US-Bundesrichter entscheidet

Microsoft darf Activision Blizzard schlucken

11.07.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Ein US-Bundesgericht hat entschieden, dass Microsoft seine 75 Milliarden Dollar teure Übernahme des Spieleherstellers Activision Blizzard abschließen darf.

Nach zähem Ringen darf Microsoft sein Xbox-Gaming-Geschäft mit dem Herausgeber so beliebter Spiele wie Call of Duty, World of Warcraft oder Candy Crush zusammenführen. In den USA gibt es damit kein Hindernis mehr für die Fusion, allerdings steht noch die Genehmigung der britischen Kartellbehörde aus.

Ist seinem Ziel, Activision Blizzard zu übernehmen, inzwischen sehr nahe gekommen: Microsoft-CEO Satya Nadella.
Ist seinem Ziel, Activision Blizzard zu übernehmen, inzwischen sehr nahe gekommen: Microsoft-CEO Satya Nadella.
Foto: Microsoft

Zuvor hatte die Federal Trade Commission (FTC) in den USA eine einstweilige Verfügung beantragt, um den Vollzug des Megadeals noch zu verhindern. Im August wollte die FTC dann ein separates Verfahren anstrengen, um die Fusion grundsätzlich anzufechten. Das konservative Wall Street Journal spricht von einer herben Niederlage für die Biden-Administration, die das Ziel verfolge, solche Mega-Deals zu verhindern.

Berufung gilt als unwahrscheinlich

Theoretisch könnte die FTC gegen die Entscheidung noch Berufung einlegen, was dem WSJ zufolge allerdings ungewöhnlich wäre. Ebenso könnte sie ihre Klage gegen die Fusion weiter vorantreiben. Aus Sicht der US-Publikation scheint es aber eher so, als seien die Würfel nun endgültig gefallen.

Die große Sorge der Wettbewerbshüter ist, dass Microsoft seine Xbox-Nutzer bevorzugen und ihnen die Spiele von Activision Blizzard früher oder sogar exklusiv zur Verfügung stellen könntee. Microsoft weist das weit von sich und betont, wie wichtig die Reichweite für das Geschäft sei und dass ein fairer Wettbewerb im Interesse des Unternehmens liege.

Immerhin anderthalb Jahre lang hatte der Konzern alles dafür getan, um den Deal bei den politischen Entscheidungsträgern in aller Welt durchzusetzen. Tatsächlich äußerten die Behörden häufig Bedenken, Microsoft könne Konkurrenten von bestimmten Spielen wie zum Beispiel der beliebten Call-of-Duty-Reihe ausschließen könnten. Die Kontrolle gerade über dieses Spiel verschaffe Microsoft einen unfairen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, auch auf dem entstehenden Cloud-Gaming-Markt, hieß es.

Mindestens zehn Jahre Call of Duty für alle Plattformen

Microsoft entkräftete diese Vermutungen, indem es sich verpflichtete, Call of Duty über einen Zeitraum von zehn Jahren für konkurrierende Konsolenhersteller und Cloud-Gaming-Unternehmen zugänglich zu machen. Das Unternehmen schloss werbewirksame Vereinbarungen mit Nintendo, Nvidia und anderen. Zudem teilte Microsoft mit, dass es dem Playstation-Anbieter Sony Group, einem der größten Kritiker der Übernahme, ebenfalls ein Angebot unterbreitet habe.

Die FTC-Vorsitzende Lina Khan sagte, die Bundesgerichte konzentrierten sich zu stark auf Verbraucherpreise und zu wenig auf mögliche Schäden, die durch eine solche Marktkonsolidierung entstehen könnten. Solche Deals gingen auf Kosten der Innovation und der Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher.

Microsoft hatte seine Pläne, Activision Blizzard zu übernehmen, Anfang 2022 angekündigt. Der Softwareriese bewertete den Deal mit 69 Milliarden Dollar, nachdem die Netto-Barmittel des Videospielherstellers in die Rechnung einbezogen worden waren. Die beiden Unternehmen erhielten in Europa, China und mehreren anderen Märkten die behördliche Genehmigung, aber zunächst nicht in den USA und Großbritannien.

Die britischen Marktaufseher lehnten die Übernahme im April 2023 mit der Begründung ab, sie könne dem Wettbewerb in der britischen Spieleindustrie schaden. Microsoft hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt, und eine Anhörung vor dem britischen Competition Appeal Tribunal ist für Ende Juli angesetzt. (hv)