sich weit über den geplanten Zeit- und Budgethorizont hinaus, ohne die gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Das wiederum geht dann zu Lasten der Effizienz und des Betriebs des Geschäftssystems sowie des anvisierten ROI, ohne dass sich die Entscheider der eigentlichen Kostengrößen und -treiber bewusst werden können.

Strategische Vorarbeit leisten

Durchbrechen kann man diesen Teufelskreis durch eine professionelle IT-Leistungsverrechnung, die vom Projektstart an greift. Um ihr den Weg zu bahnen, sollten die Verantwortlichen zunächst einmal folgenden Fragen auf den Grund gehen:

- Wer und was sind die Kostentreiber innerhalb der Informationstechnik?

- Wie müssen IT-Services ablaufen, damit sie künftig effizienter und kostensparender als bisher abgewickelt werden können?

- Welche Leistungen erbringen die Informatikabteilungen mit welchem Aufwand?

- In welchem Verhältnis stehen bei den einzelnen IT-Produkten und -Leistungen Kosten und Wertbeitrag?

- Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um das Benutzerverhalten zu steuern oder zumindest zu beeinflussen?

Grundvoraussetzung für eine IT-Leistungsverrechnung ist, dass sich das Unternehmen als IT-Service-Provider versteht, dessen Leistungen von den Abteilungen und Mitarbeitern je nach Art und Umfang honoriert werden.

In vier Schritten vorgehenIn dieser Form vorbereitet, hat sich in der Praxis für die Etablierung einer professionellen IT-Leistungsverrechnung eine Vorgehensweise in vier Schritten bewährt. Die einzelnen Etappen sind:

- Leistungsanalyse durchführen,

- Kosten analysieren,

- Verrechnungsmodell etablieren,

- Schnittstellen zur Übernahme abrechnungsrelevanter Daten schaffen.

Im Rahmen der Leistungsanalyse heißt das:

- alle IT-Services (Geschäftsprozesse) genauer unter die Lupe zu nehmen,

- sie im Einzelnen je nach Wichtigkeit für den Geschäftsablauf zu priorisieren,

- den konkreten Bedarf der Benutzer, Benutzergruppen und/oder Abteilungen an den einzelnen IT-Services zu ermitteln,

- entsprechend der Priorität und dem Umfang des Benutzerkreises Service-Levels für die einzelnen IT-Services zu definieren,

- ein Servicemodell zu etablieren, das für die Kostenzuweisung direkt verrechenbare ebenso wie nicht direkt verrechenbare IT-Leistungen berücksichtigt sowie

- einen Servicekatalog zu erstellen, der detailliert die IT-Leistungen und den Nutzerkreis beschreibt.

Für eine eingehende Kostenanalyse müssen dann:

- entlang der IT-Services alle IT-Kosten sowie ihre Zusammensetzung analysiert werden,

- im Einzelnen die Kostenverursacher und -stellen bestimmt werden,

- die Gesamt-IT-Kosten für jeden IT-Service ermittelt sowie die Umlagestruktur auf die einzelnen Kostenverursacher und -stellen festgelegt werden sowie

- bei der Kostenzuordnung auch die Investitions- und Abschreibungskosten für Hard- und Software einbezogen werden.

Die Etablierung eines praxisbezogenen Verrechnungsmodells ist dann der passende Schlüssel, alle IT-Kosten gezielt den Verursachern zuzuweisen. Dazu gilt es:

- gemessen an der Anzahl der PCs, der Datenbezugsmenge sowie der Intensität des IT-Services und/oder Systemressourcenbedarfs die Kosten anteilig auf die einzelnen Benutzer, Benutzergruppen oder Abteilungen umzulegen,

- in diese anteiligen Kosten auch die laufenden Betriebskosten einzurechnen,

- bereits von einzelnen Abteilungen bestellte Hard- und Software sowie durchgeführte Projektierungen als kostenmindernd in die IT-Leistungsverrechnung aufzunehmen,

- für die nicht direkt verrechenbaren IT-Services ein faires Umlageschema zu schaffen,

- für die Abrechnung von IT-Services allgemein verbindliche und gut nachvollziehbare Verrechnungseinheiten und -preise festzulegen sowie

- Messverfahren zu implementieren, die es erlauben, schnell eine Kostenzuordnung nachzuvollziehen.

Als Verrechnungsmodell für die Umsetzung dieser Etappe hat sich die ABC-Analyse (Acitivity Based Costing) bewährt, zumal sie ermöglicht, auch die nicht direkt zuweisbaren IT-Kosten verursachungsgerecht einzelnen Kostenstellen zuzuordnen.

Die direkte Übernahme von abrechnungsrelevanten Daten markiert den vierten und letzten Schritt. Dazu müssen unter anderem Übergabe-Schnittstellen zur Betriebs- und Finanzbuchhaltung, Kosten- und Zeiterfassung, Leistungsbezugsmessung, Fakturierungsprogrammen, Management- und Service-Level-Management-Werkzeugen eingerich-tet werden.

Zusätzlich gilt es, die beteiligten Anwendungen und Werkzeuge auf die nahtlose Übernahme der Daten in die Leistungsverrechnung anzupassen.

*Kerstin Herhaus ist Manager Technology Risk Consulting bei Arthur Andersen in Eschborn bei Frankfurt. Peter Woell leitet den Bereich IT Value Management bei Arthur Andersen in Zürich.