Freeware soll Spitzenposition sichern

Netscape: Browser und Sourcecode kostenlos

30.01.1998

"Browser sind für den Netscape-Umsatz nicht relevant. Uns interessiert ein hoher Marktanteil", begründet Bryn Jenkins, Marketing-Direktor bei Netscape Europe, den Sinneswandel seines Arbeitgebers.

Um die entsprechenden Stückzahlen zu generieren, müsse die durch einen Quartalsverlust angeschlagene Barksdale-Company in drei Punkten Stärke zeigen: Preis, Distribution sowie Innovation.

Da Konkurrent Microsoft schon immer seinen "Internet Explorer" verschenkte, zog Netscape nun nach und bietet den Navigator sowie die Standardversion des Communicator ebenfalls kostenlos auf seiner Homepage an. Zwar trägt immer noch die Mehrheit der Web-Browser das Netscape-Logo, doch die Gates-Company hält mittlerweile 40 Prozent Marktanteil. Daher will die kalifornische Softwareschmiede Internet-Service-Provider, Carrier, OEMs sowie Wiederverkäufer dafür gewinnen, kostenlose Web-Clients zu verteilen.

Innovationen erhofft sich die Internet-Company von der Freigabe des Sourcecodes seines angekündigten Communicator 5. Betroffen von dieser Maßnahme sind die Module Navigator, Newsreader, E-Mail und der Channel-Reader "Netcaster", jedoch nicht der Object Request Broker und die Java Virtual Machine, da Netscape diese Komponenten in Lizenz vertreibt.

Firmen können den Code anpassen

Entwickler sollen dazu ermutigt werden, Erweiterungen für diese Software zu schreiben. Zudem können Firmen den Code an ihre Bedürfnisse anpassen. Ende des ersten Quartals 1998 stellt Netscape den Sourcecode des "Communicator 5 Developers Kit" gratis zur Verfügung. Mitte des Jahres folgt dann die kostenfreie Client-Software.

Alle Änderungen am Programmcode müssen Entwickler jedoch Netscape melden. Besonders gelungene Verbesserungen sollen nach den Worten von Jenkins in den kostenlosen Browser einfließen. Prinzipiell kann jeder Softwarehersteller Web-Front-ends programmieren und unter eigenem Logo vertreiben. Dies bedeute allerdings nicht, daß sich die Kalifornier aus der Entwicklung der Web-Clients zurückziehen.

Große Umsatzeinbußen befürchtet Netscape durch das Verschenken der Browser nicht. Für die professionelle Version des Communicator müsse auch weiterhin bezahlt werden. Außerdem betrage der Anteil der Clients am Gesamtumsatz lediglich 13 Prozent. Viel wichtiger sei dagegen die Verbreitung der Web-Clients, da so das Geschäft mit Server- und E-Commerce-Software angekurbelt werde.