Datensysteme für den Handel

Mit POS zu aussagefähigeren Quittungen

06.05.1977

Die Kassen, Computer- und Peripheriegeräte-Industrie wird auch 1977 wieder den Fachzweigen den Handels eine Vielzahl von "Produktfamilien" und Modellen widmen, die den unterschiedlichen Problemen und Wirtschaftlichkeitsforderungen entsprechen. Thema Nr. 1 dürfte im CeBIT die im letzten Jahr vorgestellte Europäische Artikel-Numerierung (EAN) sein. Ihr Einfluß auf die Geräte- und Systementwicklungen für den Handel wird viel weiter reichen als bis zum POS.

EAN kommt vor allem jenen Handelsunternehmen zugute, in deren Verkaufsstätten - sich die erforderlichen Kassen-Terminalsysteme mitsamt den optischen Lesegeräten - Lesestiften und Scannern - wirtschaftlich einsetzen lassen. Zu erwarten ist aber, daß der Vorsprung für die "Großen" durch verstärkte Entwicklungsmühen zum Vorteil der kleineren Geschäfte kompensiert wird. Parallele Entwicklungsimpulse strahlen bereits spürbar auf deren Ausrüstungen aus. Ein Beispiel geben die elektronischen Kassen. Der Abruf von Artikelpreisen, das sog. Price-Look-Up mag bei den POS-Systemen besonders weit gehen, ist jedoch nicht deren Spezialität. Auch mit elektronischen Kassen lassen sich längst für Sonderangebote, Schnelldreher usw. Preisdaten abrufen, ohne die Preise Ziffer für Ziffer eintasten zu müssen.

Informationsgewinn im Rahmen der Wirtschaftlichkeit

Einst diente die Kasse allein der, Geldkontrolle. Heute sprechen ihnen die Hersteller und Benutzer auch die Rolle eines betriebswirtschaftlichen eines betriebswirtschaftlichen Informationsinstruments zu. Den Weg zur optimalen Ausrüstung zeigt jedoch nicht allein der Informationsbedarf. Hinzu kommt der Zwang, die Informationen im Rahmen der Wirtschaftlichkeit zu gewinnen. Deshalb ist es auch 1977 realistisch, wenn trotz aller Publicity für die Computer einfache elektronische Kassen, Datenkassen (d. h. Modelle mit Datenträger-Erstellung) und POS-Systeme nebeneinander stehen. Unter den Anwendungsbedingungen, für die sie geschaffen worden sind, führen sie alle den Hauptzielen der Datenverarbeitung im Handel näher, dem aktuelleren Zufluß von Daten, die der

- sicheren Geldkontrolle,

- zügigen Kundenbedienung,

- fehlerfreien Abrechnung,

- sicheren Disposition in Einkauf und Lager,

- Effektivitätskontrolle,

- schlagkräftigen Marktreaktion,

- transparenten Betriebsführung dienen.

Die Ablösung der herkömmlichen Registrierkassen durch elektronische Kassen hat im gewöhnten Preisniveau zu beachtlichen Mehrinformationen geführt. Mit diesen Modellen sind in vielen Branchen die Kundenbedienungen durch die Möglichkeit zu Multiplikationen, Divisionen und Eingabewiederholung zu beschleunigen. Die Kassen gliedern die Umsätze in Sortimentsbereichen auf und lassen oft auch einige artikelbezogene Auswertungen zu.

Ladengeschäfte, deren Daten zentral oder extern ausgewertet werden, finden in den Datenkassen nach wie vor sinnvolle Erfassungstechniken vor, zumal sich die meisten Modelle-bausteinartig an die Aufgaben anpassen lassen. Datenkassen ermöglichen beachtliche Vorverarbeitungen.

Auch der Übergang auf ein POS-System braucht nicht in einem einzigen Schritt vollzogen zu werden. Die hierfür entwickelten Kassenterminals und Terminalcomputer lassen sich stufenweise mit allen Funktionen ausbauen, die im einzelnen Entwicklungsvorhaben erforderlich sind. Schon in kleinsten Ausbaustufen sind neben den sortimentsbezogenen Auswertungen auch viele artikelbezogene Analysen möglich.

Größere Datenmengen mit optischer Datenlesung

Es wird erwartet, daß noch 1977 die ersten Lebensmittel-Hersteller zur Auszeichnung ihrer Erzeugnisse mit EAN-Nummern und -Codes übergehen. In den dreizehnstelligen EAN-Nummern sind Länder-Kennzeichen, einheitliche Betriebsnummer und Artikelnummer des Herstellers sowie eine Prüfziffer enthalten. Die Nummern können in einen Strichcode für die Etikettenlesung mit optischen Lesestiften oder Scannern umgesetzt werden, der dem bereits vor einigen Jahren eingeführten amerikanischen UPC-Code ähnelt. Die Anwendung der optischen Lesegeräte und der Magnetplattenspeicher führt zum Price-Look-Up, dem Abruf der Artikelpreise über die Artikelnummern. Auf der Hannover Messe waren Systeme und Methoden dieser Prägung vor allem im zentralen Bereich der CeBIT-Fachschau kennenzulernen. Nach frühen Pioniersystemen aus der Kassenbranche hat sich inzwischen auch der größte Teil der Computer-Industrie den Datenverarbeitungsaufgaben im Handel zugewandt.

Die artikelbezogene Datenverarbeitung verlangt, daß im Zuge der Kassenabwicklungen wesentlich größere Datenmengen erfaßt werden. Das geschieht allerdings nicht durch manuelle Dateneingabe, sondern vor allem durch optische Datenlesung. Weitere Zeitgewinne und vor allem eine fehlerfreie Datenerfassung ermöglichen Direkttasten und Kurz-Codeeingaben. Zur Fehlervermeidung tragen aber auch Programmkontrollen und Prüfziffernrechnungen bei, die der Computer übernimmt.

Regalauszeichnung vorteilhafter

Viele Beobachter der POS-Entwicklungen sehen es als Vorteil an, daß bei Einführung dieser Warenwirtschaftssysteme der gewohnte, enorme Aufwand der Artikel-Preisauszeichnung seinen Sinn verliert. An seine Stelle tritt die Regalauszeichnung. Es bleibt abzuwarten, ob auch die Kunden dieses Verfahren als Vorteil ansehen werden. Immerhin ist es mit POS-Systemen möglich, ohne Mehrarbeit wesentlich aussagefähigere Kassenbons und -quittungen zu erstellen. So würden etwa Bons mit verbalen Artikelbezeichnungen ohne weiteres das Fehlen der Preisetiketten vergessen lassen können.

Die POS-Systeme früherer Jahre waren zumeist auf Auswertungen zugeschnitten, die mit den angeschlossenen Kassenterminals selbst ausgedruckt wurden. Zugleich sammelten sie zentral die aus den Kassenlinien ankommenden Daten auf Magnetband und anderen Datenträgern für die Weiterverarbeitung mit größeren Rechnern. Die diesjährige CeBIT-Fachschau verspricht größere Ausbaumöglichkeiten. Hierzu gehören etwa der Anschluß zentraler Schnelldrucker, die Möglichkeit zu Bildschirmplätzen und der Ausbau mit Floppy Disk-Laufwerken. Auch können inzwischen die Terminalcomputer in den Verkaufsstätten durch Miet- und Wählleitungen mit Großrechnern verbunden werden, wobei sowohl Dialogbetrieb als auch Stapelfernverarbeitung möglich sind.

Herbert F. W. Schramm ist freier EDV-Fachjournalist