Durch den Kauf des britischen Unternehmens Freeserve, das sich bis dato zu 80 Prozent im Besitz der Handelskette Dixons befand, steigt der französische Marktführer Wanadoo in einen der wichtigsten ISP-Märkte Europas ein. Er gewinnt zwar nur rund zwei Millionen Kunden hinzu, nach Schätzungen von Marktforschern verfügen diese aber über dreimal so viel Kaufkraft wie die eigenen Mitglieder. Das liegt unter anderem daran, dass der britische ISP neben dem Internet-Zugangsgeschäft, in dem er als Vorreiter gebührenfreier Internet-Zugänge Furore machte, auch ein gut besuchtes Portal mit Nachrichten und Shopping-Angeboten aufgebaut hat.
Das Nachsehen hat T-Online. Die Internet-Tochter der Deutschen Telekom verdankt ihre Marktführerschaft in Europa im Wesentlichen dem großen Heimatmarkt.
Gute Position gegenüber T-OnlineVon den sieben Millionen Kunden sind nur eine Million Mitglied bei ausländischen Töchtern - etwa beim spanischen Ya.com'' der hundertprozentigen Tochter T-Online.ch AG in der Schweiz oder dem österreichischer Ableger des deutschen Providers. Die Telekom-Tochtergesellschaft hatte sich aus diesem Grund ebenfalls um eine Übernahme von Freeserve bemüht, dann jedoch wegen des hohen Kaufpreises einen Rückzieher gemacht. Erhebungen der Bank Credit Suisse First Boston zufolge erzielt T-Online - trotz seiner dreimal so großen Nutzergemeinde - nicht wesentlich viel mehr Umsatz mit Werbung und E-Commerce als Freeserve. Hinzu kommt, dass der Online-Dienst ein Drittel der Einnahmen - im dritten Quartal fast 30 Millionen Euro - an die Deutsche Telekom abführen muss.
Mit dem Wanadoo-Freeserve-Deal schreitet die Konzentration im europäischen Internet-Provider-Markt weiter voran. Einer Anfang September angekündigten Übernahme in dieser Größenordnung wurde gerade Ende letzter Woche grünes Licht erteilt: Dem Kauf des niederländischen ISP World Online durch seinen italienischen Konkurrenten Tiscali. Tiscali/World Online avanciert mit seinen 5,1 Millionen registrierten Mitgliedern zur Num-mer zwei in Europa - nach T-Online und vor dem künftigen Branchenschwergewicht Wanadoo/Freeserve. Marktführer ist das fusionierte Unternehmen allerdings nur in Italien, den Niederlanden und Belgien, während Wanadoo/Freeserve mit Frankreich und Großbritannien die wichtigsten Märkte bedienen wird.
Wanadoo, eine 80-prozentige Tochter von France Télécom, übernimmt Freeserve im Rahmen eines Aktientauschs. Der Kaufpreis liegt bei 2,25 Milliarden Euro. Der französische ISP hält nach Abschluss der Transaktion 74 Prozent an Freeserve. Dixons bleiben zunächst 12,7 Prozent, von denen die britische Handelskette 20 Prozent sofort verkaufen darf. Die restlichen vier Fünftel werden in halbjährlichen Tranchen bis zum Jahr 2004 freigegeben.
Nach Angaben von Wanadoo-Chef Nicolas Dufourcq ist der französische Marktführer an weiteren Übernahmen interessiert. Ob auch Aktivitäten auf dem deutschen Markt geplant sind - etwa eine Beteiligung an dem Internet-Service-Provider Freenet, eine Tochterfirma des TK-Unternehmens Mobilcom aus Büdelsdorf - will Dufourcq nicht verraten.