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Musikportale werden für Bands immer wichtiger

27.03.2007
Ein Mausklick und ruhiger Elektropop klingt aus dem Lautsprecher. Die weibliche Stimme ist samtweich, die Qualität professionell.

Ein weiterer Klick und Fotos der Musiker erscheinen. Weiter unten auf der Internetseite stehen die Kommentare der Fans. "Eine sehr talentierte Band!", "Wunderbar!" oder "Glückwunsch!", heißt es da. Letzteres ist mehrfach zu lesen, der Grund dafür eindeutig: Die britische Gruppe Second Person hat es mit Hilfe der Internetnutzer zu einem Plattenvertrag gebracht.

"Sellaband" - auf Deutsch "verkaufe eine Band" - heißt das Portal, das Künstler und Musikinteressierte zusammenbringt. Seit August vergangenen Jahres können Bands sich dort präsentieren, Musikfans Songs anhören und ihre Lieblingsgruppen finanziell unterstützen. Minimaler Einsatz sind zehn US-Dollar, bei 50.000 Dollar (etwa 38.000 Euro) erhält die Gruppe einen Plattenvertrag. Der Fan wird am Erfolg der Band beteiligt und profitiert unter anderem von den Einnahmen aus dem CD-Verkauf. Etwa 2500 Künstler haben sich bereits angemeldet, vier von ihnen nehmen derzeit vom Geld ihrer Fans ein Album auf. Die Zahl der Nutzer liegt bei rund 10.000.

"Wir wollen die Fans entscheiden lassen, welche Band eine Platte aufnimmt", sagt Sellaband-Geschäftsführer Johan Vosmeijer (43), der früher für Sony in den Niederlanden arbeitete und die Umbruchstimmung in der Musikbranche nutzen will. "Ich möchte eine Alternative bieten zu den derzeit bestehenden Modellen." Bislang können sich Künstler zwar über ihre eigenen Homepages oder Portale wie YouTube oder MySpace präsentieren, die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Fans am Erfolg der Band ist allerdings neu.

"Ein interessantes Geschäftsmodell. Ich kann mir vorstellen, dass es funktioniert", sagt der Künstlerische Direktor der Popakademie in Mannheim, Udo Dahmen. Das Internet begreift er als große Chance für Musiker. "Ich sehe eine Entwicklung zu Bands, die sich übers Internet international aufstellen." Eine Karriere ohne das Netz sei kaum noch denkbar. "Es ist ein unerlässliches Tool für junge Musiker, aber auch für etablierte Acts." In der Tat boomen Internet-Mitmach-Portale, auf denen sich User präsentieren können. MySpace zum Beispiel wird mittlerweile von mehr als 140 Millionen Menschen genutzt. Neben Seiten von Stars wie Madonna oder Herbert Grönemeyer sind hier vor allem Privatvideos, Fotos und Blogs zu finden.

Dass Musiker mit Hilfe des Internets bekannt und sehr erfolgreich werden können, haben vor allem die Arctic Monkeys bewiesen. Die 2003 gegründete britische Rockgruppe gilt als erste echte "Netzgeburt". In der Anfangszeit brannte die Band alle paar Monate ihre neuesten Proberaum-Aufnahmen auf CDs, die sie dann bei ihren Auftritten gratis verteilte. Die Fans stellten die Songs zum kostenlosen Herunterladen ins Internet. Über die Tauschbörsen entwickelte sich eine Dynamik bis zum Hitparaden-Erfolg. Die Zahl solcher Karrieren wird Dahmen zufolge zunehmen. "Da ist eine eigene Community entstanden, die sich übers Netz identifiziert", sagt der 55-Jährige. Für die Künstler sei es wichtig, an möglichst vielen Stellen auf sich aufmerksam zu machen.

Diesen Weg verfolgt auch die Hamburger Band Blister. Um bekannt zu werden und Kontakte zu knüpfen, präsentieren sich die Hobby-Musiker mit ihren sanft-rockigen Songs auf verschiedenen Internet-Seiten. Auf Sellaband sind sie eine der erfolgreichsten deutschen Gruppen. "Ich finde es gut, dass es die Möglichkeit gibt", sagt die 23 Jahre alte Sängerin und Studentin Marie Hanning. "Eine CD aufzunehmen, wäre ein Traum." (dpa/tc)