Studie von Z_punkt

Mittelstand plant die Zukunft schlecht - ohne IT-Tools

09.07.2008
Von Richard Knoll
Mittelständler in Deutschland stehen unter Veränderungsdruck. Allerdings können viele ihr Innovationspotenzial nicht entfalten, weil es an den richtigen Instrumenten für eine systematische Zukunftsorientierung fehlt. Das ergab eine Befragung im Rahmen des Forschungsprojekts "Corporate Foresight im Mittelstand".

Die von der Z_punkt GmbH ausgeführte Umfrage unter mehr als 100 mittelständischen Betrieben ergab, dass rund 81 Prozent der befragten Firmen in den kommenden drei bis fünf Jahren Umbrüche in ihren Märkten und 74 Prozent im Unternehmensumfeld erwarten. Während große Konzerne bereits seit Mitte der 90er Jahre eigene Kapazitäten der vorausschauenden Unternehmensplanung aufbauen, hat der Mittelstand hier Nachholbedarf.

Den Studienmachern zufolge wagen nur wenige der befragten Unternehmen bei der Analyse ihres Umfelds den Blick über den Tellerrand. So beobachten beispielsweise nur 38 Prozent Veränderungen in der Gesellschaft. Die Mehrheit von etwa 59 Prozent fokussiert hauptsächlich technologische Entwicklungen und knapp 58 Prozent wirtschaftliche Veränderungen, weil sie hier einen großen Einfluss auf das eigene Unternehmen vermuten.

Auch bei der Marktbeobachtung zeigte sich, dass viele Umfrageteilnehmer den Radius zu klein halten. Als wichtigste Treiber von Veränderungen im Markt nehmen rund 73 Prozent ihre Geschäftskunden, knapp 63 Prozent Wettbewerber und etwa 57 Prozent Endverbraucher wahr. "Viele Veränderungen entstehen aber außerhalb der eigenen Branche. Die Firmen unterschätzen Neuanbieter und Substitute, also Entwicklungen, die ihre Produkte überflüssig machen, als Treiber von neuen Entwicklungen", erklärt Klaus Burmeister, Geschäftsführer von Z_punkt.

Die Umfrage brachte zudem ein Missverhältnis zwischen Methoden der Informationserhebung und Instrumenten der strategischen Übersetzung ans Licht. Die meisten im Rahmen des Projekts "Corporate
Foresight im Mittelstand" befragten Firmen sammeln große Mengen marktnaher Informationen über eine Vielzahl an Quellen, vernachlässigen aber deren strategische Übersetzung. Am höchsten ist Z_punkt zufolge der Anteil der Mittelständler, die Fachpublikationen, Branchenreports, Zeitschriften und Online-Medien (jeweils rund 70 Prozent) regelmäßig nutzen. "Die meisten Mittelständler verwenden einfache
Analysemethoden und selten Projektionsmethoden, die aus den gesammelten Daten und Trendanalysen ein Zukunftsbild entstehen lassen, an dem man sich orientieren kann", erläutert Kai Jannek,
Projektleiter bei Z_punkt.

Publikationsanalyse (40 Prozent), Brainstorming (38 Prozent) oder Technologie- und Trendanalysen (23 Prozent) kommen bei den befragten Unternehmen regelmäßig zum Einsatz. Um mit Hilfe der gesammelten Informationen Aussagen über die Zukunft treffen zu können und Handlungsstrategien abzuleiten, benötigt man den Experten zufolge jedoch komplexere Projektionsmethoden. Instrumente wie Roadmapping gehören aber nur bei 15 Prozent der Unternehmen zum Standardrepertoire, lediglich 13 Prozent verwenden regelmäßig Simulationen und rund zehn Prozent nutzen die Szenarientechnik kontinuierlich.

Zukunftsarbeit liegt bei den befragten Mittelständlern vor allem in den Händen einzelner Personen und ist weniger in spezifischen Abteilungen angesiedelt: Bei knapp 77 Prozent der Umfrageteilnehmer kümmern sich Geschäftsführung und Vorstand persönlich um strategische Zukunftsfragen. Abteilungen wie Marketing, Vertrieb oder die Innovationsbeauftragten werden je nach Thema und Fragestellung eingebunden. Verwendung finden die gesammelten Informationen laut Studie bei 86 Prozent der Umfrageteilnehmer in Strategieprozessen, 69 Prozent nutzen sie zur Identifikation von Innovationsfeldern. Frühwarnung (51 Prozent) und Risikomanagement (56 Prozent) sind dagegen seltener der Anlass für Foresight-Maßnahmen.