Kleinsysteme für Textverarbeitung:

Mini als Korrespondenz-Automat

30.05.1975

Unter der Voraussetzung, daß Ihr Minicomputer über einen Drucker mit einem akzeptablen Schreibbild verfügt und daß Sie über ein Bildschirmterminal Online arbeiten können, besitzen Sie bereits einen komfortablen Schreibautomaten, - zumindest die Hardware.

MÜNCHEN - Ein großer Teil der Korrespondenz, die im täglichen Geschäftsbetrieb anfällt, betrifft immer wieder die gleichen Vorgänge. Die Sekretärin kennt diese Texte meist auswendig. Sehr häufig sind die Vorgaben seitens des Chefs nur Stichworte und Daten, die mit dem gleichen Standardtext versehen, einen Brief ergeben. In manchen Unternehmen werden Briefe vorgedruckt und nur die variablen Daten mit Hilfe der Schreibmaschine eingesetzt. Das ist eine Art "Hau-Ruck-Verfahren". Nur Institutionen, die nicht angewiesen sind auf freundliches Entgegenkommen ihrer Korrespondenzpartner können sich das erlauben. Man kennt dergleichen Formularbriefe bezeichnenderweise vor allem von Behörden.

Jedem Textbaustein seine Nummer

Eine erhebliche Verbesserung brachte in den vergangenen Jahren der Schreibautomat. Er erlaubt die Zusammenstellung von Geschäftsbriefen aus Textbausteinen. Vorgefertigte Textbausteine werden auf Lochstreifen, Kassette oder Magnetkontokarte gespeichert. Jeder fertige Text erhält eine Nummer. Die Sekretärin hat lediglich die Adresse im Briefkopf einzutragen und dann die Starttaste für die anhand der Nummern zusammengestellte Sequenz von Textbausteinen zu bestätigen. Dieses Verfahren bietet sich insbesondere beim Schreiben von Angeboten und Rechnungen an. Schwierig ist die Einfügung des jeweiligen Angebots- oder Rechnungsbetrages. Der Korrespondenzautomat stoppt an der vorgesehenen Stelle mit dem Schreiben. Die Sekretärin tippt aufgrund der schriftlichen Unterlagen den entsprechenden Betrag ein, und der Automat schreibt dann weiter.

Daß ein Brieftext erst dann endgültig geschrieben wird, wenn er fehlerfrei im Speicher steht, bedeutet einen weiteren Rationalisierungseffekt.

Groß- und Kleinschreibung auf Terminals

Die bekannten Korrespondenzautomaten benutzen meistens die Kugelkopfmaschine, sowohl für die Eingabe des Textes als auch für die Ausgabe der Briefe. Ein Nachteil besteht darin, daß für jeden neuen Brief neues Briefpapier eingelegt werden muß. Insbesondere bei kleinen Anlagen ist nach wie vor die Adresse von Hand einzutippen.

Mit Konfigurationen, die Minicomputer und Bildschirmeingabe benützen, sind diese Nachteile vermeidbar. Der am Bildschirm erzeugte Text wird auf Platte oder Magnetbandkassette abgelegt. Die Adressen werden nach Art der intelligenten Datenerfassung systematisch aufbereitet und als Adreßdateien abgespeichert. Die Erstellung der Textbausteine am Bildschirm Iäuft über eine Standardtastatur. Groß- und Kleinschreibung und Umlaute sind vorauszusetzen. Das erfüllen die amerikanischen Terminals bisher im allgemeinen nicht.

Auch das Einfügen von Angebots- oder Rechnungsbeträgen ist bei diesem Konzept einfacher. Die entsprechenden Daten werden in einem Erfassungslauf der Adresse beigefügt, im "Schreiblauf" dort entnommen und auf die im Text freigebliebenen Stellen gesetzt.

Firmenbriefpapier auf Leporello

Weitere Arbeitsersparnis besteht in der Verwendung von Endlospapier. Darauf eingerichtete Druckereien fertigen Firmenbriefbögen als Computerpapier an. Es ist entweder auf normales Faltpapier aufgeheftet oder die Briefbögen sind nach Art der Endlosvordrucke aneinander geheftet.

Der lautlose Schreibpool

Auch Firmen mit großem Schreibbüro profitieren von dieser elektronischen Textverarbeitung. An einer kleinen Anlage - etwa 32 KW - lassen sich unter der Voraussetzung, daß ein Multiplexer eingebaut ist, ohne weiteres bis zu 8 oder 16 Bildschirmterminals anschließen. Diese dienen dann nicht nur der Erstellung der Briefe selbst, sondern auch der Erfassung der Adressen und der zugehörigen Zahlendaten. Erst nach Abschluß der Erfassung an einem Platz erfolgt die interne Aufbereitung des auszudruckenden Textes und danach der Ausdruck der Briefe.

Für das Personal bedeutet der Einsatz elektronischer Schreibplätze geräuschlose Eingabe und Behandlung des Textes. Der Drucker kann in einem benachbarten Raum stehen, weil Erfassung oder Erstellung und Ausgabe der Briefe nicht voneinander abhängig sind.

Und die Software?

Voraussetzung für den Einsatz eines Mini als Textautomat ist ein komfortables Betriebssystem mit Dateizugriffsroutinen und einem interaktiven Basic- oder Cobol- Compiler. Die wenigsten Firmen bieten spezielle Korrespondenzsoftware. Der Aufwand eines halben Mannjahres dürfte hinreichend sein.