Aktentaschenrechner zwischen Power und Prestige:

Nur für das Renommee sind die Laptops noch zu teuer

29.07.1988

*Dieter Bülow ist freier Journalist in Obernhain/Taunus

Laptops stehen im Rampenlicht der Werbeaktivitäten ihrer Hersteller sozusagen ganz vorne auf der Bühne. Ihr Hi-Tech-Appeal weckt sicher die Begehrlichkeit prestigebewußter Manager - aber wiegen die Zusatzkosten den Zusatznutzen Mobilität auch wirklich auf? Dieter Bülow* ging dieser Frage nach.

Sie sind in den letzten Jahren immer schöner, immer leistungsfähiger und immer preiswerter geworden: Laptops, die auf dem Schoß gehalten werden (können), wenn man als Außendienstler beim Kunden sitzt und ihn von der Notwendigkeit einer bestimmten Lebensversicherung überzeugt, wenn man nicht umfangreiche Wälzer über Tarife und Versicherungsbedingungen mit sich schleppen will, wenn man auf Abruf über Prämienhöhe reden möchte. Der positive Punkt für den Vertreter: Der Laptop verhilft zum Gespräch über das Wieviel, Wiehoch, Wielange - und nicht mehr über das Ob.

Der Versicherungsvertreter ist nur einer von vielen, die für den Einsatz eines Laptop, des Spielzeugs des modernen Mannes, in Frage kommen. Gleichzeitig ist er als typischer Außendienstler das Parade- und Vorzeige-Beispiel, von dem aus sich so leicht verallgemeinern läßt, wenn man die Sinnhaftigkeit des Laptop-Einsatzes demonstrieren will.

Er ist nämlich mehr als nur Außendienstler; er ist einer der wenigen, bei denen es Sinn macht, den Computer beim Kunden tatsächlich auszupacken und zu benutzen. Da können Tarife gespeichert sein, da sind Formeln zur Beitragsberechnung möglich, da kann man in aller Schnelle die diversen Anwendungsbeispiele durchrechnen, und schließlich kann man auch Kommunikation mit firmeninternen Großrechnern demonstrieren. Nicht bei jeder Anwendung ist das so anschaulich.

Dieser Beispiele bedarf es ganz besonders zu einer Zeit, in der das wirtschaftliche Interesse am Verkauf möglichst großer Stückzahlen wichtiger zu sein scheint, als es das Interesse der potentiellen Anwender am Kauf sein kann. Damit ist nicht gesagt, daß Laptops überflüssig sind.

Durchaus nicht - ihr Einsatz muß nur wie jedes andere Investitionsgut durchdacht und nach betrieblichen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein. Und das scheint bei einem derart prestigeträchtigen Objekt, wie es der Laptop nun einmal ist, zweifelhaft.

Seit Jahren wird dem tragbaren Computer der Durchbruch am Markt versprochen, vorhergesagt. Die Umsetzung dieser Prognose in die Wirklichkeit läßt allerdings länger auf sich warten, als man es auch in der von Fehlprognosen nicht gerade armen DV-Branche erwarten würde. Der Durchbruch kommt nicht so recht, derweil die Produkte, denen er versprochen wird, sich zu immer leistungsfähigeren Ablegern größerer Desktops entwickeln.

Kaufanreiz über High-Tech-Appeal

Allerdings sind die Anwender damit noch nicht aus dem Schneider, aus der Gefahrenzone des unüberlegten Kaufes. Noch warten weitere Fallen in Form von verlockendem High-Tech-Design, von Freiheit der Arbeitseinteilung. Die Äußerlichkeiten der Laptops sind so, daß sie auf der Ebene der elektrischen Eisenbahn, die der Papa haben muß, das Kind im Manne reizen. Und wenn man lange genug überlegt, dann finden sich die Gründe ganz von allein, die man für den Einsatz der Laptops anführen könnte.

Dabei ist eine derart an den Haaren herbeigezogene Rechtfertigungsstrategie gar nicht notwendig, würden die Prognostiger und die Profitgeier nicht unablässig versuchen, sie zum Werkzeug für jede denkbare Applikation umzubeten. Sie sind nämlich ganz brauchbare Instrumente der persönlichen Datenverarbeitung. Da gibt es neben der Portabilität zunächst einmal den Platzvorteil: Tragbare sind auf jedem Schreibtisch unterzubringen; es gibt da kaum Platzprobleme. Aber auch und ganz besonders der historische Blick zeigt Vorzüge:

Beginnen wir bei den Portables: Sie bieten einen Vorteil, weil sie nur noch die Hälfte ihrer Vorgänger wiegen, weil sie schneller geworden sind, weil sie eine höhere Auflösung als ihre Vorgänger haben, weil sie erschwinglich geworden sind.

Bei genauerem Hinsehen bemerkt man allerdings, daß all diese Vergleiche nur Vergleiche aus der Innenwelt der Portables sind; sie sagen nichts über verbesserte Anwendungsmöglichkeiten aus. Da hat sich wohl der Selbstzweck durch Qualitätsverbesserung auf die eigenen Füße verholfen. Dennoch: Natürlich ist es sinnvoll, wenn ein Portable das Gleiche leistet wie sein Desktop-Bruder, aber zusätzlich trotz 12 kg eingesparten Gewichts einen Griff zum Mitnehmen und Tragen hat.

Und der Laptop? Er weist gegenüber dem Portable einen ganz entscheidenden Vorteil auf: Bei annähernd identischer Leistung ist er tatsächlich das kleine handliche "Mitnehmsel", das man überall einsetzen kann. Dabei ergeben sich auch Einsatzvarianten, an die man zunächst nicht denkt: Natürlich ist der zusätzliche Anschluß eines normalen Monitors möglich, der die Probleme mit dem Bildschirm bei stationärem Einsatz minimieren hilft; natürlich gibt es auch einen Anbieter, der im Verbund mit dem hauseigenen PC Laptops als reine PC-Laufwerke einsetzt. Diese besitzen dann nur noch einen relativ hoch ausgebauten Speicher, verfügen aber über keine eigenen Laufwerke mehr.

Billigere Lösung: der Zweit-PC zu Hause

Der hauptsächliche Nachteil des Laptop ist heute noch der Preis. Wer sich den Laptop anschafft, um ihn im Büro und zur Heimarbeit einzusetzen, sollte sich besser zwei PCs kaufen; sie kosten nicht mehr als ein Laptop. Und für die Luxusgeräte Ó la Grid oder Toshiba, die heute auch bereits mit 40 MB-Festplatte angeboten werden, kann man gar drei PCs (mit Festplatte) kaufen.

Natürlich haben Desktop-Geräte daneben noch Bedienungsvorteile. Da ist beispielsweise die wenig komfortable Tastatur des durchschnittlichen Laptop; sie ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern bei zahlreichen Herstellern einfach nicht an programmtechnische Gegebenheiten angepaßt.

Da ist beispielsweise der Flachbildschirm, der auch in der Hintergrundbeleuchteten Version längst nicht allen Lichtverhältnissen gewachsen ist, selbst wenn der Kontrast fünffach regelbar ist. So ist auch bei der neuesten Generation die Auflösung des Bildschirms im besten Fall nur unwesentlich günstiger als beim klassisch-grünen Billigsystem.

Allerdings werden sich derartige Probleme im Laufe der Zeit lösen lassen; es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Laptop-Qualität die jeweilige Desktop-Qualität eingeholt hat. Eine Frage der Zeit ist es aber auch, bis die Hersteller den Benutzer davon überzeugt haben, daß er unbedingt als Zweitgerät einen Laptop benötigt.

Markterschließung durch ein trickreiches Marketing

Wenn bisher alle Mittel und Wege nichts gefruchtet haben, die den Käufer dazu treiben sollten, endlich in der Größenordnung zu kaufen, die die Auguren von IDC und Frost & Sullivan ständig vorhersagen, dann müssen andere Methoden her.

So verwundert es nicht, daß Anbieter Zenith beispielsweise den Markt für potentielle Laptop-Anwender in vier Gruppen unterteilt, nur, um am Ende vier Millionen Freiberufler ebenso einzuschließen wie 300 000 Mittelbetriebe zwischen 10 und 200 Mitarbeitern sowie 15 000 Großbetriebe mit mehr als 200 Beschäftigten. Für sie alle, so Zenith, rechne sich der Einsatz von Laptops, weil sie eine leistungsfähige Alternative für die Nutzung traditioneller PC-Anwendungen bereitstellen, und weil durch Laptops im Industriestandard völlig neue Anwendungsbereiche erschlossen werden.

Bei derartigen, mit denen Märkte erschlagen werden, verwundert die Einsicht geradezu, daß man "Haushalte nicht berücksichtigt, weil sie für diesen Markt eine verschwindend geringe Rolle spielen". Die Begründung, daß Haushaltsvorstände möglicherweise besser rechnen können als Unternehmensvorstände und daher selbständig die Unrentabilität des Laptop-Einsatzes herausfinden, zu soviel Wahrheit kann man sich leider nicht durchringen.

Aus den heute bereits vorliegenden Einsatzprofilen für Laptops weiß man längst, daß beispielsweise der Batteriebetrieb für zahlreiche Anwender gar keine Notwendigkeit darstellt - für sie zählt ausschließlich die Mobilität des Gerätes, die es durch seine Form und sein Gewicht erreicht.

Wenn man dann den nächsten Schritt auch noch tut, nämlich zu erkennen, daß man auch die Mobilität nicht braucht, sondern lediglich Computerkapazität an zwei Einsatzorten, dann ist der Weg zur Einsicht nicht mehr weit: Laptops ja - solange sie aber derartige Nachteile in Handling und Preis in sich bergen, muß man die Notwendigkeit des Einsatzes vor dem Kauf besonders intensiv unter die Lupe nehmen.