"Zur richtigen Zeit mit richtiger Einstellung an die Börse"

Nixdorf: Spekulationen über Emissionskurs

02.03.1984

FRANKFURT (hr) - Dr. F. Wilhelm Christians sprach von einem stolzen Tage als er vor der Presse die bisher größte Börseneinführung der Deutschen Bank ankündigte. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden der Nixdorf Computer AG, Heinz Nixdorf, will das Unternehmen zwischen Mai und Juni dieses Jahres 20 Prozent seines Grundkapitals in Form von Vorzugsaktien an der Börse plazieren. Einzelheiten über die von der Deutschen Bank betreuten Aktion wurden noch nicht preisgegeben, so daß man über den Emissionskurs nur spekulieren kann.

Nixdorf will den Einführungspreis in enger Abstimmung mit der Deutschen Bank erst zum Zeitpunkt der Plazierung festlegen.

In Börsenkreisen ist man indes überwiegend der Meinung, der Emissionskurs werde wahrscheinlich nicht weniger als 350 Mark für 50 Mark nominal betragen. Unter dieser Voraussetzung würde es sich in der

Tat um eine stolze Aktion handeln. Geht man von 350 Mark je Aktie aus,

dann würde das Emissionsaufkommen ein Volumen von 504 Millionen Mark erreichen.

Christians sieht allerdings vor allem "übergeordnete Interessen", wenn er von einer "Signalwirkung" spricht. Es zeige sich, daß nunmehr auch in der Bundesrepublik der Gang an die Börse für neue und große Unternehmen zur Realität werde. Nach Ansicht der Deutschen Bank stellen die Nixdorf-Aktien eine Option auf die Zukunft dar. Die neuen Computer-Titel könnten den Kapitalanlegern eine "gute Beteiligungsmöglichkeit an einem bedeutenden internationalen Technologieunternehmen, das sich sowohl durch Marktnähe als auch durch schöpferische Neuentwicklungen auszeichnet", bieten.

Heinz Nixdorf entwarf denn auch eine recht optimistische Zukunftsprognose. Das Unternehmen gehe mit der richtigen Einstellung zur richtigen Zeit an die Börse. Diese Entscheidung ermögliche eine Fortsetzung der bisher erfolgreichen eigenständigen Entwicklung und eröffne zusätzliche Wachstumschancen in neuen Marktsegmenten. Der Firmenchef des 1952 gegründeten Unternehmens wies insbesondere auf das Nixdorf-Engagement im zukunftsorientierten Kommunikationssektor hin.

Nixdorf zählt nach eigenen Angaben zu den wachstumsstärksten Unternehmen der Branche. Auch im Rezessionsjahr 1983 konnte eine Umsatzsteigerung von 19 Prozent (auf 2,7 Milliarden Mark) gegenüber dem Vorjahr erzielt werden. Der Auftragsbestand stieg von 2,1 Milliarden 1982 auf 2,6 Milliarden Mark 1983. Im vergangenen Jahr wurden 1500 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, davon 1170 in der Bundesrepublik. Weltweit betrug die Belegschaft damit am Jahresende 1983 17 536 Mitarbeiter.

Seit 1968 ist der Umsatz mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 22 Prozent gestiegen. Nixdorf erwartet für die kommenden vier Jahre eine Verdoppelung der wertmäßigen Auslieferungen. Damit seien die Weichen für die Geschäftsexpansion klar gestellt. Ohne Kapital von außen sei dies allerdings nicht möglich, meinte Heinz Nixdorf und kommentierte "da müßten die Gewinne ja riesig sein, und Gewinnmaximierung ist nicht unser Geschäft".

Das Unternehmen sieht sich für die Konkurrenz mit amerikanischen und japanischen Computerbauern gut gewappnet. 1983 wurden Fertigungskapazitäten an den Standorten Paderborn, Berlin und Köln sowie in Irland, Spanien, USA und Singapur mit über 300 Millionen Mark ausgebaut. Das Dienstleistungs- und Servicenetz umspannt nunmehr mit 400 Geschäftsstellen 35 Länder. Mit 250 Millionen Mark wendete Nixdorf über 9 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung auf.

Die Deutsche Bank hatte sich 1979 mit 25 Prozent an der Nixdorf Computer AG beteiligt. Dieser Anteil beträgt inzwischen - nachdem die Familie Nixdorf einen Teil des Aktienpaketes erworben hat - nur noch 10 Prozent. Seit 1977 hatten die Mitarbeiter im Rahmen von acht Belegschaftsaktien-Angeboten die Möglichkeit, Unternehmensanteile zum Vorzugspreis zu erwerben. Derzeit befinden sich 7 Prozent des Grundkapitals im Besitz der Nixdorf-Belegschaft.

Bis zur Börseneinführung will das Unternehmen das Grundkapital um 160 Millionen Mark erhöhen und damit die Voraussetzung für das geplante Plazierungsvolumen von 72 Millionen Mark (= 20 Prozent des Grundkapitals) schaffen. Derzeit teilt sich das Firmenkapital auf 114,3 Millionen Mark Stamm- und 85,7 Millionen Mark Vorzugsaktien auf.

Die neuen Aktien werden zu pari ausgegeben. Die Kapitalerhöhung erfolgt in zwei Schritten. In einer ersten Phase wird das Grundkapital auf 320 Millionen Mark erhöht. Alle derzeitigen Aktionäre (Familie Nixdorf, Belegschaftsmitglieder, Deutsche Bank) können sich an dieser Kapitalaufstockung beteiligen. In einem zweiten Schritt folgt dann eine weitere Aufstockung um 40 Millionen Mark zu einem noch festzusetzenden Aufgeld. Die Deutsche Bank will zur Nixdorf-Börseneinführung ihre heutige Beteiligung von in das Plazierungsvolumen einbringen.

Das Gesamtkapital von 360 Millionen. Mark besteht dann zu je 50 Prozent aus Stammaktien (in der Hand der Familie Nixdorf) und aus Vorzugsaktien, die an der Börse eingeführt sind (27 Prozent freie Aktionäre, 23 Prozent Familie Nixdorf). Durch die Konstruktion der stimmrechtlosen Vorzugsaktien behält Heinz Nixdorf die Kontrolle über sein Unternehmen fest in der Hand.

Die Vorzugsaktien sind mit einem sogenannten kummulierten Dividendenrecht von vier Mark ausgestattet. Im Falle eines Dividendenausfalls müssen für jedes Dividendenlose Jahr vier Mark je Vorzugsaktie nachgezahlt werden, sobald eine Dividendenauszahlung wieder anliegt.