Flensburger Niederlassung von Stellenabbau betroffen

Motorola-Chef Galvin gibt den Weg frei

26.09.2003
MÜNCHEN (CW) - Beim US-amerikanischen Elektronikkonzern Motorola hängt der Haussegen schief: Firmenchef Christopher Galvin reichte seinen Rücktritt ein. Kurz zuvor hatte Motorola angekündigt, ein Drittel seiner Mitarbeiter in Flensburg zu entlassen.

Betroffen von dem Kahlschlag bis Jahresende sind rund 600 der insgesamt 1800 Angestellten am Standort Flensburg, hieß es. Die Produktion von GSM-Mobiltelefonen soll nach China ausgelagert werden, Support-Dienstleistungen teilweise nach Osteuropa. In Flensburg bleibt die Fertigung der UMTS-Geräte sowie das europäische Versandzentrum. Die Entscheidung sei ein ausdrückliches Bekenntnis zum Technologiestandort Deutschland, sagte Motorolas Deutschland-Geschäftsführer Norbert Quinkert gegenüber der Presse.

Der Konzern hatte in den vergangenen Jahren Fördergelder der öffentlichen Hand in Höhe von rund 20 Millionen Euro erhalten, so Schleswigs-Holsteins Wirtschaftsstaatssekretär Michael Rocca. Insgesamt soll Motorola im Oktober 1998 sogar 33 Millionen Euro vom Bund, dem Land, der Kommune sowie der EU für den Ausbau der Produktionskapazitäten am Standort Flensburg erhalten haben. Die Gelder sind zum Teil an eine bestimmte Mitarbeiterzahl gekoppelt, Rückzahlungsverpflichtungen in Millionenhöhe drohen.

Erst Anfang September hatte es in einer Meldung geheißen, die Fertigung in Deutschland, Mexiko und Brasilien liege unter anderem wegen der hierzulande hohen Produktivität auf dem gleichen Kostenniveau. Gründe seien die Automatisierung sowie ein Zwölf-Stunden-Schichtbetrieb. Nun gab Quinkert zu Protokoll, pro GSM-Mobiltelefon ließen sich in China zwei bis drei Euro sparen. Nach Gewerkschaftsangaben beträgt der Lohnkostenanteil bei der Handy-Produktion zirka sechs Prozent.

Während hierzulande der Flensburger Personalabbau diskutiert wurde, sorgte in den USA Firmenchef Galvin mit seinem Rücktritt für Schlagzeilen. Der 53-jährige Manager war 30 Jahre bei dem Elektronikkonzern angestellt und sechs Jahre als CEO tätig. Unter seiner Führung verlor die US-amerikanische Company den Kampf um die Handy-Marktführerschaft gegen Nokia. Der Anteil am globalen Mobiltelefongeschäft war auf zuletzt knapp 15 Prozent gefallen. Rund 60 000 Stellen oder 40 Prozent der Belegschaft wurden weltweit insgesamt abgebaut. Von 2000 bis 2001 musste Motorola achtmal davor warnen, die Analystenerwartungen nicht erfüllen zu können. Nach Bekanntgabe des Rücktritts von Galvin stieg der Aktienkurs von Motorola um knapp zehn Prozent an.

Galvin bleibt im Amt, bis ein Nachfolger gefunden ist, der zurzeit intern und extern gesucht wird. Als Grund für die Entscheidung wurden unterschiedliche Auffassungen mit dem Verwaltungsrat ("Board") hinsichtlich "Tempo, Strategie und Fortschritt des Turnaround" angeführt. Anderen Berichten zufolge hatten die Board-Mitglieder sämtliches Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten Galvins verloren. Der Manager war der Enkel des Firmengründers Paul Galvin und als drittes Familienmitglied in Folge nach seinem Vater Robert Anfang 1997 an die Konzernspitze gerückt. (ajf)