Klagewelle in Schleswig-Holstein

Mobilcom-Schmid der Untreue beschuldigt

29.08.2003
MÜNCHEN (CW) - Die Staatsanwaltschaft Kiel hat gegen Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid Anklage wegen Untreue in 22 Fällen erhoben. Es geht um 16 Millionen Euro, die Schmid dem Unternehmen entzogen haben soll. Kurz zuvor hatte sein Anwalt den amtierenden CEO Thorsten Grenz ebenfalls wegen Untreue angezeigt.

Um den schleswig-holsteinischen Carrier Mobilcom gärt es weiter. Das aktuelle Management unter CEO Grenz, der Gründer und Ex-Vorstandschef Schmid, seine Ehefrau sowie die Staatsanwaltschaft Kiel haben sich in mehrere Untreueverfahren verstrickt. Im Kern geht es immer noch um das umstrittene Aktienoptionsprogramm für Händler, das über eine Firma von Schmids Ehefrau abgewickelt worden war und letztlich für die Abberufung des Gründers durch den Mehrheitsaktionär France Télécom gesorgt hatte. Die Frage ist, ob Schmid allein oder mit Unterstützung beziehungsweise Billigung anderer die Vorgänge zu verantworten hat.

71 Millionen Euro für die Motivation der Händler

Gegenwärtig geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Schmid in den Jahren 2001 und 2002 rund 71 Millionen Euro aus der Firmenkasse an die Company seiner Frau Sybille Schmid-Sindram gezahlt hat. Im Gegenzug sollte ihre Millenium GmbH insgesamt 3,6 Millionen Aktien des Carriers zur Verfügung stellen, mit denen Händler motiviert und belohnt werden sollten.

Bei der Transaktion, die in mehreren Tranchen erfolgte, habe es jedoch keine vertragliche Grundlage gegeben, sagt die Staatsanwaltschaft. Zudem sei der Deal nicht ausreichend besichert und das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht ausgeglichen gewesen. Insgesamt sei das Unternehmen um mindestens 16 Millionen Euro geschädigt worden, auch weil Schmid seine Sorgfaltspflichten als Vorstandschef des Carriers verletzt habe.

Dessen Anwalt kündigte an, die Klage zurückweisen zu wollen. Es gehe vor allem um die Frage nach der rechtlichen Bewertung von Aktienoptionsgeschäften. Bis Anfang November hat er Zeit für eine Stellungnahme. Dann muss das Landgericht Kiel über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

Doch auch der amtierende Mobilcom-Chef Grenz steht unter Druck, denn die Seite von Schmid will nicht allein auf der Verantwortung sitzen bleiben: Mitte August hatte der Firmengründer über einen Anwalt den aktuellen CEO angezeigt, in seinem damaligen Amt als Finanzchef die Transaktionen an Millenium getätigt zu haben. Grenz hatte dies zunächst bestritten, musste inzwischen aber eingestehen, dass er die Zahlungen abgewickelt hat. Veranlasst habe er sie jedoch nicht, hieß es. Eine Klage ist noch nicht erhoben. Schmids Ehefrau steht, ebenfalls in einem eigenen Verfahren, unter dem Verdacht der Beihilfe zur Untreue. Wo die an die Millenium GmbH geflossenen 71 Millionen Euro geblieben sind, weiß auch die Staatsanwaltschaft eigenem Bekunden nach nicht. Berichten zufolge könnten sie zur Kurspflege für den Kauf von Mobilcom-Aktien reinvestiert worden sein. (ajf)