Etablierter Partner als Brückenkopf in Europa unter Vertrag:

Microrim vergibt DB-Lizenz an Misrosoft

04.10.1985

MÜNCHEN (CW) - Microsoft hat eine bisher bestehende Lücke im hauseigenen Software-Angebot für Mikrocomputer durch einen Lizenzvertrag mit dem amerikanischen Softwarehaus Microrim geschlossen.

Im Rahmen des Abkommens erhält Microsoft das Recht, nationalisierte Versionen des Datenbankprogramms "r:base 5000" unter dem Namen "Microsoft r:base" in Europa anzubieten. Für Microsofts deutschen Interims-Datenbankpartner A. D. I. in Karlsruhe ("Adimens") könnte der Deal der Amerikaner das Ende erhöhter Umsatzhoffnungen bedeuten.

Front gegen Ashton-Tate

Auch für die Düsseldorfer rhv, den bisherigen Microrim-Partner in Deutschland, wird dieser Vertrag Konsequenzen haben. Das Systemhaus hatte für die nationalisierte Version des r: base-5000-Vorgängers ein exklusives Vertriebsrecht. Auf das neue Produkt ist der Vertrag mit Microrim bisher nicht ausgedehnt worden. Wohl und Wehe der Düsseldorfer hängt davon freilich nicht ab: Nur ein Bruchteil des Umsatzes wurde mit dem Vertrieb von Microrim-Produkten gemacht. rhv versteht sich zudem mehr als Systemhaus denn als Distributor für Standardsoftware.

r:base 5000 wird in der Branche für einen der wenigen ernstzunehmenden Konkurrenten des gut eingeführten dBase III von Ashton-Tate gehalten. Microsoft hatte bisher kein eigenes Datenbankprogramm angeboten. Das aber wurde von der anspruchsvoller gewordenen Mikro-Klientel gefordert. Wohl aus diesem Grund hatte man in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit in Anzeigen für eigene Produkte das Datenbankprogramm "Adimens" von A. D. I. als besonders geeignet für das Zusammenspiel mit Microsoft-Programmen herausgestellt. Adimens komme der eigenen Philosophie in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Funktionsumfang am nächsten, hieß es in einschlägigen Anzeigen.

Noch vor drei Wochen wurde von Microsoft damit geworben, daß die in einer neuen Adimens-Version gespeicherten Daten direkt von "Multiplan", der Microsoft-Tabellenkalkulation, gelesen werden könnten. Auch für die Erstellung von Serienbriefen mit der Textverarbeitung "Word" eigne sich Adimens "ganz hervorragend". Eine Verknüpfung der Karlsruher Datenbank mit dem Grafikprogramm "Chart" sei in Vorbereitung. Ob die zarten Bande zwischen der deutschen Microsoft-Niederlassung und A. D. I - "Multiplan und Adimens. Ein glänzendes Team." - nun noch Bestand haben können, bleibt abzuwarten.

Aus amerikanischer Sicht scheint die von rhv in Deutschland geleistete Aufbauarbeit - der Vorgänger des neuen Produkts, r:base 4000, war in Düsseldorf komplett "nationalisiert" worden - kaum zur Kenntnis genommen worden zu sein. Microrim habe sich, so Berichte aus den USA, zu der Kooperation mit Microsoft entschieden, weil man einen Alleingang am europäischen Markt für zu schwierig gehalten habe und der neue Partner über umfassende Marketing-Erfahrungen in der alten Welt verfüge. Microsoft beschäftige "mehr als 100 Mitarbeiter in Übersee und sei der größte unabhängige amerikanische Anbieter von Software" in Europa. Von den bisherigen Europa-Aktivitäten und Partnern jedenfalls war nicht die Rede.

Seltsames Europa

Mit Europa haben US-Mikro-Anbieter schon immer ihre Probleme gehabt. Stephen Kahn, bei Lotus für das internationale Geschäft zuständig, sieht zwar einen erheblichen Entwicklungs- und Leistungsvorsprung der Amerikaner, räumt aber ein, daß Europa nun einmal ganz anders sei als die USA. Statt ernstzunehmender lokaler Konkurrenz fänden US-Anbieter in der alten Welt eine Vielzahl von Ländern mit einer Vielzahl von Sprachen und unterschiedlichen Bedürfnissen, mit denen sie zu kämpfen hätten. Allein Lotus beschäftigte in der Londoner Europa-Zentrale 30 Mitarbeiter mit Anpassungen der US-Pakete an die verschiedenen europäische Sprachen und Währungen. Die Kosten dieser landesbezogenen Anpassungen und auf das jeweilige Land abgestimmter Marketing-Strategien machten es schwierig, den europäischen Markt zu durchdringen.